12.06.2003

 

Die 12. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main hat mit Urteil  vom 28. März 2003 entschieden, dass

  • auch im Ausland registrierte Teledienste-Anbieter gem. § 6 Ziff. 4 TDG das ausländische Register und die Registernummer offen legen müssen, da auch in einem solchen Fall das Transparenzgebot gilt und das Interesse des Verbrauchers besteht, leicht erkennbare und unmittelbar erreichbare Informationen darüber zu erlangen, welchem Recht die ausländische Gesellschaft unterliegt und wie die Vertretungsverhältnisse gestaltet sind.
  • der Verstoß gegen § 6 TDG zugleich einen Wettbewerbsverstoß gegen § 1 UWG darstellt, da es sich um wertbezogene Normen handelt, deren Verletzung die Sittenwidrigkeit der Wettbewerbshandlung begründet.
  • auch einem im Innenverhältnis mit einer bedeutenden Funktion ausgestatteten obersten Verwaltungsorgan (hier der sog. Company Secretary des Anbieters) eine Störereigenschaft im wettbewerbsrechtlichen Sinne zukommt

 

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Parteien sind Mitbewerber auf dem Markt der Online-Stellenvermittlung. Die Klägerin ist eine juristische Person und  Inhaberin einer Internet-Domain, auf der sie u.a. die Online-Stellenvermittlung im Bereich des Gesundheitswesens anbietet. Auf ihren Internetseiten waren im Impressum ihre Adresse in Frankfurt, ihre Telefon- und Telefaxnummer sowie die Geschäftsführung benannt. Die Umsatzsteueridentifikationsnummer sowie die Handelsregisternummer waren indes dort nicht angegeben. Dies  beanstandete die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 11.10.2002 gegenüber der Klägerin als Verstoß gegen die Impressumspflichten nach § 6 Teledienstgesetz (TDG) und forderte sie sowie ihren sog. „Company Secretary“ zur Abgabe einer Unterwerfungserklärung auf. Darin sollten sich diese jeweils verpflichten, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr unter ihrer Internetadresse aufzutreten, ohne leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar den Vertretungsberechtigten,  die Handelsregisternummer und die Umsatzsteueridentifikationsnummer der juristischen Person anzugeben. Die Klägerin lehnte die Abgabe einer solcher Erklärung ab und klagte auf Feststellung, dass die Beklagte keinen  Unterlassungsanspruch gegen sie hat. Die Beklagte machte im Laufe des Verfahrens geltend, dass es für sie aus wettbewerbsrechtlichen Gründen erforderlich war, die Angebote der Klägerin und anderer Mitbewerber zu beobachten und zu analysieren. Für die Beklagte sei im Zeitpunkt der Abmahnung nicht nachvollziehbar gewesen, ob es sich bei der Klägerin um eine „Limited“ nach englischem, US-amerikanischem oder sonstigen Recht handele. Deshalb sei es ihr auch nicht möglich gewesen, festzustellen, wer die Gesellschafter der „Limited“ seien und welchem neuen oder alten Mitbewerber das Unternehmen zuzurechnen sei. Aus dem nunmehr eingeholten „Registrar of Companies“ ergebe sich, dass Sitz der Klägerin nicht Frankfurt a.M. sondern London sei. Die Klägerin habe somit entsprechend § 6 Ziff. 1 TDG als Sitz der unselbständigen Niederlassung die Anschrift in London angeben müssen. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Angabe der Frankfurter Adresse zutreffend war. Sie sei zudem in Cardiff, Wales, UK ordnungsgemäß eingetragen, so dass § 6 Ziff. 4 TDG auf sie keine Anwendung finde. Jedenfalls begründe ein Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht aus § 6 TDG nicht die Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Klägerin i.S.d. § 1 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Das Gericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen.

Neben der juristischen Person als  Klägerin klagte zudem der Company Secretary selbst, von dem ebenfalls die Abgabe einer Unterwerfungserklärung aufgrund des oben geschilderten Sachverhalts verlangt wurde (im folgenden Kläger zu 2) genannt).  Die Klägerin vertrat jedoch die Ansicht, dass der Kläger zu 2) weder in seiner Eigenschaft als „admin-c“ (administrativer Ansprechpartner)  noch in seiner Eigenschaft als „Company Secretary“ von der Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen werden könne. Er sei nicht passivlegitimiert. Auch diese Klage wurde als unbegründet abgewiesen.

