13.06.2018 -

Auch weiterhin bleibt Beamten in Deutschland das Streikrecht verwehrt. Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe hält das Streikverbot für Beamte für vereinbar mit dem Grundgesetz. Dies haben die Verfassungsrichter in ihrem Urteil vom 12. Juni 2018 – 2 BvR 1738/12 u. a. klargestellt und die Verfassungsbeschwerden von vier beamteten Lehrern zurückgewiesen.


Beamte dürfen nicht streiken. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem aktuellen Urteil bestätigt. 

Hintergrund der Entscheidung

Die vier Beschwerdeführer sind in unterschiedlichen Bundesländern als Lehrer tätig und stehen jeweils in einem Beamtenverhältnis. In der Vergangenheit hatten sie an Streikaktivitäten und Arbeitsniederlegungen während der Arbeitszeit teilgenommen. In der Folge waren gegen die Beamten jeweils Disziplinarverfahren aufgrund ihres Verhaltens eingeleitet worden.

In ihren Verfassungsbeschwerden hatten die Beschwerdeführer vorgetragen, das Streikrecht sei ein Menschenrecht für Jedermann und gelte daher auch für beamtete Lehrer. Es sei nicht erforderlich, allen Beamten die Teilnahme an Streikmaßnahmen zu verwehren, um die Handlungsfähigkeit des Staates sicherzustellen. Ein Streikverbot könne nur für Beamte gelten, die „hoheitlich“ tätig werden, also in erster Linie Polizisten und Soldaten.

Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Die Verfassungsbeschwerden blieben nach dem Urteil der Karlsruher Richter erfolglos. Nach der Rechtsauffassung des Zweiten Senats stellt das Streikverbot für Beamte einen eigenständigen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums gemäß Art. 33 Abs. 5 GG dar. Würde man Beamten ein Streikrecht gewähren, müsse man sämtliche fundamentalen Grundsätze des Berufsbeamtentums in Frage stellen, so der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, in der Urteilsbegründung.
Zwar dürften sich auch Beamte auf das Grundrecht der Koalitionsfreiheit aus Artikel 9 Abs. 3 GG berufen. So sei es Beamten nicht verwehrt, einer Gewerkschaft beizutreten, um ihre Interessen in organisierter Form zu vertreten. Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit werde jedoch durch die Schranke der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, wozu auch das Streikverbot gehöre, begrenzt.

Insbesondere aufgrund des hohen Stellenwertes des Bildungssystems sei es notwendig, beamteten Lehrern das Streikrecht zu verwehren. Zudem sei es mit den grundsätzlichen Wertvorstellungen des Beamtentums nicht zu vereinen, wenn sich die Beamten einerseits auf die Vorteile eines Beamtenverhältnisses berufen könnten, andererseits jedoch die Bedingungen im Wege der Arbeitsniederlegung bekämpfen könnten.

Fazit

Zwar waren die Beschwerdeführer allesamt beamtete Lehrer. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hat jedoch grundsätzliche Bedeutung für das gesamte Beamtentum in Deutschland.

Anders als Arbeitnehmer stehen Beamte in einem besonderen Treueverhältnis zum Staat und haben daher besondere Pflichten. Im Gegenzug zu ihren besonderen Pflichten werden Beamte in vielerlei Hinsicht vom Staat privilegiert. So werden sie nach Bestehen einer Probezeit als Beamte auf Lebenszeit ernannt, erhalten nach Ende der Dienstzeit eine Pension und haben einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung. Dieser Sonderstatus soll gewährleisten, dass sich die Beamten gegenüber dem Staat in besonderen Maße verpflichtet fühlen, sich daher in ihrer Funktion besonders einsetzen und der Staat aufgrund des besonderen Einsatzes zu jeder Zeit handlungsfähig bleibt.

An der grundsätzlichen Geltung der Koalitionsfreiheit gemäß Artikel 9 Abs. 3 GG ändert die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nichts: Auch weiterhin dürfen Beamte einer Gewerkschaft beitreten und ihre Interessen auf diese Weise vertreten. An Streiks dürfen sich Beamte jedoch nicht beteiligen.

Ein Streikrecht für beamtete Lehrer hätte in Deutschland weitreichende Folgen gehabt: In Deutschland gibt es rund 800.000 Lehrer, wovon in etwa drei Viertel in einem Beamtenverhältnis stehen. Hätte man beamteten Lehrern zu streiken erlaubt, wäre es möglicherweise zu erheblichen Unterrichtsausfällen während der Arbeitsniederlegung gekommen. Zwar werden auch bei Streiks anderer Berufsgruppen wichtige Aufgaben nicht erledigt. Im Bereich der Bildung wären Ausfälle jedoch als besonders gravierend zu beurteilen.

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