Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 18. September 2018 eine lange umstrittene Frage zur Wirksamkeit von Ausschlussklauseln entschieden: In Arbeitsverträgen, die nach Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes (zum 1. Januar 2015) geschlossen wurden, dürfen Ausschlussklauseln nicht alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis erfassen, ohne Ansprüche nach dem Mindestlohngesetz auszunehmen. Andernfalls sind sie insgesamt unwirksam (BAG, Urteil vom 18. September 2018 – 9 AZR 162/18, bislang nur als Pressemitteilung Nr. 43/18).
Insbesondere bei neuen Arbeitsverträgen sollten Arbeitgeber eine Ausschlussklausel aufnehmen, die Mindestlohnansprüche ausdrücklich vom Verfall ausnimmt.
Ausgangssituation
Ausschlussfristen oder auch Verfallfristen sind in Arbeitsverträgen weit verbreitet. Sie regeln, innerhalb welcher Zeit Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend gemacht werden müssen, damit die Ansprüche nicht untergehen. Ausschlussfristen sorgen damit für schnelle Rechtssicherheit.
Ausschlussklauseln sind regelmäßig als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zu qualifizieren und unterliegen daher der AGB-Kontrolle. Dies gilt jedenfalls für Klauseln in Arbeitsverträgen, bei Ausschlussfristen in Tarifverträgen gilt ein weiterer Gestaltungsspielraum.
Für Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen bedeutet dies insbesondere, dass sie nicht im Arbeitsvertrag versteckt sein dürfen und so formuliert sein müssen, dass ein durchschnittlicher Arbeitnehmer sie verstehen kann (Transparenzgebot). In inhaltlicher Hinsicht muss die Klausel sowohl für Ansprüche des Arbeitnehmers als auch für solche des Arbeitgebers gelten, eine einseitige Regelung nur für eine Arbeitsvertragspartei ist unzulässig. Seit der Lockerung der Formvorschriften für die Änderung von Verbraucherverträgen (zum 1. Oktober 2016) dürfen Ausschlussklauseln sich außerdem nicht auf die „schriftliche Geltendmachung“ reduzieren, sondern müssen auch die Textform (E-Mail) zulassen.
Umstritten war nun seit langem, ob eine Ausschlussfristenregelung unwirksam ist, wenn sie Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht ausdrücklich ausnimmt. Denn Ansprüche sind dem Mindestlohngesetz unverzichtbar. Das BAG hat nun die Unwirksamkeit einer solchen nicht differenzierenden Klausel bejaht.
Der Fall
Der Entscheidung des BAG lag die Klage eines Fliesenlegers auf Zahlung von Urlaubsabgeltung zu Grunde. Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses im Wege eines gerichtlichen Vergleichs war dem Arbeitnehmer keine Urlaubsabgeltung gezahlt worden. Nach Ablauf von mehr als vier Monaten machte der Arbeitnehmer die Ansprüche im Rahmen einer Klage geltend. Der Arbeitgeber berief sich auf die Ausschlussklausel im Vertrag, die eine Geltendmachung innerhalb von drei Monaten vorsah.
Das BAG gab dem Arbeitnehmer Recht, da es die Ausschlussklausel für unwirksam hielt. Die Klausel war in einem im September 2015 geschlossenen Arbeitsvertrag enthalten und nahm Mindestlohnansprüche vom Verfall nicht explizit aus. Damit hielten die Richter die Klausel für nicht vereinbar mit dem Transparenzgebot.
Fazit für die Praxis
Die Entscheidung des BAG hat große praktische Bedeutung. Arbeitgeber sollten nun unbedingt ihre Arbeitsverträge prüfen und insbesondere bei Neuverträgen eine Ausschlussklausel aufnehmen, die Mindestlohnansprüche ausdrücklich vom Verfall ausnimmt.
Der Pressemitteilung ist bislang nicht zu entnehmen, ob für Verträge, die vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes zum 1. Januar 2015 geschlossen wurden, ein Vertrauensschutz gilt. Möglicherweise werden die noch nicht veröffentlichten Urteilsgründe hier weitere Hinweise enthalten.
Auszeichnungen
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