Betriebsratsmitglieder dürfen in der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden (§ 78 BetrVG). Der Begriff der Behinderung wird in der Rechtsprechung weit ausgelegt und ist umfassend zu verstehen. Das Hessische Landesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage zu befassen, ob der Arbeitgeber einem Betriebsratsmitglied auferlegen kann, seine Teilnahme an Personalgesprächen nach § 82 BetrVG dem Arbeitgeber vorher mitzuteilen (Hessisches LAG, Beschluss v. 07.12.2015 – 16 TaBV 140/15). Das Landesarbeitsgericht hat jedwede Verpflichtungen des Betriebsrats, sich vorher zu erklären oder eine Ankündigung mitzuteilen, abgelehnt und damit die Rechte des Betriebsrats gestärkt.
Der Fall:
Der beteiligte Arbeitgeber betreibt ein Pharmaunternehmen. Die weiteren Beteiligten sind Betriebsratsmitglieder sowie der Betriebsrat selbst.
Der Betriebsrat beantragt u.a. dem Arbeitgeber zu untersagen, die Betriebsratstätigkeit der einzelnen Betriebsratsmitglieder dadurch zu behindern, dass die Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an Personalgesprächen nur dann vergütet wird, wenn die Betriebsratsmitglieder diese Teilnahme dem Arbeitgeber vorher ankündigen.
Hintergrund ist eine E-Mail der Personalabteilung. Dort heißt es u.a.:
„Sollten Sie unangemeldet, also ohne die Gesprächspartner der Arbeitgeberseite vorab darüber zu informieren, zu Personalgesprächen im Sinne von § 82 BetrVG erscheinen, werden wir diese Termine nicht mehr wahrnehmen bzw. sofort abbrechen. Für Sie bedeutet das zugleich, dass – in Kenntnis unserer Entscheidung – Anfahrt und (geplante Teilnahme) an solchen Terminen nicht erforderlich im Sinne von §§ 37, 40 BetrVG sind. Für solche Reisen entfallende Arbeitszeiten und entstehende Kosten werden wir daher nicht ersetzen.“
Das Arbeitsgericht hat in 1. Instanz die Anträge zurückgewiesen und zugunsten der Arbeitgeberseite entschieden.
Die Entscheidung:
Im Beschwerdeverfahren hat das Landesarbeitsgericht hingegen eine Behinderung der Betriebsratstätigkeit bejaht.
I. Behinderung der Betriebsratstätigkeit
Nach § 78 S.1 BetrVG dürfen die Mitglieder des Betriebsrats in Ausübung ihrer Tätigkeit nicht gestört oder behindert werden. Der Begriff der Behinderung nach § 78 S. 1 BetrVG ist umfassend zu verstehen. Er erfasst jede unzulässige Erschwerung, Störung oder gar Verhinderung der Betriebsratsarbeit.
II. Personalgespräche und Teilnahme Betriebsrat
Nach § 82 BetrVG kann ein Arbeitnehmer in den Angelegenheiten des § 82 BetrVG ein von ihm bestimmtes Mitglied des Betriebsrats zu seiner Unterstützung hinzuziehen. Verlangt ein Arbeitnehmer diese Teilnahme, gehört die Begleitung und Beratung des Arbeitnehmers dann zu den gesetzlichen Aufgaben des jeweiligen Betriebsratsmitglieds.
In die Wahrnehmung dieser Aufgaben wird seitens des Arbeitgebers nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts eingegriffen, wenn er die Durchführung des Gesprächs von der vorherigen Ankündigung seitens des Betriebsrats abhängig macht. Das Landesarbeitsgericht sieht bereits kein schützenswertes Interesse des Arbeitgebers, vorher zu wissen ob bzw. welches Betriebsratsmitglied an einem Personalgespräch nach § 82 Abs. 2 BetrVG teilnimmt. Dies folge schon daraus, dass der Arbeitgeber sich bei der Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einem derartigen Gespräch gegenüber dem betreffenden Arbeitnehmer nicht anders verhalten dürfe, als wenn dies nicht der Fall sei.
Hinweis für die Praxis:
Eine Ankündigungspflicht von Betriebsratsmitgliedern besteht nicht. Dies gebietet auch nicht der Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG. Dies lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen.
Fazit:
Arbeitgeber haben sich generell auf die Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern bei Personalgesprächen nach § 82 BetrVG einzustellen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass das BetrVG das Recht des Arbeitnehmers auf Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds bei derartigen Gesprächen uneingeschränkt vorsieht. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts steht in Einklang mit dem BetrVG. Arbeitgeber sollten sich hierauf einstellen.
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