 

Entscheidungsgründe:

Das Landgericht Frankfurt a.M. hat die beiden Klagen als unbegründet abgewiesen, da nach seiner Ansicht die Klägerin und der Kläger zu 2) die Pflichten nach § 6 TDG auf ihrer Website verletzt haben und der Beklagten somit ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Klägerin zustand.

Zur Begründung führt es im einzelnen aus, dass Dienste-Anbieter wie die Klägerin gem. § 6 TDG für geschäftsmäßige Teledienste u.a. folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten hätten:

den Namen und die Anschrift, unter der sie niedergelassen sind, bei juristischen Personen zusätzlich den Vertretungsberechtigten (Ziff.1),

das Handelsregister, in das sie eingetragen sind, und die entsprechende Registernummer (Ziff.4),

sowie in Fällen, in denen sie eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) besitzen, die Angabe dieser Nummer (Ziff.6).

1. Eine Verletzung des § 6 Ziff. 1 TDG liegt nach Meinung des Gerichts nicht vor, so dass der Beklagten unter diesem Gesichtspunkt kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Klägerin zusteht.

Als Anschrift, unter der sie niedergelassen ist, habe die Klägerin eine Adresse in Frankfurt angegeben. Von diesem Ort  aus würden nach ihren Angaben sämtliche Geschäftsführungsaufgaben durch die Geschäftsführerin durchgeführt und er stelle den Schwerpunkt der Tätigkeit und den Ort der Verwaltung dar. Zudem handele es sich um eine zustellungs- und ladungsfähige Anschrift. Diese Kriterien, an denen sich die Klägerin orientiert habe und die nicht widerlegt worden seien, würden nach Auffassung des Gerichts der Begriffsdefinition des Art. 2 C der E-Commerce Richtlinie 2000/31/EG gerecht, wonach „niedergelassener Dienste-Anbieter“ ein Anbieter ist, der mittels einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit eine Wirtschaftstätigkeit tatsächlich ausübt. Das Vorhandensein und die Nutzung technischer Mittel und Technologien, die zum Anbieten des Dienstes erforderlich sind, begründen danach allein keine Niederlassung des Anbieters.  Indem die Klägerin demnach die richtige Anschrift, die Geschäftsführerin und damit die Vertretungsberechtigte auf der Internetseite nannte, habe sie nicht gegen § 6 Ziff. 1 TDG verstoßen.    

2. Zudem habe eine Verletzung der Anbieterinformationspflicht nach § 6 Ziff. 6 TDG außer Betracht zu bleiben, weil der Klägerin eine Umsatzsteueridentifikationsnummer vom Bundesamt für Finanzen noch nicht erteilt wurde. 

3. Jedoch rechtfertigt nach Ansicht der Kammer der Regelungstatbestand des § 6 Ziff. 4 TDG die Abmahnungen der Beklagten. Dabei sei das auf den Internetseiten ersichtliche Impressum der Klägerin zur Zeit der Abmahnungen relevant gewesen, nicht das mittlerweile durch die „Company No 4334…“ modifizierte.  

Die Klägerin sei nicht in ein inländisches Handelsregister eingetragen, so dass insoweit keine Registernummer bestehe. Das befreie die Klägerin in Hinblick auf § 6 Ziff. 4 TDG jedoch nicht, anstelle des Handelsregisters und der Registernummer das ausländische Gesellschaftsregister und die Registernummer zu benennen,  bei dem und unter der die Klägerin als ausländische Gesellschaft eingetragen ist.

Sinn und Zweck der Informationspflichten sind nach Auffassung der Richter der Verbraucherschutz und die Transparenz von geschäftsmäßig erbrachten Telediensten. Diese Zweckbestimmung beschränke sich nicht auf und ende nicht bei Dienste-Anbietern für geschäftsmäßige Teledienste, die in das inländische Handelsregister eingetragen sind. Vielmehr greife auch bei im Ausland registrierten Teledienste-Anbietern, die im Inland ihre Geschäftstätigkeit entfalten, das Transparenzgebot und es bestehe auch dann das Interesse des Verbrauchers, leicht erkennbare und unmittelbar erreichbare Informationen darüber zu erlangen, welchem Recht die ausländische „Limited“ unterliegt, wer die Gesellschafter sind und wie die Vertretungsverhältnisse der Gesellschaft im einzelnen aussehen. Die Aufzählung der verschiedenen Register in § 6 Ziff. 4 TDG sei als Bemühen des Gesetzgebers, dem Transparenzgebot effektiv Geltung zu verschaffen, zu verstehen und somit als nicht abschließend anzusehen. Der in § 6 Ziff. 4 TDG aufgeführte Begriff „Handelsregister“ sei deshalb im weitesten Sinne zu verstehen und erfasse auch ausländische Registereintragungen, wenn wie vorliegend im Inland eine solche nicht vorhanden ist. Andernfalls bewirke man eine Privilegierung im Ausland registrierter Unternehmen, welche nach Ansicht des Gerichts nicht gerechtfertigt sei.

