08.07.2003

 

 

In einem kürzlich ergangenen Beschluss (Az.: 28 II 1/03 WEG) nahm das Amtsgericht Bonn zu der Frage Stellung, ob in dem Beschluss der Wohnungseigentümerver- sammlung, den Verwaltervertrag zu kündigen, gleichzeitig auch die wirksame Abberufung des Verwalters liege.

 

Zum Hintergrund

 

      Nach allgemeiner Meinung sind die Bestellung des Verwalters und der Abschluss des Verwaltervertrages zwei rechtlich verschiedene Vorgänge (sogen. „Trennungstheorie“), gleiches gilt auch für die Abberufung des Verwalters und die Beendigung des Verwaltervertrages. Die Bestellung bedeutet die Ermächtigung zum Abschluss des erforderlichen Anstellungsvertrages, die Abberufung die Ermächtigung zur Kündigung desselben. Bestellung und Abberufung sind konstitutive Akte; dem Verwalter wachsen seine Befugnisse gem. § 27 WEG erst an, wenn er die Bestellung angenommen hat, sie enden erst mit der Abberufung.

 

Dies hat zur Folge, dass die Abberufung des Verwalters nicht automatisch auch zur Beendigung des Verwaltervertrages führt, wie auch umgekehrt die bloße Kündigung des Verwaltervertrages nicht gleichzeitig die Abberufung des Verwalters bedeuten muss.

 

Das Amtsgericht Bonn hatte hierzu folgenden Fall zu entscheiden:

 

I.

Der Sachverhalt

 

Die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) wollte einen professionellen Hausverwalter bestellen, der im Vorfeld seiner Bestellung den Abschluss eines Verwaltervertrages auf fünf Jahre mit einem Sonderkündigungsrecht zum Schluss des ersten Verwalterjahres angeboten hatte, falls die WEG mit ihm nicht zufrieden sein sollte. Aufgrund dieses Angebotes war er auf fünf Jahre zum Verwalter bestellt worden, der Verwaltervertrag wurde erst nachträglich geschlossen. In der Folgezeit kam es zu einem Zerwürfnis zwischen den Eigentümern und dem Verwalter, weshalb die WEG den Verwaltervertrag unter Ausübung des eingeräumten Sonderkündigungsrechts vorzeitig beenden wollte. Der Verwalter wurde demgemäss vom Eigentümerbeirat unter Beifügung einer von den Beiratsmitgliedern entworfenen Tagesordnung aufgefordert, eine außerordentliche Eigentümerversammlung einzuberufen, in der die nötigen Beschlüsse gefasst werden sollten. Die Tagesordnung sah folgendes vor:

 

                        „TOP 4: Beschlussfassung über die Kündigung des mit der Fa. … am … geschlossenen Verwaltervertrages zum 31. Dezember 2002.

                        …

 

                        TOP 6: Beschlussfassung über die Autorisation des Beirats mit der Durchführung der Kündigungsformalitäten zu TOP 4.

 

                        TOP 7: Vorstellung des neuen Verwalters.

 

                        TOP 8: Beschlussfassung über den neuen Verwaltervertrag.

 

                        TOP 9: Beschlussfassung über die Autorisation des Beirats zur Erledigung aller mit der Umsetzung des Beschlusses TOP 8 zusammenhängender Formalitäten.“

 

In der daraufhin durchgeführten außerordentlichen Eigentümerversammlung wurden sodann folgende Beschlüsse gefasst:

 

                        zu TOP 4:

 

                        „Es wird beschlossen, den Verwaltervertrag mit der Fa. … in Bonn, der am … geschlossen wurde, zum 31. Dezember 2002 termin- und fristgerecht zu kündigen.“

 

                        zu TOP 6:

 

                        „Der … Beirat wird mit der Durchführung der Kündigungsformalitäten zu TOP 4 autorisiert.“

 

                        zu TOP 8:

 

                        „Die Wohnungseigentümer beschließen, den ihnen mit Schreiben vom 20. Dezember 2002 als Entwurf zugegangenen Verwaltervertrag mit der Fa. … (neuer Verwalter) abzuschließen (zum 1. Januar 2003).“

 

                        zu TOP 9:

 

