Zeugnisformulierungen sind immer wieder Gegenstand von zahlreichen arbeitsgerichtlichen Rechtsstreiten. In einem jetzt bekannt gewordenen Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf ging es um die Beschreibung eines Arbeitnehmers in einem Arbeitszeugnis als „anspruchsvoll und kritisch“. Der Arbeitnehmer empfand die Formulierung als zu negativ und machte zudem geltend, wegen des unrichtigen Zeugnisses habe er keine neue Arbeitsstelle gefunden (LAG Düsseldorf, Urt. v. 23. 7. 2003 – 12 Sa 232/03 -, Pressemitteilung; vgl. zum Zeugnis allgemein: ABC der Kündigung, 5. Auflage 2004, Stollfuß Verlag Bonn/Berlin, Stichwort Zeugnis/Zwischenzeugnis). Das LAG Düsseldorf hat die Ansprüche zurückgewiesen.
Gesamtbild ausschlaggebend
Die Beurteilung eines Arbeitnehmers als „anspruchsvoll und kritisch“ ist nicht zwingend negativ. Sie kann zwar bedeuten, dass der Arbeitnehmer eigensüchtig ist und auf seine Rechte pocht. Damit kann aber auch gemeint sein, dass der Arbeitnehmer im positiven Sinn leistungsorientiert und sachkritisch ist.
Das LAG hat daher entschieden, dass die Formulierung „anspruchsvoll und kritisch“ mehrdeutig ist. Entscheidend ist vielmehr, in welchem Kontext die Formulierung steht und wie sie sich in das durch das Zeugnis vermittelte Gesamtbild einfügt.
Im Streitfall wurde der Arbeitnehmer im Übrigen in dem Zeugnis sehr positiv beurteilt. Insbesondere die Verknüpfung der Attribute „anspruchsvoll und kritisch“ mit dem Zusatz „sein Verhalten war stets einwandfrei“ steht einer negativen Auslegung nach Meinung des LAG entgegen.
Schadensersatz nur in Ausnahmefällen
Ein Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber kann dann in Betracht kommen, wenn dem Arbeitnehmer durch eine fehlerhafte Behandlung des Zeugnisanspruchs ein Schaden entsteht. Allerdings muss der Nachweis, dass ein Schaden gerade durch die nicht ordnungsgemäße Zeugniserteilung eingetreten ist, vom Arbeitnehmer geführt werden. Gegebenenfalls kommt zudem eine verminderte Haftung wegen mitwirkenden Verschuldens des Arbeitnehmers nach § 254 BGB in Betracht.
Ein Arbeitgeber kann sich schließlich gegenüber Dritten nach § 826 BGB schadensersatzpflichtig machen, wenn sich diese auf die Richtigkeit des Zeugnisses verlassen haben und der Arbeitgeber bewusst wahrheitswidrig ein Zeugnis erteilt hat.
All diese Voraussetzungen waren jedoch vorliegend nicht erfüllt. Es war schon nicht dargelegt und bewiesen, dass die Einstellung allein wegen der angegriffenen Zeugnisformulierung nicht erfolgt ist. Zudem ist es auch eher unwahrscheinlich, dass ein Arbeitnehmer lediglich wegen einer mehrdeutigen Formulierung in einem ansonsten guten Zeugnis nicht eingestellt wird und er auch in einem positiv verlaufenden Vorstellungsgespräch keine Gelegenheit erhält, hierzu Stellung zu nehmen.
Hinweis für die Praxis:
Der Entscheidung des LAG Düsseldorf können wir uns nur anschließen. Zeugnisformulierungen können nicht isoliert beurteilt werden. Maßgeblich ist vielmehr das in einem Arbeitszeugnis vermittelte Gesamtbild. Der Fall macht aber deutlich, dass bestimmte Formulierungen immer wieder unterschiedlich bewertet werden. Wir empfehlen daher, Unklarheiten bereits im Vorfeld auszuräumen und es nicht zu einem zeit- und kostenaufwendigen Rechtsstreit kommen zu lassen.
Verfasser: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Nicolai Besgen
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