27.05.2004 -

Das Arbeitsgericht Weiden hat sich in einem nun bekannt gewordenen Urteil gegen die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Befristung des Urlaubsabgeltungsanspruchs mit beachtlichen Argumenten gewandt. Wir möchten die Entscheidung zum Anlass nehmen, auf die komplizierte Rechtslage zu dieser Problematik hinzuweisen und die wesentlichen Grundsätze des BAG darzustellen (Arbeitsgericht Weiden, Urt. v. 3. 12. 2003 – 1 Ca 1002/03 -, kann über die Homepage des Landesarbeitsgerichts Nürnberg www.arbg.bayern.de im Volltext abgerufen werden; Vgl. BAG, Urt. v. 5. 12. 1995 – 9 AZR 871/94 -, NZA 1996, 594; ferner BAG, Urt. v. 19. 1. 1993 – 9 AZR 8/92 -, DB 1993, 1724).

I.            Urlaubsabgeltungsanspruch ist Surrogat für den Urlaubsanspruch

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) ein Surrogat für den wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr erfüllbaren Urlaubsanspruch. Er entsteht, ohne dass es dafür weitere Handlungen des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers bedarf, mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Zu diesem Zeitpunkt wandelt sich der noch nicht erfüllte Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers in einen Abgeltungsanspruch um.

Nach § 7 Abs. 4 BUrlG soll der Arbeitnehmer so gestellt werden, als würde weiterhin bis zum Ende des Urlaubsjahres oder ggf. des Übertragungszeitraums die Arbeitspflicht durch Gewährung des Urlaubs suspendiert werden können und daher weiterhin ein Urlaubsentgeltanspruch, also ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts ohne Arbeitsleistung, möglich sein. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts ist der Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG daher kein Abfindungsanspruch, für den es auf eine Bindung an die Voraussetzungen des Urlaubsanspruchs und seiner Erfüllung nicht ankommt.

II.            Abgeltungsanspruch unterliegt der Befristung!

Der Urlaubsabgeltungsanspruch ist als Erfüllungssurrogat für den wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zu verwirklichenden Urlaub an die gleichen Voraussetzungen gebunden wie zuvor der Urlaubsanspruch selbst. Kann daher aufgrund des Abgeltungsanspruchs nach § 7 Abs. 4 BUrlG der Arbeitnehmer verlangen, jedenfalls für das ihm zu zahlende Urlaubsentgelt so gestellt zu werden, als ob das Arbeitsverhältnis fortbestünde, unterliegt der Urlaubsabgeltungsanspruch ebenso der Befristung wie der Urlaubsanspruch selbst. Der Abgeltungsanspruch verfällt damit innerhalb der Befristung des § 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG. Wird also der Urlaubsabgeltungsanspruch, der sich auf einen übertragenen Urlaub bezieht, erst nach Ablauf des 31. März eines Jahres geltend gemacht, ist er ebenso verfallen, wie der Urlaubsanspruch selbst. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Vgl. BAG, Urt. v. 5. 12. 1995 – 9 AZR 871/94 -, NZA 1996, 594; ferner BAG, Urt. v. 19. 1. 1993 – 9 AZR 8/92 -, DB 1993, 1724).

III.        Fall des Arbeitsgerichts Weiden

Das Arbeitsgericht Weiden hat nun in einem Urteil vom 3. Dezember 2003 beachtliche Argumente gegen diese Rechtsprechung vorgebracht. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall endete das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2002. Der Resturlaub aus dem Jahre 2002 wurde bereits vor Beendigung auf das Folgejahr übertragen bzw. er sollte im Januar bis März verwendet werden. Dies war wegen der Beendigung zum Jahresende 2002 jedoch nicht mehr möglich. Den Urlaubsabgeltungsanspruch machte der Arbeitnehmer jedoch nicht innerhalb der ersten drei Monate des Jahres 2003 geltend, sondern vielmehr erfolgte die entsprechende Geltendmachung erst im Juli 2003. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wäre dann dieser Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG verfristet gewesen.

Das Arbeitsgericht Weiden erkennt den Surrogatcharakter des Abgeltungsanspruchs grundsätzlich an. Die Surrogatswirkung sei jedoch erschöpft, wenn an die Stelle des Urlaubsanspruchs der Geldanspruch getreten sei. Dieser Geldanspruch bedürfe nicht des besonderen Schutzes wie die bezahlte Freistellung von der Arbeit. Insbesondere könne wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Erholungszweck ohnehin nicht mehr erreicht werden. Nach Auffassung des Arbeitsgerichts Weiden unterliege daher der Urlaubsabgeltungsanspruch lediglich den allgemeinen Verjährungsfristen bzw., soweit einschlägig, tariflichen Verfallfristen.

Hinweis für die Praxis:

In der betrieblichen Praxis ist nach wie vor die geltende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts anzuwenden. Allerdings hat das Arbeitsgericht Weiden nach unserer Auffassung beachtliche Argumente für einen Rechtsprechungswandel vorgebracht. Es ist für die Zukunft nicht auszuschließen, dass ein Rechtsprechungswandel eintritt. Wir werden Sie hierüber, wie gewohnt, zeitnah unterrichten.

 

Verfasser: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Nicolai Besgen

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