Viele Prozesse über eine Kündigung oder die Wirksamkeit einer Befristung enden durch Vergleich. Wird in einem solchen Vergleich eine (neue) Befristung vereinbart, stellt dies nach § 14 Abs. 1 Nr. 8 TzBfG einen Sachgrund dar. Gerichtliche Befristungsvergleiche sind also privilegiert. Aber: Dies gilt nicht ausnahmslos. Besondere Sorgfalt verlangen Befristungsvergleiche im schriftlichen Verfahren, da hier nur eine Variante die Voraussetzungen für einen Sachgrund erfüllt. Das Bundesarbeitsgericht hat dies in einer aktuellen Entscheidung nochmals für die Praxis klargestellt (BAG v. 21.3.2017, 7 AZR 369/15).
Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 21.03.2017 nochmals klargestellt, dass bei Befristungsvergleichen im schriftlichen Verfahren nur eine Variante die Voraussetzungen für einen Sachgrund erüllt.
Der Fall (verkürzt):
Die klagende Arbeitnehmerin war auf Basis mehrerer Arbeitsverträge zuletzt für den Zeitraum vom 1. Mai 2012 bis 26. Mai 2012 als Codiererin bei dem beklagten Arbeitgeber beschäftigt. Gegen diese letzte Befristung erhob die Klägern Befristungskontrollklage.
Nachdem der Vorsitzende in der Güteverhandlung den Abschluss eines Vergleichs angeregt hatte, erklärte sich die Klägerin bereit, einen Vergleich über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung oder einen Vergleich über eine befristete Weiterbeschäftigung abzuschließen. Der Beklagte teilte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin außergerichtlich mit, sie sei mit dem Beschluss eines Vergleichs über eine befristete Weiterbeschäftigung der Klägerin in der Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2012 einverstanden. Daraufhin übermittelte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Arbeitsgericht einen Vergleichsentwurf und bat das Gericht, den Parteien diesen als Vergleich vorzuschlagen.
Der Arbeitgeber unterbreitete aber dem Gericht einen abweichenden Vergleichsvorschlag. Nach weiterer Abstimmung der Parteien teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Arbeitsgericht einen neuen Vergleichstext mit. Mit diesem Text erklärte der Arbeitgeber sein Einverständnis. Das Arbeitsgericht stellte dann durch Beschluss das Zustandekommen dieses Vergleichs fest.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, für die Befristung bestehe kein Sachgrund. Sie beruhe nicht auf einem gerichtlichen Vergleich im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG, da der Vergleich nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alternative 1 ZPO zu Stande gekommen sei.
Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, der Vergleich sei ein gerichtlicher Vergleich. Der Klägerin sei es im Übrigen jedenfalls nach Treu und Glauben verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der auf ihrem Vergleichsvorschlag beruhenden Befristung zu berufen.
Das Arbeitsgericht hat der Befristungsklage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie hingegen im Berufungsverfahren abgewiesen.
Die Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht hat im Revisionsverfahren die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an die 2. Instanz zurückverwiesen.
I. Varianten eines schriftlichen Vergleichs
Ein Vergleich kann unmittelbar in der mündlichen Verhandlung geschlossen werden. Ein solcher Vergleich erfüllt immer die Voraussetzungen eines gerichtlichen Vergleichs. Wird hingegen der Vergleich im schriftlichen Verfahren abgeschlossen, greift die Sonderregel des § 278 Abs. 6 ZPO. Einen danach zu Stande gekommener Vergleich erfüllt die Voraussetzungen eines gerichtlichen Vergleichs im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG nur dann, wenn das Gericht an dem Vergleich verantwortlich mitwirkt.
Das Verfahren nach § 278 Abs. 6 ZPO sieht zwei Alternativen vor. Ein Vergleich wird dadurch geschlossen, dass die Parteien einen schriftlichen Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz gegenüber dem Gericht annehmen (zweite Alternative). Ein anderer Vergleich ist auch möglich, wenn beide Parteien dem Gericht einen übereinstimmenden schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten (erste Alternative).
Bei der zweiten Alternative wirkt also das Gericht am Inhalt des Vergleichs verantwortlich mit. Bei der ersten Alternative fehlt es hingegen an der erforderlichen verantwortlichen Mitwirkung des Gerichts.
II. Kein Verstoß gegen Treu und Glauben
Der Arbeitgeber hat sich in dem Verfahren darauf berufen, der Arbeitnehmerin sei es verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit des Vergleichs zu berufen. Zwar hat die Klägerin selbst den Abschluss eines Vergleichs über eine befristete Weiterbeschäftigung vorgeschlagen. Es liegen aber keine besonderen Umstände vor, welche die Rechtsauübung als treuwidrig erscheinen lassen. Insbesondere hat die Klägerin den Arbeitgeber nicht dazu veranlasst, den Vergleich nur im Wege der ersten Alternative (und nicht anders) zu schließen. Sie hatte sogar das Arbeitsgericht im ersten Anlauf selbst gebeten, den von ihr zunächst mitgeteilten Vergleichstext als Vergleichsvorschlag (zweite Alternative) zu unterbreiten.
III. Fazit
Das Befristungsprivileg nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 TzBfG gilt also nur bei Vergleichen im schriftlichen Verfahren, die nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alternative 2 ZPO zu Stande gekommen sind. Alle anderen Vergleiche im schriftlichen Verfahren sind unwirksam! Voraussetzung ist, dass das Gericht also einen Vergleich den Parteien vorschlägt.
In Fällen, in denen es auf die Wirksamkeit der Befristung zwingend ankommt, dürfen daher Vergleiche nur auf diesem Wege oder besser noch direkt in der mündlichen Verhandlung vereinbart werden, um alle Risiken auszuschließen. Im vorliegenden Fall konnte das Bundesarbeitsgericht den Fall allerdings dennoch nicht abschließend entschieden, da noch geprüft werden musste, ob nicht ergänzend der Sachgrund der Vertretung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG vorlag. Dies wird das Landesarbeitsgericht noch zu prüfen haben.
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