25.07.2018 -

Viele Arbeitgeber unterhalten zu Marketingzwecken eine Facebook-Seite. Die Gestaltung erfolgt mittels einer internetbasierten Software, die von Facebook zur Verfügung gestellt wird. Wie verhält es sich hier aber mit der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmung? Haben die Betriebsräte ein Beteiligungsrecht? Das Bundesarbeitsgericht hat nun klargestellt, dass zwar eine Facebook-Seite grundsätzlich keine technische Einrichtung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG darstellt, allerdings die Funktion „Besucher-Beiträge“ mitbestimmungspflichtig ist (BAG v. 13.12.2016, 1 ABR 7/15). Das Bundesarbeitsgericht differenziert damit nach den benutzten Funktionen. Die Entscheidung ist von erheblicher praktischer Bedeutung.


Das Bundesarbeitsgericht musste sich mit der Frage auseinandersetzen, ob den Betriebsräten ein Beteiligungsrecht bei der Gestaltung der betrieblichen Facebook-Seite zusteht. Es hat entschieden, dass die Funktion „Besucher-Beiträge“ mitbestimmungspflichtig ist.

Der Fall:

Die Beteiligten streiten über ein Mitbestimmungsrecht des Konzernbetriebsrats beim Betreiben einer Facebook-Seite.

Die Arbeitgeberin ist das herrschende Unternehmen eines Konzerns, der Blutspendedienste betreibt. In dem Konzern sind etwa 1.300 Arbeitnehmer beschäftigt. Täglich werden durchschnittlich 40 Blutspendetermine durchgeführt. Dafür werden ein Arzt oder mehrere Ärzte sowie drei bis sieben weitere Mitarbeiter eingesetzt.

Schon seit dem 15. April 2013 unterhält die Arbeitgeberin bei Facebook eine Seite zur einheitlichen Präsentation des Konzerns. Die Seite ermöglicht es registrierten Nutzern, „Besucher-Beiträge“ einzustellen (posten), die von allen Besuchern der Seite eingesehen werden können.

Betreut wird die Facebook-Seite von einer unternehmensübergreifenden Gruppe von etwa zehn Arbeitnehmern. Diese stellen die Beiträge ein und sind damit betraut, einzelne Postings ggf. zu kommentieren und auch zu löschen. Die Arbeitnehmer nutzen dazu eine zentrale Administratorenkennung. Über die auf der Facebook-Seite abgebildete Chronik ist ersichtlich, an welchem Tag und zu welcher Uhrzeit dort ein Beitrag oder Kommentar eingestellt oder aktualisiert wurde.

Auf der Facebook-Seite können Nutzer Postings veröffentlichen. So hat am 15. April 2013 ein Nutzer ein Posting auf der Facebook-Seite eingestellt, in dem er sich über das Setzen der Injektionsnadel für eine Blutspende beschwerte. In einem weiteren Posting wurde einem Arzt vorgeworfen, er habe vor der Blutabnahme keine regelgerechte Untersuchung vorgenommen, woraufhin eine Blutspenderin beinah kollabiert sei.

Der Konzernbetriebsrat hat geltend gemacht, das Anmelden und Betreiben der Facebook-Seite erfolge unter Verstoß gegen sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Konzernbetriebsrats (KBR), die Arbeitgeberin zu verpflichten, die Facebook-Seite abzumelden, stattgegeben und die weiteren Anträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat sämtliche Anträge des KBR abgewiesen.

Die Entscheidung:

Im Revisionsverfahren hat das Bundesarbeitsgericht den allgemeinen Antrag, die Facebook-Seite abzumelden, ebenfalls abgewiesen, aber dem weiteren Antrag des KBR, wonach die Arbeitgeberin verpflichtet werden soll, das Einstellen von Postings zu verhindern, solange nicht die Zustimmung des KBR vorliegt, stattgegeben.

I. Facebook keine technische Einrichtung!

Das Bundesarbeitsgericht hat zunächst klargestellt, dass eine Facebook-Seite mit ihren vorgegebenen Funktionen keine technische Einrichtung darstellt, die aufgrund ihrer derzeitigen Auswertungsmöglichkeiten dazu bestimmt ist, das Verhalten und die Leistung von Arbeitnehmern zu überwachen. Die verschiedenen Funktionen auf einer Facebook-Seite (z.B. Bereich „Beiträge“, „Besuche“, „gefällt mir“ oder „Reichweite“) gestatten keine individualisierbaren Auswertungen.

Ein Mitbestimmungsrecht folgt auch nicht daraus, dass die arbeitgeberseitigen „Beiträge“ und „Kommentare“ der mit der Pflege der Facebook-Seite beschäftigten Arbeitnehmer auf dieser mit dem Datum und der Uhrzeit ihrer Einstellung versehen sind. Die Überwachung durch eine technische Einrichtung nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG erfordert, dass die erhobenen Daten einzelnen Arbeitnehmern zugeordnet werden können, sie also individualisierbar sind. Wird lediglich die Gesamtleistung einer Gruppe aufgezeichnet, kommt ein Mitbestimmungsrecht nur in Betracht, wenn der auf die Gruppe ausgeübte Überwachungsdruck auf die einzelnen Gruppenmitglieder durchschlägt. Dies war hier nicht der Fall.

II. Funktion „Besucher-Beiträge“ mitbestimmungspflichtig

Hingegen handelt es sich bei der auf der betriebenen Facebook-Seite eröffneten Möglichkeit, Besucher-Beiträge einzustellen, nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts um eine technische Einrichtung im Sinne des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, die zur Überwachung der Leistung und des Verhaltens der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer bestimmt ist. Die Funktion „Besucher-Beiträge“ erlaubt den Nutzern von Facebook, Postings zum Verhalten und zur Leistung der bei der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmern auf der Seite der Arbeitgeberin einzustellen. Je nach dem Inhalt dieser Besucher-Beiträge können diese namentlich oder situationsbedingt einem bestimmten Arbeitnehmer zugeordnet werden. Solche Besucherbeiträge können daher in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der bei der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer eingreifen. Durch arbeitnehmerbezogene Besucherbeiträge und deren Veröffentlichung auf der Facebook-Seite der Arbeitgeberin werden deren Arbeitnehmer einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt. Sie müssen jederzeit damit rechnen, dass Beiträge zu ihrer Leistung oder ihrem Verhalten gepostet werden und damit nicht nur dem Arbeitgeber, sondern einer unbestimmten Anzahl von Personen, die diese Seite aufrufen, offenbart werden.

Damit ist die Facebook-Seite auch zur Überwachung bestimmt. Es ist unerheblich, dass die Seite nicht auf die Überwachung der Leistung und des Verhaltens beschäftigten Arbeitnehmer ausgerichtet ist oder die Nutzer nicht von ihr aufgefordert werden, „Besucher-Beiträge“ zu dem Verhalten oder der Leistung von Beschäftigten einzustellen. Es genügt, dass ein Posting in Verbindung mit weiteren gewonnenen Erkenntnissen eine Beurteilung ermöglicht.

Hinweis für die Praxis:

Das Bundesarbeitsgericht differenziert also nach den Funktionen, die auf einer Facebook-Seite eingerichtet werden. Werden solche Funktionen deaktiviert und nicht genutzt, besteht auch keine Mitbestimmung. Der allgemeine Betrieb einer Facebook-Seite ist nicht mitbestimmungspflichtig, so dass nur bei der Nutzung zusätzlicher Funktionen, die geeignet sind, die Leistung und das Verhalten zu überwachen, Mitbestimmungsrechte ausgelöst werden.

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