04.12.2016 -

Verstöße gegen die Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung während der Arbeitszeit können zu arbeitsrechtlichen Sanktionen von der Abmahnung bis hin zur fristlosen Kündigung führen. Dies gilt auch bei unerlaubter privater Internetnutzung während der Arbeitszeit. In vielen Fällen ist die Abgrenzung allerdings nicht einfach. Oftmals tolerieren Arbeitgeber die private Internetnutzung als sozialtypisches Verhalten und Verbote werden nicht kontrolliert. Teilweise wird die Internetnutzung sogar während der Arbeitszeit in geringem Umfange erlaubt oder nur beschränkt auf die Pausen. Einen solchen Fall hatte nun das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zu entscheiden (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14.01.2016 – 5 Sa 657/15). Dem Mitarbeiter war die Privatnutzung arbeitsvertraglich während der Pausen erlaubt. Er nutzte aber exzessiv den dienstlichen Internetanschluss auch während der Arbeitszeit. Der Arbeitgeber konnte dies nur durch eine Auswertung des Browserverlaufs nachweisen. Wegen der Verwertung berief sich der Arbeitnehmer auf ein Beweisverwertungsverbot, auf den Schutz des Bundesdatenschutzgesetzes und auch auf das Telekommunikationsgesetz.

Wir sehen von einer Darstellung des fast 30-seitigen Urteils aus Platzgründen ab. Auf folgende wichtige Leitsätze der Entscheidung möchten wir aber hinweisen:

  1. Die fortwährend über einen Zeitraum von 30 Arbeitstagen andauernde und während der Arbeitszeit erfolgende private Nutzung des dienstlichen Internetanschlusses im Umfang von knapp 40 Stunden berechtigt den Arbeitgeber wegen der darin liegenden Verletzung der Arbeitspflicht auch dann zur außerordentlichen Kündigung, wenn dem Arbeitnehmer die Privatnutzung arbeitsvertraglich in Ausnahmefällen innerhalb der Arbeitspausen erlaubt ist.
     
  2. Im Kündigungsschutzprozess können zu Lasten des Arbeitnehmers die vom Arbeitgeber ohne Hinzuziehung des Arbeitnehmers ausgewerteten Einträge der aufgerufenen Internetseiten in der Chronik des auf dem Dienstrechner des Arbeitnehmers installierten Internet-Browsers zum Beweis einer exzessiven Internetnutzung verwertet werden. Obwohl es sich dabei um personenbezogene Daten handelt und auch wenn eine wirksame Einwilligung in die Kontrolle dieser Daten nicht vorliegt, besteht kein Beweisverwertungsverbot, weil das Bundesdatenschutzgesetz auch ohne Einwilligung des Arbeitnehmers die Speicherung und Auswertung der Verlaufsdaten in der Chronik eines Internetbrowsers zu Zwecken der Missbrauchskontrolle erlaubt. Unabhängig davon besteht jedenfalls dann kein Beweisverwertungsverbot, wenn dem Arbeitgeber ein mit anderen Mitteln zu führender konkreter Nachweis des Umfangs des Missbrauchs des dienstlichen Internets nicht zur Verfügung steht.
     
  3. Auch aus § 88 Abs. 3 TKG folgt in diesem Falle kein Beweisverwertungsverbot, weil das TKG nicht anwendbar ist, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmern eine private Nutzung des dienstlichen Internetanschlusses erlaubt.

Hinweis für die Praxis:

Gegen die Entscheidung wurde Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt. Die Revision ist unter dem Aktenzeichen 2 AZR 198/16 anhängig. Über die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts werden wir berichten.

Fazit:

Der Praxis ist zu empfehlen, den Arbeitnehmern für ihr Nutzerverhalten im Hinblick auf die private Nutzung von Internet und E-Mail klare Vorgaben zu machen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass diese Vorgaben auch kontrolliert werden müssen, wenn etwaige Verstöße auch sanktioniert werden sollen. Dies ist bei der Formulierung von Internetnutzungsklauseln, Dienstanweisungen oder auch Betriebsvereinbarungen zu beachten. Im Übrigen verweisen wir auf die weiterführende Spezialliteratur (s. z.B. Besgen/Prinz, Handbuch Internet.Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2013).

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