27.11.2003 -

Will sich ein Arbeitnehmer gegen eine unwirksame Befristung wehren, ist er an strenge Fristen gebunden. Eine Entfristungsklage ist nach § 17 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) nur innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages möglich. Wird diese Klagefrist nicht gewahrt, wird die Befristung in entsprechender Anwendung des § 7 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) wirksam. In einem für die betriebliche Praxis bedeutsamen Urteil hat nun das Bundesarbeitsgericht nochmals klargestellt, welche formalen Anforderungen an eine entsprechende Befristungsklage zu stellen sind (Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 16. 4. 2003 – 7 AZR 119/02 -). Das Urteil macht dabei deutlich, dass trotz einer fristgerechten Klageerhebung auch formale Mängel zu einer Prozessniederlage führen können.

 

Der Sachverhalt der Entscheidung:

 

Der klagende Arbeitnehmer war vom 3. Mai 1999 bis zum 2. Mai 2000 auf der Grundlage von vier befristeten Arbeitsverträgen als Betonarbeiter bei dem beklagten Arbeitgeber beschäftigt. Die Parteien vereinbarten die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses jeweils vorab mündlich. Im Einzelnen war dabei zwischen beiden Seiten bis zuletzt streitig, ob die schriftlichen Verträge erst nach dem Beginn des Verlängerungszeitraums unterzeichnet wurden. Am 2. Mai 2001 wies das Arbeitszeitkonto des Klägers ein Guthaben von 70 Stunden auf. Den entsprechenden Geldbetrag zahlte der Arbeitgeber aus.

 

Mit der am 7. Mai 2001 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 2. Mai 2001 hinaus als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortbesteht. Weiter hat er den Arbeitgeber auf Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung für den Zeitraum vom 3. Mai bis zum 15. Mai 2001 zum Ausgleich seines Arbeitszeitkontos in Anspruch genommen.

 

Die Entfristung hat der Kläger dabei allein auf diese erforderliche Freistellung gestützt. Das Arbeitszeitguthaben habe der Arbeitgeber nach den tarifvertraglichen Regelungen nur durch eine Freistellung ausgleichen können. Diese Freistellung habe nur in der Zeit bis zum 15. Mai 2001 erfolgen können mit der weiteren Folge, dass das Arbeitsverhältnis bis zu diesem Zeitpunkt fortbestanden hat. Für diesen Fortbestand über den 2. Mai hinaus habe aber ein sachlicher Grund nicht mehr für eine weitere Befristung bestanden. Die Zwei-Jahres-Frist, für die ein sachlicher Grund nicht erforderlich gewesen sei, sei abgelaufen. Aus diesem Grund bestehe das Arbeitsverhältnis unbefristet fort.

 

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Arbeitnehmers wurde vom Landesarbeitsgericht zurückgewiesen.

 

 

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts:

 

Das Bundesarbeitsgericht hat die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt.

 

 

I. Klagefrist einer Entfristungsklage

 

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung seines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet worden ist. Dies folgt aus § 17 Satz 1 TzBfG. Wird die Klagefrist versäumt, treten aufgrund eines Verweises in § 17 Satz 2 TzBfG die Wirkungen ein, die auch bei einer Versäumung der Klagefrist gegen eine Kündigung eintreten. Nach § 7 KSchG gilt daher die Befristung (bzw. die Kündigung) als wirksam.

 

Auch eine offensichtlich unwirksame Befristung wird deshalb nach drei Wochen wirksam. Die Unwirksamkeit einer Befristung muss deshalb zwingend innerhalb dieser drei Wochen auf dem Klagewege geltend gemacht werden.

 

 

II. Formale Anforderungen an eine Entfristungsklage

 

Der Wortlaut des § 17 Satz 1 TzBfG gibt genaue Vorgaben, welchen Inhalt eine Entfristungsklage haben muss. Der Gegenstand bei einer Klage besteht darin, ob das Arbeitsverhältnis durch die zu einem bestimmten Zeitpunkt vereinbarte Befristung zu dem in dieser Vereinbarung vorgesehenen Termin geendet hat.

 

Wichtig: Es empfiehlt sich deshalb in den Klageantrag ausdrücklich aufzunehmen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund einer konkreten Befristung vom XXX nicht beendet worden ist.

 

Vorliegend beantragt der Arbeitnehmer jedoch lediglich festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis über den 2. Mai 2001 hinaus als unbefristetes Arbeitsverhältnis fortbesteht. Dem Wortlaut des § 17 TzBfG wurde damit nicht einmal ansatzweise genüge getan.

 

Klageantrag auslegungsfähig

Allerdings ist die Rechtsprechung insoweit großzügig, als sie nicht nur formal den Klageantrag auslegt, sondern auch den geäußerten Parteiwillen aus der Klagebegründung und den sonstigen Umständen bei Erhebung der Klage berücksichtigt. Wird also aus diesen zusätzlichen Umständen deutlich, dass eine Entfristungsklage im Sinne von § 17 TzBfG gestellt werden sollte, kann dies ausnahmsweise dennoch genügen.

 

Auch diese Auslegung ergab jedoch im vorliegenden Fall, dass der Arbeitnehmer keine Klage gem. § 17 TzBfG erheben wollte. Neben der Tatsache, dass der Antrag selbst keine Hinweise darauf enthielt, dass der Arbeitnehmer die Wirksamkeit der letzten Befristung in Frage stellen wollte, ergab sich auch aus der Klagebegründung nichts anderes. In der Begründung stützte er sich allein auf die notwendige Freistellung für das Arbeitszeitguthaben. Da es für diese notwendige Freistellung an einer sachlichen Rechtfertigung gefehlt habe, sei ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstanden. Auch hat der Arbeitnehmer in der Klageschrift Ablichtungen der vier befristeten Arbeitsverträge beigefügt. Die Vorlage diente jedoch nach den Angaben in der Klageschrift allein dazu, die Grundlage der Beschäftigung des Klägers bei dem beklagten Arbeitgeber zu belegen.

 

Auch die Auslegung der Klagebegründung wie die sonstigen Umstände sprachen gegen eine formal zutreffende Klage nach § 17 TzBfG.

 

Verlängerte Anrufungsfrist nach § 6 KSchG?

Schließlich konnte sich der Kläger auch nicht auf die verlängerte Anrufungsfrist des § 6 KSchG stützen, auf den § 17 TzBfG ebenfalls verweist. Die Vorschrift des § 6 KSchG kommt auch bei Befristungskontrollklagen mit der Maßgabe zur Anwendung, dass innerhalb der dreiwöchigen Frist bereits alle in Betracht kommenden Gründe für die Unwirksamkeit einer Befristung geltend gemacht werden müssen. Aus den vorgenannten Gründen hatte der Kläger dies jedoch versäumt.

 

 

Hinweis für die Praxis:

 

Bei der Erhebung einer Entfristungsklage nach § 17 TzBfG muss auf den Wortlaut des Klageantrages größtmögliche Sorgfalt verwandt werden. Der vorstehende Fall zeigt, welche gravierenden Konsequenzen mit einem Fehler verbunden sein können. Trotz fristgerechter Klageerhebung hat der Arbeitnehmer den Prozess verloren. Die Entscheidung macht deutlich, dass es nicht nur auf die Einhaltung prozessualer Fristen ankommt, sondern auch auf die genaue Formulierung des Klageziels.    

  

Verfasser: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Nicolai Besgen

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