09.09.2003 -

 

Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats bedarf der Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 Abs. 1 BetrVG. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so muss der Arbeitgeber ein Zustimmungsersetzungsverfahren beim Arbeitsgericht durchführen, § 103 Abs. 2 BetrVG.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist dabei der in diesem Zustimmungsersetzungsverfahren beteiligte Arbeitnehmer verpflichtet, alle Gründe für die Unwirksamkeit der beabsichtigten Kündigung vorzutragen und in das Verfahren einzuführen. Dies hat weitreichende Folgen. Denn der Arbeitnehmer kann sich nach rechtskräftiger Zustimmungsersetzung grundsätzlich nicht mehr auf Kündigungshindernisse berufen, die er schon im Zustimmungsersetzungsverfahren hätte einwenden können (Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 11. 5. 2000 – 2 AZR 276/99 -, NZA 2000, S. 1106).

 

In einem nunmehr bekannt gewordenen Urteil hatte sich das BAG dabei mit der interessanten Frage zu befassen, ob diese Präklusionswirkung auch Bindungswirkung hinsichtlich des Kündigungsgrundes für einen späteren Kündigungsschutzprozess entfaltet, in dem der Arbeitnehmer die Sozialwidrigkeit einer auf denselben Sachverhalt gestützten ordentlichen Kündigung geltend macht (Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 15. 8. 2002 – 2 AZR 214/01 -).

 

In dem entschiedenen Fall wurde zunächst das Zustimmungsersetzungsverfahren durchgeführt. Im Anschluss kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich. Mit rechtskräftig gewordenem Urteil des Landesarbeitsgerichts wurde die Unwirksamkeit der Kündigung festgestellt. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin später erneut das Arbeitsverhältnis ordentlich unter Einhaltung der maßgeblichen Kündigungsfrist und stützte sich dabei auf denselben Sachverhalt.

 

Das BAG hat klargestellt, dass das Verfahren nach § 103 Abs. 2 BetrVG voraussetzt, dass eine ordentliche Kündigung gar nicht ausgesprochen werden kann. Es kann deshalb auch nicht in der Absicht der am Verfahren nach § 103 Abs. 2 BetrVG Beteiligten liegen, Feststellungen für eine noch nicht einmal als möglich absehbare Kündigungsschutzklage gegen eine ordentliche Kündigung treffen zu lassen. Vielmehr ist mit dem Ausspruch der außerordentlichen Kündigung nach Zustimmungsersetzung die Wirkung des Beschlusses nach § 103 Abs. 2 BetrVG verbraucht.

 

Fazit damit:

Die Sperrwirkung des § 103 Abs. 2 BetrVG gilt nur für die nachfolgende außerordentliche Kündigung. Erweist sich diese hingegen als unwirksam, gleich aus welchen Gründen, ist der Arbeitgeber nicht gehindert, eine auf denselben Sachverhalt gestützte ordentliche Kündigung (nach vorheriger Anhörung des Betriebsrats gem. § 102 BetrVG) auszusprechen.

  

Verfasser: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Nicolai Besgen

 

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