Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) zeigt in einem neuen Urteil (Az. XI ZR 398/02 – Urteil v. 3.2.2004) Grundstücks- bzw. Wohnungseigentümern eine Alternative zur – in der Regel teuren – Vorfälligkeitsentschädigung bei Veräußerung einer Immobilie vor Ablauf der Kreditlaufzeit: Anstelle der Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung könne der Darlehensnehmer eine gleichwertige Absicherung, z.B. ein anderes Grundstück als Sicherheit anbieten und den Kredit dann fortführen.

 

Zum Hintergrund:

Wird ein Darlehen vor Ende der Laufzeit gekündigt, so hat die Bank in der Regel zum Ausgleich ihrer wirtschaftlichen Nachteile und Kosten (entgangenen Gewinn, Zinsverluste etc.) Anspruch auf eine so genannte Vorfälligkeitsentschädigung, zu deren Berechnung der BGH ebenfalls eine Reihe von Grundsätzen aufgestellt hat (vgl. hierzu das grundlegende Urteil des BGH vom 01.07.1997 – XI ZR 267/96 sowie das Urteil des BGH vom 06.05.2003 – XI ZR 226/02). In der Regel handelt es sich dabei um vier- bis fünfstellige Beträge.

 

Der Fall:

Im zu entscheidenden Fall ging es darum, ob dem Kreditnehmer bei Veräußerung des beliehenen Objekts ein Anspruch gegen den Kreditgeber auf Austausch des vereinbarten Sicherungsmittels zusteht.

 

Im Jahr 1997 schloss der Kläger mit der beklagten Bank einen Realkreditvertrag über 130.000,- DM mit einem auf zehn Jahre fest bestimmten Zinssatz zur Finanzierung eines 197 qm großen Hausgrundstücks geschlossen. Das Darlehen wurde u.a. durch eine erstrangige Grundschuld auf diesem Grundstück abgesichert. Nach Geburt des zweiten Kindes verkaufte der Kläger das belastete, zu klein gewordene Haus lastenfrei, erwarb ein 506 qm großes Hausgrundstück in derselben Stadt, legte der Beklagten für dieses ein Verkehrswertgutachten über 800.000,- DM vor und bat sowohl um die Berechnung einer Vorfälligkeitsentschädigung per 31. August 2001 als auch um Mitteilung, ob die Beklagte mit einer Fortführung des Darlehens unter Besicherung durch eine erstrangige Grundschuld auf dem neu erworbenen Grundstück einverstanden sei. Die Beklagte erstellte die erbetene Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung, lehnte aber den daraufhin vom Kläger gewählten Austausch des Besicherungsobjekts aus „geschäftspolitischen Erwägungen“ ab. Der Kläger löste das Darlehen ab und zahlte die berechnete Vorfälligkeitsentschädigung unter Vorbehalt. Mit der in den Vorinstanzen erfolglos gebliebenen Klage verlangt er den gezahlten Betrag zurück.

 

Auf die Revision des Klägers hob der Bundesgerichtshof das Berufungsurteil auf und verwies die Sache an das Berufungsgericht zurück.

 

Nach der Rechtsprechung des Senats kann bei einem Festzinskredit mit vertraglich vereinbarter Laufzeit das Bedürfnis des Kreditnehmers nach einer anderweitigen Verwertung des beliehenen Objekts eine Verpflichtung des Kreditgebers begründen, in eine vorzeitige Darlehensablösung gegen angemessene Vorfälligkeitsentschädigung einzuwilligen (vgl. dazu grundlegend das Urteil des BGH vom 01.07.1997 – XI ZR 267/96).

 

Das bedeutet nach der neuen Entscheidung des Senats gleichwohl nicht, dass nicht auch eine erheblich weniger weitreichende Modifizierung des Vertragsinhalts in Betracht kommt, wenn die Veräußerung des belasteten Grundstücks eine Ablösung des Kredits nicht erfordert, sondern dem berechtigten Interesse des Kreditnehmers an der von ihm gewünschten Verwertung des belasteten Grundstücks schon mit einem bloßen Austausch des vereinbarten Sicherungsmittels bei sonst unverändert fortbestehendem Darlehensvertrag gedient und der Austausch der Bank mangels eines schutzwürdigen Eigeninteresses zuzumuten ist. Letzteres ist der Fall, wenn eine vom Kreditnehmer als Ersatz angebotene Grundschuld das Risiko der Kredit gebenden Bank genauso gut abdeckt wie die im Darlehensvertrag vereinbarte und der Bank alsdann eingeräumte Grundschuld, der Kreditnehmer bereit und in der Lage ist, alle mit dem Sicherheitenaustausch verbundenen Kosten zu tragen, und die Bank auch keine sonstigen Nachteile bei der Verwaltung oder Verwertung der Ersatzsicherheit befürchten muss.

 

Zu diesen Voraussetzungen muss das Berufungsgericht im konkreten Fall noch Beweis erheben.

 

Konsequenz für die Praxis:

Sofern Sie eine Immobilie mit Grundstück verkaufen wollen, gleichzeitig aber eine andere Immobilie besitzen oder erwerben möchten (z.B. Verkauf einer Eigentumswohnung und Kauf eines Hauses im Grünen) und den bisherigen Kredit nicht ablösen, sondern weiterführen wollen, sollten Sie Ihrer Bank einen Austausch der bisherigen Sicherheiten anbieten.

Ungeachtet dessen sollten Sie bei vorzeitiger Ablösung eines Immobilienkredites die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung daraufhin prüfen, ob sie den Vorgaben der Rechtsprechung entspricht oder die Bank eine zu hohe Entschädigung berechnet hat. Der Rechtsanwalt Ihres Vertrauens hilft Ihnen dabei sicher gern.

Verfasser: RA Alexander Knauss

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