03.11.2003

Der Immobilienerwerb im Rahmen von „Bauherrenmodellen“ oder ähnlich gelagerten Anlagemodellen wird häufig durch bevollmächtigte Treuhänder ohne unmittelbare Mitwirkung des Anlegers durchgeführt. Die vorgedruckten Vollmachtsformulare sind regelmäßig in einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit dem Treuhänder integriert und bevollmächtigen ihn, den Anleger bei der Vorbereitung und Durchführung des Erwerbs der Immobilie (Eigentumswohnung) zu vertreten. Die Vollmacht erstreckt sich ferner regelmäßig auf die Vornahme aller Rechtsgeschäfte, Rechtshandlungen und Maßnahmen, insbesondere die Abgabe und Entgegennahme von Willenserklärungen, welche für den Erwerb bzw. die Errichtung des Kaufgegenstandes, dessen Finanzierung und Vermietung erforderlich oder zweckmäßig sind oder dem Bevollmächtigten als zweckmäßig erscheinen. Mit solchen Vollmachten ausgestattet, bestellen Treuhänder Grundschulden, übernehmen im Namen des Anlegers in Höhe des Grundschuldbetrages die persönliche Haftung und unterwerfen die Anleger der Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen.

Kommt es dann zu einer Zwangsvollstreckung aus den vom Bevollmächtigten für den Anleger errichteten notariellen Urkunden, stellt sich die Frage nach der Wirksamkeit der Vollmachten und somit auch der vollstreckbaren Urkunden.

Durch Urteil vom 22. Oktober 2003 – IV ZR 398/02 – hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass solche Vollmachten in der Regel nichtig sind.

Dem Treuhänder, dem die eigenverantwortliche Abwicklung eines Grundstückskaufvertrages obliegt, wird eine rechtliche Betreuung von erheblichem Gewicht übertragen. Solche geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten darf nach den Bestimmungen des Rechtsberatungsgesetzes nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde eine entsprechende Erlaubnis (Rechtsberatungserlaubnis) erteilt worden ist. Wenn die zumeist gewerblichen Treuhänder nicht über eine Rechtsberatungserlaubnis verfügen, ist der Geschäftsbesorgungsvertrag – und mit ihm die erteilte Vollmacht – wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) nichtig. Denn nur bei Unwirksamkeit auch der Vollmacht kann ein sachgemäßer, dem Ziel des Rechtsberatungsgesetzes entsprechender Schutz des Auftraggebers erreicht werden. Mit derartigen Vollmachten sind besondere Gefahren für den Auftraggeber verbunden, weil sie dem Treuhänder ermöglichen, den Anleger der Zwangsvollstreckung in das gesamte Vermögen zu unterwerfen. Damit wird ein Vollstreckungstitel geschaffen, der in seinen rechtlichen Folgen über eine materiell-rechtliche Haftungsübernahme weit hinausgeht.

Die Zwangsvollstreckung gegen den Anleger ist dann ausgeschlossen.

So weit – so gut für den Anleger. Dennoch hat im konkreten Fall der BGH die Zwangsvollstreckung zugelassen. Denn im Darlehensvertrag selbst, den der Anleger zur Finanzierung der Immobilie unterzeichnet hatte, war zugleich die – wirksame – Verpflichtung enthalten, sich in gesonderter Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen zu unterwerfen. Der Anleger müsste daher aufgrund dieser separaten Verpflichtung die Erklärung des Treuhänders, dem er eine nichtige Vollmacht erteilt hat, genehmigen und ihm damit rückwirkend Wirksamkeit verleihen. Aus der bisherigen Nichterfüllung dieser vertraglichen Verpflichtung darf der Anleger keine Vorteile ziehen. Im Ergebnis war das Kreditinstitut daher berechtigt, die persönliche Zwangsvollstreckung gegen den Anleger zu betreiben.

 

Verfasser: RA & StB Andreas Jahn

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