                        „Der Beirat wird zur Erledigung der mit der Umsetzung des Beschlusses zu TOP 8 zusammenhängenden Formalitäten (Verwaltungsunterzeichnung usw.) autorisiert.“

 

Sodann kündigte der Beirat in Umsetzung der Beschlüsse der außerordentlichen Eigentümerversammlung den bestehenden Verwaltervertrag form- und fristgerecht zum 31. Dezember 2002 und schloss mit der neuen Hausverwaltung einen neuen Verwaltervertrag ab. Eine Reaktion des früheren Verwalters auf die Kündigung erfolgte nicht. Unter dem 20. Dezember 2002 teilte der frühere Verwalter den Eigentümern per Rundschreiben mit, dass er seiner Verwaltertätigkeit weiterhin ordnungsgemäß nachgehen wolle, da weder seine Abberufung noch die Bestellung seines Nachfolgers ordnungsgemäß beschlossen worden sei.

 

Hierauf stellte die WEG bei Gericht den Antrag, den früheren Verwalter zu verpflichten, sämtliche Verwalterunterlagen, Schlüssel etc. an den neuen Verwalter herauszugeben und eine Schlussrechnung zum 31. Dezember 2002 zu erteilen, weil der Antragsgegner aufgrund des Beschlusses der WEG in der außerordentlichen Eigentümerversammlung wirksam als Verwalter abberufen und gleichzeitig der Verwaltervertrag gekündigt worden sei.

 

Der Antragsgegner beantragte, den Antrag zurückzuweisen und begehrte im Wege des Widerantrags, die Antragsteller als Gesamtschuldner zu verpflichten, an ihn zwischenzeitlich aufgelaufene Verwalterkosten zu zahlen.

 

II.

Die Entscheidung des Gerichts

 

Das Gericht folgt zwar grundsätzlich der auch vom Bundesgerichtshof vertretenen „Trennungstheorie“, wonach der Abschluss des Verwaltervertrages ein selbstständiges Rechtsgeschäft neben dem grundsätzlich notwendigen Bestellungsakt ist. Demnach hätte vorliegend noch eine ausdrückliche Abberufung des Verwalters beschlossen werden müssen, was nicht geschehen ist. In Einzelfällen gebiete jedoch die gehörige Auslegung gefasster Beschlüsse eine andere Einschätzungsweise. So habe das Bayerische Oberste Landesgericht entschieden, dass ein Eigentümerbeschluss über die fristlose Kündigung des Verwaltervertrages regelmäßig dahingehend auszulegen ist, dass damit auch der Verwalter abberufen wird (BayObLG NJW RR 1999, 1390 ff.). Nach Auffassung des Amtsgerichts Bonn muss dies auch für ein vereinbartes Sonderkündigungsrecht gelten, da keine nachvollziehbaren Gründe bestünden, die einen Unterschied rechtfertigen würden. Zwar habe sich der Wortlaut des Eigentümerbeschlusses vom 25. September 2002 auf die Kündigung des Verwaltervertrages zum 31. Dezember 2002 beschränkt, damit sei aber auch die Abberufung der Antragsgegnerin als Verwalterin beschlossen worden.

 

III.

Fazit

 

Trotz seines im Ergebnis für die Wohnungseigentümer günstigen Ausganges zeigt der vorliegende Fall, dass die Formulierung von Tagesordnungspunkten und Beschlussvorschlägen durch Nichtjuristen nicht immer zu dem eigentlich gewünschten Ergebnis führt. Der – riskante – Streit über die Wirksamkeit der Abberufung des Verwalters hätte bei Kenntnis der Trennungstheorie und entsprechender Formulierung der Beschlüsse vermieden werden können, was schon im Hinblick auf die bei WEG-Streitigkeiten geltende Kostenregelung des § 47 WEG, wonach im Streitfall normalerweise jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat, wünschenswert gewesen. Zwar ist es auch Aufgabe des WEG-Verwalters, auf die wirksame Formulierung von Beschlüssen hinzuwirken. Allerdings ist in Fällen, in denen es um den Verwalter betreffende Beschlüsse geht, nicht immer zu erwarten, dass der Verwalter dieser Verpflichtung auch ordnungsgemäß nachkommt. Bei „kritischen“ Beschlüssen sollte daher vorher rechtlicher Rat eingeholt werden.

 

Verfasser: Rechtsanwalt Alexander Knauss

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