21.02.2018

Je höher die Einkünfte des unterhaltspflichtigen Ehepartners, desto eher gilt die Vermutung, dass Teile des Einkommens für die Vermögensbildung und nicht mehr für den laufenden Lebensbedarf eingesetzt werden. Zwar hält der BGH in seiner neuen Entscheidung daran fest, dass es einzelfallabhängig ist, ab welcher Höhe des Einkommens nicht mehr von einem vollständigen Verbrauch der monatlichen Einkünfte für den Familienunterhalt auszugehen ist. Jedenfalls aber kann der vollständige Verbrauch des Familieneinkommens für Konsumzwecke (noch) vermutet werden, wenn die Nettoeinkünfte nicht über einem Betrag von 11.000,00 Euro monatlich liegen.

Der Fall:

Die Ehefrau machte gegenüber ihrem getrennt lebenden Ehemann im Wege eines Stufenantra-ges Trennungsunterhalt bei Gericht geltend. Auf der ersten Stufe verlangte sie Auskunft über seine erzielten Einkünfte, um mithilfe der Auskunft ihren Unterhaltsanspruch beziffern zu kön-nen. Der Ehemann, der über monatliche Nettoeinkünfte in Höhe von 6.000,00 Euro bis 7.000,00 Euro verfügte, hatte sich für unbegrenzt leistungsfähig erklärt und damit zum Ausdruck ge-bracht, dass er zur Zahlung des geltend gemachten Trennungsunterhaltes in jedem Fall in der Lage sei. Das Amtsgericht lehnte den Auskunftsanspruch der Ehefrau mit dem Argument ab, dass die Auskunft nicht erforderlich sei, weil die Ehefrau ihren Unterhaltsanspruch ohnehin
konkret zu beziffern habe und eine Berechnung des Unterhalts nach Quote nicht in Betracht komme.


Der aktuelle BGH-Beschluss befasst sich mit der Auskunftsverpflichtung über die Einkommensverhältnisse beim Ehegattenunterhalt.  

Die Entscheidung:

Mit Beschluss vom 15.11.2017 (XII ZB 503/16) entschied der BGH nun zum einen, dass eine Auskunftsverpflichtung nur dann, und damit in äußerst seltenen Fällen, nicht besteht, wenn die Auskunft über die Einkommensverhältnisse den Unterhaltsanspruch unter keinen Umständen beeinflussen kann. Auch wenn der konkrete Bedarf des Unterhaltsberechtigten unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen feststeht, bleibt die Auskunftspflicht bestehen. Zum anderen äußerte der BGH sich dazu, ab welcher Einkunftshöhe der Ehegattenunterhalt nicht mehr nach Quote zu berechnen ist.

Zum Hintergrund:

Beim nachehelichen Unterhalt bemisst sich der Unterhaltsbedarf – und damit das, was der un-terhaltsbedürftige Ehegatte an Unterhalt benötigt – nach den ehelichen Lebensverhältnissen, also in der Regel nach dem vorhandenen Familieneinkommen. Handelt es sich um durchschnittliche Einkommensverhältnisse, wird der Unterhalt nach einer Quote ermittelt. Hier gilt der sogenannte Halbteilungsgrundsatz. Die von beiden Ehegatten erzielten Einkünfte werden zunächst addiert und anschließend halbiert. Von diesem Betrag wird wiederum das von dem unterhaltsbedürftigen Ehepartner erzielte Einkommen abgezogen. Das, was dann verbleibt, stellt den Unterhaltsbedarf und damit den Unterhaltsanspruch des Ehepartners dar. Bei dieser Methode geht man davon aus, dass im Wesentlichen das gesamte Einkommen zu Konsumzwecken verbraucht wird. Ausnahmen von diesem Grundsatz werden dann gemacht, wenn die Einkommensverhältnisse besonders günstig sind. Denn wenn die Einkünfte einen gewissen Betrag übersteigen, liegt die Vermutung nahe, dass nicht mehr alle Einkünfte für den Konsum verbraucht, sondern vielmehr ein Teil gespart wird. In diesen Fällen wäre eine Berechnung des Unterhalts nach Quote ungerecht. Wird der Unterhalt nicht nach Quote ermittelt, muss der unterhaltsbedürftige Ehepartner seinen Bedarf konkret beziffern, das heißt, jede einzelne Bedarfsposition (Lebensmittel, Kleidung, Medikamente, Reisen etc.) konkret auflisten und so den monatlichen Unterhaltsbedarf bestimmen.

Nach der Entscheidung des BGH besteht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass das
Familieneinkommen jedenfalls dann noch vollständig für Konsumzwecke verbraucht wird, wenn die Einkünfte nicht höher ausfallen als das Doppelte des höchsten Einkommensbetrages der Düsseldorfer Tabelle, also derzeit 11.000,00 Euro monatlich. Das bedeutet, dass eine konkrete
Bedarfsberechnung erst dann zu erfolgen hat, wenn das Familieneinkommen über 11.000,00 Euro monatlich liegt. Zwar ist auch bei noch höheren Einkünften weiterhin eine Berechnung des Unterhalts nach Quote möglich, der unterhaltsberechtigte Ehepartner muss dann aber beweisen, dass alle Einkünfte für den Konsum verbraucht wurden.


Die relative Sättigungsgrenze bezifferte der BGH in seinem aktuellen Beschluss auf 11.000 Euro monatlich. Das entspricht dem Doppelten des höchsten Einkommensbetrages der Düsseldorfer Tabelle.  

Fazit:

Da die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zur sog. relativen Sättigungsgrenze, also der Grenze, bis zu welcher der vollständige Verbrauch der Einkünfte zu Konsumzwecken vermutet wird, uneinheitlich ist, bleibt zu hoffen, dass mit der Entscheidung des BGH nun eine verlässliche Grenze für die konkrete Bedarfsberechnung vorliegt. Allerdings hat der BGH auch betont, dass die Entscheidung grundsätzlich einzelfallabhängig ist und damit die Möglichkeit ausdrücklich offengelassen, die Sättigungsgrenze auch anders zu bemessen.

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen