25.03.2018 -

Die neue Bundesregierung ist frisch im Amt. Ihre politischen Ziele für die neue Legislaturperiode hat sie im Koalitionsvertrag vom 7. Februar 2018 abgesteckt. Für das Arbeitsrecht bleibt manches zwar noch vage. Das gilt insbesondere mit Blick auf die großen arbeitsrechtlichen Herausforderungen, die mit der Digitalisierung verbunden sind. Andere Vorhaben sind aber schon sehr konkret. Mit deren Umsetzung in Gesetzesvorlagen dürfte deshalb schnell, mutmaßlich bereits bis zum Sommer zu rechnen sein. Es lohnt sich also, einen näheren Blick in das 175-seitige Papier zu werfen. Für die tägliche Praxis dürften insbesondere die in Aussicht genommene Begrenzung von Befristungen wie auch der Anspruch auf befristete Teilzeit, aber auch die Begrenzung von Abrufarbeit von erheblicher Bedeutung sein.

2,5-%-Quote bei sachgrundloser Befristung

Arbeitgeber mit mehr als 75 Beschäftigten dürfen nur noch 2,5 % der Belegschaft sachgrundlos befristen. Bei Überschreitungen gilt jedes sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis als unbefristet geschlossen. Die Quote ist jeweils auf den Zeitpunkt der letzten sachgrundlos befristeten Einstellung zu beziehen.

Beispiel: Beschäftigt ein Arbeitgeber 150 Mitarbeiter, dürfen hiervon höchstens drei (2 %) einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag haben. Bei der vierten sachgrundlos befristeten Einstellung (151 Mitarbeiter) überschreitet der Arbeitgeber mit etwa 2,65 % die zulässige Quote. Der zuletzt geschlossene Arbeitsvertrag gilt als unbefristet zustande gekommen.

Die Quote für die höchstzulässige Gesamtzahl sachgrundloser Befristungen ist sehr niedrig gewählt. Viele Arbeitgeber werden mithin künftig ihre Einstellungspraxis deutlich verändern müssen. Aber nicht nur das: Auch auf Sachgrundbefristungen wird die geplante Regelung mittelbare Auswirkungen haben. Bei Sachgrundbefristungen konnte sich der Arbeitgeber bislang in den ersten zwei Jahren hilfsweise auf die sachgrundlos zulässige Befristung verlassen. Angesichts der hohen Anforderungen, die an die sachliche Rechtfertigung von Befristungen gestellt sind, ist diese Option in der Praxis durchaus von erheblicher Bedeutung. Künftig wird dieser Weg nun regelmäßig versperrt sein; Arbeitgeber werden angesichts der neuen Quote eine klare Zuordnung der Befristungsabrede treffen und auch hinreichend dokumentieren müssen. Bei einem Streit um die Einhaltung der Quote dürfte es künftig überdies oftmals wohl auch darum gehen, ob (angebliche) Sachgrundbefristungen tatsächlich tragfähig sind oder nicht vielmehr als sachgrundlose Befristungen zu zählen sind. In Zukunft wird also auch unter diesem Gesichtspunkt auf die Wirksamkeit von Sachgrundbefristungen besonders zu achten sein.

Verkürzung der sachgrundlosen Einzelbefristung

Derzeit beträgt die mögliche Gesamtdauer der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG zwei Jahre. Sie soll laut Koalitionsvertrag verkürzt werden auf 18 Monate. Innerhalb dieser Gesamtdauer soll nicht mehr dreimal, sondern künftig nur noch einmal eine Verlängerung möglich sein. Es werden dabei keine Unterschiede nach Betriebsgröße gemacht.

Beschränkung der Kettenbefristung

Nach dem Willen der neuen Bundesregierung sollen Arbeitsverhältnisse, wenn sie über die Gesamtdauer von fünf Jahren (befristet oder unbefristet) bestanden haben, grundsätzlich nicht mehr weiter befristet werden können, auch wenn hierfür ein Sachgrund bestehen würde. Ein erneutes befristetes Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber soll erst wieder nach drei Jahren möglich sein. Auf die Höchstdauer von fünf Jahren werden auch Beschäftigungszeiten des nunmehr befristet eingestellten Arbeitnehmers angerechnet, in denen er als Leiharbeitnehmer im Betrieb war. Ausnahmen für die Befristungsgrenzen sollen sich aber aus der Eigenart der Tätigkeit ergeben können. Hierzu nennen die Koalitionäre in ihrem Koalitionsvertrag Fußballer und Künstler, bei denen typischerweise nur befristete Verträge geschlossen werden. Die Rechtsprechung (BAG, Urteil vom 17.5.2017 – 7 AZR 420/15 –, NZA 2017, 1600) löst die Problematik der Kettenbefristungen derzeit über die Rechtsfigur des „institutionellen Rechtsmissbrauchs“ und hat erst jüngst recht klare Grenzen eingezogen. Gesetzliche Schranken wie die des neuen Koalitionsvertrags gibt es bisher allerdings nicht.