Der Verstoß der Klägerin gegen § 6 Ziff. 4 TDG stellt sich nach Ansicht des Gerichts zugleich als ein Verstoß gegen § 1 UWG dar. Es handele sich dabei um sog. wertbezogene Normen, so dass die Zuwiderhandlung die Sittenwidrigkeit der Wettbewerbshandlung i.S.d. § 1 UWG begründe.

4. Das Gericht hat zudem festgestellt, dass die Beklagte im Zeitpunkt der Abmahnung einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen der Verletzung von Pflichten nach § 6 Ziff.4 TDG auch gegenüber dem Company Secretary als Kläger zu 2) hatte. Dieser sei insoweit Störer im wettbewerbsrechtlichen Sinne gewesen, wenn auch möglicherweise nicht in seiner Eigenschaft als administrativer Ansprechpartner. Er sei als Company Secretary immerhin das oberste Verwaltungsorgan des Unternehmens. Auch wenn im Außenverhältnis die Geschäftsführerin („Director“) wirke, so sei doch im Innenverhältnis die Funktion des Company Secretary so bedeutend, dass ihm bei der gebotenen weiten Fassung des Störerbegriffs die Störereigenschaft im wettbewerbsrechtlichen Sinne zukomme.

Somit stand der Beklagten nach Auffassung des Gerichts im Zeitpunkt der Abmahnung ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Klägerin und den Kläger zu 2) wegen der Verletzung von Pflichten nach § 6 TDG auf deren Website zu. Die Klage war somit unbegründet und wurde abgewiesen.

 

Verfasser: Daniel Möller, Dipl. jur.

 

Anhang: § 6 Teledienstgesetz (TDG)

Diensteanbieter haben für geschäftsmäßige Teledienste mindestens folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten:

1.       den Namen und die Anschrift, unter der sie niedergelassen sind, bei juristischen Personen zusätzlich den Vertretungsberechtigten,

2.      Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kommunikation mit ihnen ermöglichen, einschließlich der Adresse der elektronischen Post,

3.       soweit der Teledienst im Rahmen einer Tätigkeit angeboten oder erbracht wird, die der behördlichen Zulassung bedarf, Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde,

4.       das Handelsregister, Vereinsregister, Partnerschaftsregister oder Genossenschaftsregister, in das sie eingetragen sind, und die entsprechende Registernummer,

5.       soweit der Teledienst in Ausübung eines Berufs im Sinne von Artikel 1 Buchstabe d der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens 3-jährige Berufsausbildung abschließen (ABl. EG Nr. L 19 S. 16), oder im Sinne von Artikel 1 Buchstabe f der Richtlinie 92/51/EWG des  Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG (ABl. EG Nr. L 209 S. 25), die zuletzt durch die Richtlinie 97/38/EG der Kommission vom 20. Juni 1997 (ABl. EG Nr. L 184 S. 31) geändert worden ist, angeboten oder erbracht wird, Angaben über

a)      die Kammer, welcher die Diensteanbieter angehören,

b)      die gesetzliche Berufsbezeichnung und den Staat, in dem die  Berufsbezeichnung verliehen worden ist,

c)      die Bezeichnung der berufsrechtlichen Regelungen und dazu, wie diese zugänglich sind,

6.       in Fällen, in denen sie eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27a  des Umsatzsteuergesetzes besitzen, die Angabe dieser Nummer.

Weitergehende Informationspflichten insbesondere nach dem Fernabsatzgesetz, dem Fernunterrichtsschutzgesetz, dem Teilzeit-Wohnrechtegesetz oder dem Preisangaben- und Preisklauselgesetz und der Preisangabenverordnung, dem Versicherungsaufsichtsgesetz sowie nach handelsrechtlichen Bestimmungen bleiben unberührt.

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen