07.03.2018 -

Die Bestellung eines Wahlvorstands richtet sich nach den §§ 16, 17 BetrVG. Die Voraussetzungen sind für Betriebe mit Betriebsrat in § 16 BetrVG geregelt und in betriebsratslosen Betrieben in § 17 BetrVG. Das Bundesarbeitsgericht hat das Verhältnis dieser beiden Vorschriften klargestellt und insbesondere der im Betrieb vertretenen Gewerkschaft aufgezeigt, in welchen Fällen sie zuständig ist und in welchen nicht (BAG v. 23.11.2016, 7 ABR 13/15). Wir möchten wegen des sehr speziellen Sachverhalts nur auf die wesentlichen Kernaussagen der Entscheidung eingehen.


I. Betriebe mit Betriebsrat

Die Bestellung des Wahlvorstands in Betrieben mit Betriebsrat regelt § 16 BetrVG. Nach § 16 Abs. 1 BetrVG bestellt danach der Betriebsrat spätestens zehn Wochen vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats einen aus drei Wahlberechtigten bestehenden Wahlvorstand und einen von ihnen als Vorsitzenden. Besteht acht Wochen vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats kein Wahlvorstand, bestellt ihn nach § 16 Abs. 2 BetrVG das Arbeitsgericht auf Antrag von mindestens drei Wahlberechtigten oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft.

Hinweis für die Praxis:

Das Arbeitsgericht kann in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern auch Mitglieder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft, die nicht Arbeitnehmer des Betriebsrats sind, zu Mitgliedern des Wahlvorstands bestellen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist. Im Übrigen können auch ein im Unternehmen bestehender Gesamtbetriebsrat oder, falls ein solcher nicht besteht, ein Konzernbetriebsrat den Wahlvorstand bestellen, wenn acht Wochen vor Ablauf der Amtszeit noch kein Wahlvorstand gebildet wurde.

II. Betriebe ohne Betriebsrat

Besteht hingegen in einem Betrieb kein Betriebsrat, wird der Wahlvorstand nach § 17 Abs. 1 BetrVG durch den Gesamtbetriebsrat oder, falls ein solcher nicht besteht, den Konzernbetriebsrat bestellt. Bestehen weder ein Gesamt- noch ein Konzernbetriebsrat oder unterlässt der Gesamt- oder Konzernbetriebsrat die Bestellung des Wahlvorstandes, wird der Wahlvorstand nach § 17 Abs. 2 BetrVG in einer Betriebsversammlung von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer gewählt. Zu dieser Betriebsversammlung können drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft einladen.

Hinweis für die Praxis:

Findet trotz Einladung keine Betriebsversammlung statt oder wählt die Betriebsversammlung keinen Wahlvorstand, so bestellt ihn das Arbeitsgericht nach § 17 Abs. 4 BetrVG auf Antrag von mindestens drei Wahlberechtigten oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft. Die Gewerkschaft ist hier also erst dann zuständig, wenn die vorherigen Versuche, einen Wahlvorstand zu bilden, gescheitert sind.

III. Abgrenzungsfragen

Die Vorschriften können Abgrenzungsfragen aufwerfen. Das Bundesarbeitsgericht hat dazu nun klargestellt, dass es für die Abgrenzung, ob sich die gerichtliche Bestellung des Wahlvorstands nach § 16 Abs. 2 BetrVG oder nach § 17 Abs. 4 BetrVG richtet, auf den Zeitpunkt der Antragstellung ankommt. Wird das auf die Bestellung des Wahlvorstands gerichtete arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren erst nach Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats eingeleitet, findet § 17 Abs. 4 BetrVG Anwendung. Wird das Verfahren dagegen schon vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats eingeleitet, richtet sich die Bestellung des Wahlvorstands auch noch nach Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats durchgehend nach § 16 Abs. 2 BetrVG.

Hinweis für die Praxis:

Maßgeblich ist damit allein der Zeitpunkt der Antragstellung. War zu diesem Zeitpunkt ein Betriebsrat noch im Amt, greift § 16 BetrVG, handelte es sich bereits um einen betriebsratslosen Betrieb, findet § 17 BetrVG Anwendung. Dies gilt dann für das gesamte Bestellungsverfahren.

IV. Sonderfälle des § 13 BetrVG

Der Zeitpunkt der Betriebsratswahlen ist in § 13 Abs. 1 BetrVG geregelt. Die regelmäßigen Betriebsratswahlen finden bekanntlich alle vier Jahre statt, das nächste Mal im Frühjahr 2018 in der Zeit vom 1. März bis 31. Mai 2018.

Die Vorschrift des § 13 Abs. 2 BetrVG regelt darüber hinaus, in welchen Fällen außerhalb dieser Zeit ein Betriebsrat zu wählen ist. Maßgeblich sind vor allem die Nummern 1 bis 3, die folgenden Wortlaut haben:

„(2) Außerhalb dieser Zeit ist der Betriebsrat zu wählen, wenn

1. mit Ablauf von 24 Monaten, vom Tage der Wahl an gerechnet, die Zahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer um die Hälfte, mindestens aber um 50, gestiegen oder gesunken ist,

2. die Gesamtzahl der Betriebsratsmitglieder nach Eintreten sämtlicher Ersatzmitglieder unter die vorgeschriebene Zahl der Betriebsratsmitglieder gesunken ist,

3. der Betriebsrat mit der Mehrheit seiner Mitglieder seinen Rücktritt beschlossen hat.

…“

In diesen Fällen findet, so nunmehr das Bundesarbeitsgericht, die Vorschrift des § 16 Abs. 2 BetrVG grundsätzlich entsprechende Anwendung. Allerdings können dann die in § 16 Abs. 1 und Abs. 3 BetrVG genannten Fristen nicht uneingeschränkt angewandt werden. Denn die in § 16 BetrVG genannten Fristen knüpften an den Ablauf der regulären Amtszeit an und sind damit auf die regelmäßigen Betriebsratswahlen zugeschnitten. In den Fällen des § 13 Abs. 2 Nummern 1 bis 3 BetrVG soll die Betriebsratswahl jedoch nach dem Willen des Gesetzgebers unverzüglich stattfinden. Daher können in diesen Fällen die in § 16 BetrVG genannten Fristen keine Anwendung finden. Vielmehr hat der Betriebsrat unverzüglich ein Wahlvorstand zu bestellen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, kann das Arbeitsgericht auf Antrag von mindestens drei Wahlberechtigten oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft einen Wahlvorstand bestellen.

Hinweis für die Praxis:

Aus der gesetzlichen Wertung des § 16 BetrVG ergibt sich, dass die gerichtliche Bestellung frühestens zwei Wochen nach dem Tag erfolgen kann, an dem der Betriebsrat den Wahlvorstand bei unverzüglichem Handeln spätestens hätte bestellen müssen.

Fazit:

Finden die Betriebsratswahlen außerhalb der regelmäßigen Amtszeit des Betriebsrats nach § 13 Abs. 2 BetrVG statt, ist genau zu prüfen, nach welchen Regeln die Betriebsratswahl durchzuführen, insbesondere der Wahlvorstand zu bestellen ist. Das Bundesarbeitsgericht hat die zu beachtenden Grundsätze zutreffend herausgearbeitet. Der Entscheidung ist zuzustimmen.

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