Kodifikation der Schwellenwerte des BAG zur Abrufarbeit und gesetzliche Mindestarbeitszeit

Die Arbeit auf Abruf nimmt zu. Die Koalitionäre möchten deshalb sicherstellen, dass Arbeitnehmer bei dieser Arbeitsform ausreichend Planungs- und Einkommenssicherheit haben. Deshalb soll nun festgeschrieben werden, dass der Anteil abzurufender und zu vergütender Zusatzarbeit die vereinbarte Mindestarbeitszeit um höchstens 20 % unterschreiten und 25 % überschreiten darf. Nur dieser prozentual festgeschriebene Teil der Arbeitszeit ist also flexibel ausgestaltbar; im Übrigen bedarf es eines festen Arbeitszeit-Sockels. Wird im Arbeitsvertrag keine wöchentliche Arbeitszeit vereinbart, soll künftig eine Mindestarbeitszeit von 20 Stunden gelten. Mit den nun angedachten Begrenzungen von Abrufarbeit werden die vom Bundesarbeitsgericht schon vor einigen Jahren im Urteil vom 7. Dezember 2005 – 5 AZR 535/04 – entwickelten Werte aufgegriffen.

Recht auf befristete Teilzeitarbeit

Die neue Bundesregierung will den derzeit geltenden Teilzeitanspruch in § 8 Abs. 1 TzBfG so modifizieren, dass er auch befristet vom Arbeitnehmer ausgeübt werden kann.

Das neue Recht auf befristete Teilzeit soll aber an Bedingungen geknüpft sein. Macht der Arbeitnehmer den befristeten Teilzeitanspruch geltend, ist er während der zeitlich begrenzten Teilzeit an sein Arbeitszeitvotum gebunden. Eine Verkürzung oder Verlängerung der Teilzeit soll er nicht verlangen können. Befristete Teilzeit soll überdies nur dann beansprucht werden können, wenn der begehrte Zeitraum mindestens ein Jahr und maximal fünf Jahre beträgt. Nach Ablauf der Teilzeit soll eine Sperrfrist von einem Jahr gelten, in der wieder Vollzeit gearbeitet werden muss. Die Bundesregierung will den Anspruch zudem von der Unternehmensgröße abhängig machen. Der Arbeitgeber soll ablehnen können, wenn das Unternehmen nur bis zu 45 Mitarbeiter hat. Bis zur Größe von 200 Mitarbeitern muss befristete Teilzeit nur pro angefangene 15 Arbeitnehmer gewährt werden. Von der Begrenzung erfasst sein dürften aber stets nur sich zeitlich überschneidende Ansprüche. Zu beachten ist, dass bei der Zumutbarkeitsgrenze, die für Unternehmen von bis zu 200 Arbeitnehmern eingezogenen ist, die ersten 45 Mitarbeiter mitgezählt werden.

Beispiel: Werden in einem Unternehmen 46 Mitarbeiter beschäftigt, wäre der Anspruch vier Arbeitnehmern zu gewähren.

Fazit

Der angedachte befristete Teilzeitanspruch wird einem starken Bedürfnis, insbesondere von Frauen gerecht, die wegen der Betreuung ihrer kleinen Kinder die Arbeitszeit über einige Jahre einschränken möchten. Die gesetzliche Begrenzung von Kettenbefristungen dürfte wie die Einschränkung von Abrufarbeit ebenfalls einem berechtigten politischen Anliegen entsprechen; es ist richtig, dass der Gesetzgeber nun seiner Aufgabe gerecht werden will und es nicht weiterhin – wie so oft – der Rechtsprechung überlässt, Wirksamkeitsgrundsätze zu entwickeln. Ob allerdings die Begrenzung der Befristungen mit einer Quote von 2,5 % bei Unternehmen mit mehr als 75 Arbeitnehmern ar-beitsmarktpolitisch sinnvoll ist, kann bezweifelt werden. Die bisherigen Befristungsmöglichkeiten sind ein nicht unangemessenes Korrektiv für den starken allgemeinen Kündigungsschutz, der hohe Hürden für Entlassungen einzieht. Jedenfalls in wirtschaftlich schlechteren Zeiten könnte sich die Befristungsbegrenzung für Arbeitnehmer als kontraproduktiv erweisen und Einstellungen verhindern.

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