Zum Hintergrund:

 

Die Frage, ob ein Mieter durch individualvertragliche Vereinbarung im Wohnungsmietvertrag befristet auf sein gesetzliches Kündigungsrecht verzichten kann, war bisher in Rechtssprechung und Literatur lebhaft umstritten. Der Grund  hierfür findet sich in der Vorschrift des § 573c BGB. Hiernach sind im Falle der ordentlichen Kündigung bestimmte Fristen einzuhalten, die je nach Dauer des Mietverhältnisses zwischen drei und neun Monaten betragen. Damit soll den Parteien des Mietvertrags Gelegenheit gegeben werden, sich rechtzeitig und mit genügend Vorlauf auf die zukünftigen Verhältnisse einzustellen. § 573c Absatz 4 BGB bestimmt, das von den gesetzlichen Kündigungsfristen nicht zum Nachteil des Mieters abgewichen werden darf. Eine abweichende Vereinbarung ist unwirksam.

 

Dieses Verbot der Abweichung von den gesetzlichen Kündigungsfristen zum Nachteil des Mieters führte dazu, dass sich vereinzelt die Auffassung durchsetzte, dass auch ein befristeter Ausschluss des Rechts zu ordentlichen Kündigung durch den Mieter nicht zulässig sei, und zwar auch dann nicht, wenn zugleich das Recht des Vermieters zur ordentlichen Kündigung ausgeschlossen wird (Palandt/Weidenkaff      § 573c, Rn. 3 m.n.W). Der 8. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte unlängst Gelegenheit, über diese Streitfrage zu entscheiden.

 

Der Fall:

 

In dem zu entscheidenden Fall hatten die Beklagten eine Wohnung durch Formularmietvertrag auf unbestimmte Zeit angemietet. Das Mietverhältnis sollte am 01.01.2002 beginnen. In einem handschriftlichen Zusatz zum Mietvertrag vereinbarten die Parteien, dass die Mieter für die Dauer von 60 Monaten auf ihr gesetzliches Kündigungsrecht verzichten. Die Beklagten teilten dem Vermieter dann vor Mietbeginn mit, dass sie an einer Erfüllung des Mietverhältnisses nicht mehr interessiert seien und kündigten den Mietvertrag hilfsweise. Zahlungen des Mietzinses erfolgten lediglich für den Monat Januar 2002. Die Wohnung wurde ab April 2002 anderweitig vermietet. Mit Ihrer Klage nahmen die Kläger die Beklagten auf Mietzahlung für die Monate Februar und März 2002 in Anspruch. Die Klage war in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.

 

 

Die Entscheidung:

 

Auf die vom Berufsgericht zugelassenen Revision hat der Bundesgerichtshof der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung führt er aus:

 

Entgegen der Ansicht des Landgerichts liege in der von den Parteien getroffenen Vereinbarungen kein Verstoß gegen § 573c Absatz 4 BGB.  Die Vereinbarung eines Kündigungsverzichts führe nicht zu einer Veränderung der einzuhaltenden Kündigungsfristen. Nur dies sei aber Gegenstand der gesetzlichen Regelung. Die Frage, mit welcher Frist ein Mietverhältnis gekündigt werden könne, stelle sich erst, wenn dem Kündigenden ein Kündigungsrecht zustehe. Ein solches Kündigungsrecht könne unbeschadet der Vorschrift des § 573c Absatz 4 BGB von den Parteien für einen bestimmten Zeitraum ausgeschlossen werden.

 

Weiter führt der BGH aus, dass auch die Entstehungsgeschichte des Mietrechtsreformgesetzes aus dem Jahre 2001 gegen ein Verbot von Kündigungsausschlussvereinbarungen spreche.  Nach alter Rechtslage seien Vereinbarungen dieser Art zulässig gewesen. Ferner sei in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 575 BGB ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass die Parteien einen weiteren unbefristeten Mietvertrag schließen und für einen vertraglich festgelegten Zeitraum auf ihr ordentliches Kündigungsrecht beiderseits verzichten könnten (BT- Drucksache 14/4553 Seite 69). Hieraus könne entnommen werden, dass der Gesetzgeber den bisherigen Rechtszustand nicht habe ändern wollen. Bei Vereinbarungen eines Kündigungsverzichts nach Ablauf des festgelegten Zeitraums solle sich lediglich die nunmehr dreimonatige Kündigungsfrist des Mieters anschließen.

 

Der BGH begründet seine Entscheidung ferner damit, dass der Schutzzweck des              § 573c Absatz 1 und 4 BGB eine Einschränkung der Zulässigkeit eines Kündigungsverzichts nicht gebiete. Trotz der zur Begründung der Verkürzung der Fristen für eine Kündigung durch den Mieter angeführte Mobilität und Flexibilität habe der Gesetzgeber die Zulässigkeit der Vereinbarung eines Kündigungsverzichts anerkannt und auch in anderem Zusammenhang die Stärkung der Vertragsfreiheit betont. Im Anschluss an den Zeitraum des vereinbarten Kündigungsverzichts genieße der Mieter ferner vollen Mieterschutz. Im übrigen könnten die finanziellen Folgen für den Mieter im Falle einer vorzeitigen Aufgabe der Mietwohnung durch eine Weitervermietung  im Regelfall abgemildert werden.

 

Die Vereinbarung eines befristeten Kündigungsausschlusses stelle ferner keinen Verstoß gegen § 575 Absatz 4 BGB dar, denn durch die Regelung des Zeitmietvertrages solle zugunsten des Mieters eine automatische Beendigung des Wohnraummietverhältnisses durch Zeitablauf außerhalb der privilegierten Be-fristungsgründe verhindert werden. Mit dieser Regelung solle dem Mieter Schutz vor Verlust der Wohnung, nicht aber vor einer längeren Bindung an den Vertrag, wie sie durch die Vereinbarung eines befristeten Kündigungsausschlusses beabsichtigt sei, gewährt werden.

 

Fazit:

 

Die Entscheidung des BGH beendet einen Meinungsstreit und bringt den Parteien eines Mietvertrages mehr Sicherheit bei der Vertragsgestaltung. Der Mieter kann befristet auf sein gesetzliches Kündigungsrecht verzichten. Fraglich bleibt, welchen Zeitraum eine Befristung redlicher Weise nicht überschreiten darf. Ein Ausschluss des Kündigungsrechts für die Dauer von 60 Monaten ist jedenfalls nach der hier mitgeteilten Entscheidung zulässig.

 

 

Mitgeteilt von Rechtsanwalt Alexander Wolf, LL.M.

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen