30.09.2017

Wiederkehrende (monatliche) Zuwendungen an unterhaltsberechtigte Personen wie studierende Kinder sind grundsätzlich einkommensteuerrechtlich nicht abzugsfähig. Wie es dennoch geht, zeigt anschaulich das rechtskräftige Urteil des FG Baden-Württemberg vom 13.12.2016, 11 K 2951/15.

Dort vermietete eine Ehefrau eine ihr gehörende Immobilie an ihren Mann für dessen Handwerksbetrieb. Bei ihm handelte es sich um Betriebsausgaben, bei ihr um Vermietungseinkünfte. Um der studierenden Tochter die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des Studiums zur Verfügung zu stellen, räumte die Mutter ihrer Tochter durch notariellen Vertrag unentgeltlich einen auf fünf Jahre befristeten Nießbrauch an dem Betriebsgrundstück ein. Die Tochter vermietete das Gebäude daraufhin unter fremdüblichen Bedingungen an ihren Vater, der es unverändert im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit nutzt.

Vorteil der Gestaltung:

  • Erfüllung der Unterhaltspflicht gegenüber der Tochter
  • Betriebsausgabenabzug beim Vater
  • Vermietungseinkünfte der Tochter werden unter Berücksichtigung der steuerlichen Progression niedriger oder – falls der Grundfreibetrag nicht überschritten werden sollte – überhaupt nicht besteuert.

Wen wundert es, dass das Finanzamt darin einen Gestaltungsmissbrauch erkennen wollte?

Nicht so das FG Baden-Württemberg. Dies stellt klar:

  • Das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen Auch Angehörigen steht es frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander steuerlich möglichst günstig zu gestalten. Eine rechtliche Gestaltung ist erst dann unangemessen, wenn der Steuerpflichtige die vom Gesetzgeber vorausgesetzte Gestaltung zum Erreichen eines bestimmten wirtschaftlichen Ziels nicht gebraucht, sondern dafür einen ungewöhnlichen Weg wählt, auf dem nach den Wertungen des Gesetzgebers das Ziel nicht erreichbar sein soll.
  • Auch ein aufgrund der Bestellung eines unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauchs an einem Grundstück nur befristet Nutzungsberechtigter kann Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen.
  • Eltern steht es frei, zu entscheiden, ob sie ihrem Kind zum Zwecke der Gewährung von Unterhalt Barmittel überlassen oder ob sie ihm – auch befristet – die Einkunftsquelle selbst übertragen. Entscheiden sie sich aus steuerlichen Gründen dafür, einen befristeten, unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauch an einem vermieteten Grundstück zu bestellen, führt allein dies nicht dazu, dass die zugrunde liegende rechtliche Gestaltung als unangemessen im Sinne des § 42 AO anzusehen wäre.
  • Etwas anderes folgt nicht daraus, dass das betroffene Grundstück von der Ehefrau als Eigentümerin an den Ehemann für dessen betriebliche Zwecke vermietet war.

Hinweis:

Da die Mietaufwendungen beim Vater bereits in der Vergangenheit als Betriebsausgaben steuerlich abzugsfähig waren, sind auch keine steuerlich nicht abzugsfähigen Unterhaltsaufwendungen in den Bereich des Betriebsausgabenabzugs verlagert worden.

Damit unterscheidet sich der entschiedene Fall von dem 1990 durch den BFH (Urteil vom 18.10.1990, IV R 36/90) und bis heute durch die Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 30. September 2013, BStBl. I 2013, 1184, Rn. 17) noch anders beurteilten Sachverhalt: Bestellten Eltern ihrem Kind einen befristeten Nießbrauch an einem Grundstück und vermiete das Kind den Grundbesitz anschließend an die Eltern zurück, sollte dies regelmäßig einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten darstellen. Diese Rechtsauffassung dürfte allerdings – worauf das FG Baden-Württemberg zu Recht hinweist – durch das Urteil des BFH vom 10.12.2003, IX R 12/01, ohnehin überholt sein.

Abschließender Hinweis: Bei der gewählten Gestaltung sind für die Tochter bei ihren Vermietungseinkünften Gebäudeabschreibungen nicht möglich.

Lorbeerkranz

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  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2022/2023)

  • „Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuer­recht“
    (JUVE Handbuch Wirtschafts­kanz­leien 2017-2021)

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