09.10.2018 -

Das Landesarbeitsgericht Köln hat sich mit Fragen der Mitbestimmung eines Konzernbetriebsrats bei einer konzernweiten Mitarbeiterbefragung befasst. Die Mitbestimmung wurde hier im konkreten Fall wegen einer bereits bestehenden Konzernbetriebsvereinbarung verneint. Der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln ist für die Praxis durchaus von Interesse uns soll daher hier besprochen werden (LAG Köln v. 12.12.2016, 2 TaBV 34/16).


Das LAG Köln hat in einem Beschluss die Mitbestimmung eines Konzernbetriebsrats bei einer konzernweiten Mitarbeiterbefragung aufgrund einer bereits bestehenden Konzernbetriebsvereinbarung verneint.

Der Fall:

Die Beteiligten streiten in der Beschwerdeinstanz über die Frage, ob bei einer konzernweiten Mitarbeiterbefragung der Inhalt der einzelnen Fragen dem Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG unterfällt oder ob die Mitbestimmung bereits durch die Einigung im Rahmen einer Konzernbetriebsvereinbarung abschließend ausgeübt wurde.

Der Antragsteller ist der bei der Deutschen Post gebildete Konzernbetriebsrat. Zwischen den Beteiligten besteht eine Konzernbetriebsvereinbarung „Informationstechnologien des Konzerns DPAG“ (im Folgenden KBV IT). Im Rahmen dieser KBV ist die Mitbestimmung hinsichtlich einzelner IT-Systeme und Anwendungen geregelt.

Seit dem Jahre 2007 führt die Arbeitgeberin konzernweite Mitarbeiterbefragungen durch, mit denen sie u.a. die Arbeitszufriedenheit ihrer Mitarbeiter festzustellen versucht. Die seit Beginn der Mitarbeiterbefragungen unveränderten Fragen werden durch das IT-System „EOS“ verarbeitet. Dieses System wurde nach den Bestimmungen der KBV IT mitbestimmt eingeführt.

In dem auf der Grundlage der KBV IT zu Stande gekommenen Informationsdokument EOS ist u.a. geregelt, wie die Anonymität der Mitarbeiter, die an der Befragung teilnehmen, gesichert wird, bis zu welcher Mitarbeiterebene Informationen aufgeschlüsselt werden, wie sichergestellt wird, dass Mitarbeiter nicht zwei Mal an der Befragung teilnehmen können, welche Rechner und Programme insgesamt eingesetzt werden, wie und wo Daten gespeichert werden.

Nach Abschluss des Beteiligungsverfahrens zum Informationsdokument EOS veränderte die Arbeitgeberin den Fragenkatalog. Teilweise passte sie Fragen redaktionell an, teilweise fügte sie völlig neue Fragen hinzu.

Die Beteiligten streiten nunmehr darüber, ob die Mitbestimmung durch das Informationsdokument EOS abschließend ausgeübt wurde oder ob auch eine weitergehende Mitbestimmung für den neuen Fragenkatalog besteht.

Das Arbeitsgericht hat ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bejaht.

Die Entscheidung:

Im Beschwerdeverfahren hat das Landesarbeitsgericht Köln eine Mitbestimmung insgesamt abgelehnt. Der Konzernbetriebsrat hat sein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Köln hinsichtlich der Anwendung des IT-Systems EOS bereits ausgeübt.

I. Struktur vereinbart

Die Betriebsparteien haben in der KBV IT die Frageninhalte, die schon zum Zeitpunkt der Vereinbarung im Jahre 2007 bekannt waren, außen vorgelassen. Ein Mitbestimmungsrecht wurde im Hinblick auf die einzelnen Frageninhalte damals nicht angenommen. Die Betriebspartner haben sich orientiert an den Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dafür entschieden, lediglich die Strukturen festzulegen, innerhalb derer die Mitarbeiterbefragung durchgeführt wird und die sicherstellen sollen, dass die eingesetzten technischen Einrichtungen bei der Mitarbeiterbefragung das Verhalten und die Leistung der Arbeitnehmer nicht überwachen.

II. Unzulässige Fragen

Damit ist die Mitbestimmung zu den Strukturen der Mitarbeiterbefragung auch nicht inhaltsleer, selbst wenn die Fragen im Einzelfall nicht mitbestimmt / nicht bekannt sind. So führt das Landesarbeitsgericht Köln aus, dass auch eine Mitbestimmung zum Frageninhalt nicht dazu führen kann, dass unzulässige Frage zulässig werden. Der Konzernbetriebsrat habe nach wie vor das Recht, den Fragenkatalog zugeleitet zu erhalten und zu prüfen, ob sich gänzlich unzulässige, z.B. das Persönlichkeitsrecht verletzende Fragen, hierunter befinden. Hinsichtlich dieser Fragen könnte ggf. ein Unterlassungsanspruch geltend gemacht werden.

Fazit:

Die Entscheidung macht deutlich, dass der Abschluss von Betriebsvereinbarungen zunächst als umfassende Regelung anzusehen ist. Selbst wenn die Betriebspartner in einer BV bestimmte Fragen nicht differenziert regeln, ist die Thematik dennoch insgesamt mitbestimmt. Keine Seite kann dann später noch „nachkarten“. Ist ein Betriebspartner der Auffassung, schlecht verhandelt zu haben oder bestimmte Themenbereiche müssten intensiver geregelt werden, muss die Betriebsvereinbarung gekündigt werden. Hierauf weist das Landesarbeitsgericht Köln ausdrücklich hin. Es kann dann ggf. auch in einer Einigungsstelle über neue abstrakt generelle Regelungen / technische Voraussetzungen (hier einer Mitarbeiterbefragung) entschieden werden.

Das Landesarbeitsgericht Köln hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen (1 ABR 13/17). Wir werden die Entwicklung des Rechtsstreits weiterverfolgen.

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