10.03.2004

 Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 4. März 2004 (III ZR 96/ 03) entschieden, ein Telefonkunde müsse dem Netzbetreiber nicht die erhöhte Vergütung für Verbindungen zu einer 0190- oder 0900 – Mehrwertdienstenummer zahlen, wenn die Anwahl zu dieser Nummer über einen heimlich im Computer des Kunden installierten sog. Dialer erfolgte und dem Anschlussinhaber insoweit kein Sorgfaltsverstoß zur Last fällt.

Die Klägerin, eine Telefonnetzbetreiberin, verlangte von der Beklagten, mit der sie einen Vertrag über einen ISDN-Anschluss und über Telefondienstleistungen geschlossen hatte, Zahlung von rund 9.000 €. Die berechneten Beträge beruhen zum großen Teil auf Verbindungen, die von Mai bis August 2000 zu einer bestimmten 0190 -Mehrwertdienstenummer hergestellt wurden. Der Sohn der Beklagten hatte beim Surfen im Internet eine Datei auf seinen PC heruntergeladen, die eine Beschleunigung der Datenübertragung versprach; tatsächlich verbarg sich in der Datei indes ein sogenannter Dialer. Dieser veränderte die Standardeinstellungen des Computers derart, dass sämtliche Verbindungen in das Internet fortan über eine teure 0190 – Mehrwertdienstenummer hergestellt wurden. Das Löschen der scheinbar der Datenbeschleunigung dienenden Datei machte diese Veränderungen nicht mehr rückgängig. Die Manipulationen waren bei standardmäßiger Nutzung des Computers nicht bemerkbar.

Bereits das Berufungsgericht hatte die Klage im wesentlichen abgewiesen und der Klägerin lediglich die Beträge zuerkannt, die angefallen wären, wenn die Verbindungen in das Internet über die von der Klägerin bereitgestellte Standardnummer angewählt worden wären. Die Klägerin müsse sich das Vorgehen des Inhabers der Mehrwertdienstenummer zurechnen lassen. Dementsprechend stehe der Vergütungsforderung der Klägerin ein Schadensersatzanspruch der Beklagten entgegen, so dass diese so gestellt werden müsse, als ob sich der Dialer nicht eingeschlichen hätte.

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Der Vertrag der Parteien enthielt keine ausdrückliche Bestimmung, die einen Fall wie den vorliegenden regelte. Der Senat hat jedoch durch ergänzende Vertragsauslegung eine Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin und den Rechtsgedanken des § 16 Abs. 3 Satz 3 Telekommunikations-Kundenschutzverordnung  (TKV) herangezogen, wonach der Kunde nicht zahlen muss, wenn ein Dritter ohne Verschulden des Kunden den Anschluss nutzt. Da die Klägerin ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Nutzung der Mehrwertdienste habe – sie muss nur einen Teil des erhöhten Entgelts an andere Netz- und Plattformbetreiber abführen – , sei es angemessen, sie das Risiko eines solchen Missbrauchs der 0190-Nummern tragen zu lassen, den ihre Kunden nicht zu vertreten haben.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs konnte der Beklagten und ihrem Sohn auch nicht vorgeworfen werden, zu wenig sorgfältig gewesen zu sein. Sie hätten keinen besonderen Anlass zu Schutzvorkehrungen gehabt, da der Dialer nicht bemerkbar war. Auch eine routinemäßige Vorsorge gegen Anwahlprogramme könne nicht erwartet werden.

Verfasser: Daniel Möller, Dipl. Jur.

Quelle: Pressestelle des Bundesgerichtshofs

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen