11.12.2018 -

Ausbildungsverhältnisse enden entweder durch Ablauf der Ausbildungszeit oder aber früher mit Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss. Hier kommt es in der Praxis immer wieder zu Unsicherheiten. Besonders zu beachten ist das Verbot der Weiterarbeit ohne ausdrückliche Vereinbarung. Dies führt stets zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. Mit diesen Fragen hatte sich das Bundesarbeitsgericht in einer Entscheidung praxisrelevant zu befassen (BAG v. 20.3.2018, 9 AZR 479/17). Das Urteil macht einmal mehr deutlich, dass Rechtsnachteile nur bei genauer Kenntnis der Rechtsprechung vermieden werden können.


Die Weiterarbeit nach einem Ausbildungsverhältnis,ohne ausdrückliche Anweisung führt stets zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis. (Copyright: seen0001/stock.adobe.com)

Der Fall:

Der klagende Arbeitnehmer befand sich in der Zeit vom 1. September 2011 bis zum 31. August 2014 bei dem beklagten Arbeitgeber in einer Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten. Im Juni 2014 fand der schriftliche Teil der Abschlussprüfung und am 4. Juli 2014 die fachpraktische Prüfung statt. Die Prüfungsergebnisse lagen im August 2014 vor. In der schriftlichen Prüfung sind die Prüfungsleistungen des Klägers in zwei Prüfungsbereichen mit mangelhaft bewertet worden.

Am Freitag, dem 22. August 2014, legte der Kläger erfolgreich die mündliche Ergänzungsprüfung ab. Der Prüfungsausschussvorsitzende unterrichtete den Kläger noch am selben Tag über das Ergebnis und Bestehen der Ergänzungsprüfung.

Mit einem von der Ausbildungsleiterin mit „im Auftrag“ unterzeichneten und im Kopfbogen mit dem Zusatz „Der Landrat“ versehenen Schreiben vom 25. August 2014 („Bestätigung Berufsausbildung“) teilte der Arbeitgeber dem Auszubildenden mit:

„Mit diesem Schreiben bestätige ich Ihnen, dass Sie in der Zeit vom 1. September 2011 bis zum 29. August 2014 Auszubildender der Kreisverwaltung Landkreis O. waren.
Die Abschlussprüfung haben Sie am 22. August 2014 erfolgreich bestanden. Die Ausbildung endet mit der Zeugnisausgabe am 29. August 2014.“

Der Kläger war dann vom 25. bis zum 29. August 2014 bei dem Arbeitgeber tätig und erhielt für diese Zeit weiter Ausbildungsvergütung. Die Parteien schlossen unter dem 29. August 2014 einen sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrag für die Zeit vom 30. August 2014 bis zum – mit Verlängerungsvertrag – 29. August 2016.

Mit seiner am 2. September 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Befristung seines Arbeitsvertrages zum 29. August 2016 gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, der sachgrundlosen Befristung stehe das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG entgegen. Durch seine Weiterbeschäftigung nach Bestehen der Abschlussprüfung am 22. August 2014 sei nach § 24 BBiG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet worden.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht hingegen die Befristungsklage abgewiesen.

Die Entscheidung:

Im Revisionsverfahren hat das Bundesarbeitsgericht die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und die vereinbarte Befristung – wie das Arbeitsgericht – für unwirksam erklärt.

I. Bereits-Zuvor-Arbeitsverhältnis

Eine sachgrundlose Erstbefristung ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bekanntlich nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Aber: Ein früheres Berufsausbildungsverhältnis unterfällt diesem Vorbeschäftigungsverbot nicht. Ein Berufsausbildungsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG.

Die Frage war hier also, ob das Berufsausbildungsverhältnis bereits am 22. August 2014 endete und die weiteren fünf Tage vom 25. bis 29. August 2014 bereits ein Arbeitsverhältnis durch Weiterarbeit nach § 24 BBiG begründet haben. Wäre dies der Fall, hätte im Anschluss kein sachgrundloses neues Arbeitsverhältnis für zwei Jahre mehr begründet werden können, da „bereits zuvor“ ein Arbeitsverhältnis, wenn auch nur für fünf Tage, bestanden hat.

II. Ende des Berufsausbildungsverhältnisses

Hier endete das Berufsausbildungsverhältnis bereits am Freitag, 22. August 2014. Nach § 21 Abs. 1 und Abs. 2 BBiG endet das Berufsausbildungsverhältnis mit dem Ablauf der Ausbildungszeit oder vor deren Ablauf mit der Bekanntgabe des Ergebnisses durch den Prüfungsausschuss, falls der Auszubildende die Abschlussprüfung besteht. Ein vorzeitiges Ende tritt aber nur dann ein, wenn das Prüfungsverfahren abgeschlossen und dem Auszubildenden das Ergebnis der Prüfung mitgeteilt worden ist.

Hängt das Bestehen der Abschlussprüfung nach Abschluss des Prüfungsverfahrens indes nur noch davon ab, dass der Auszubildende eine Ergänzungsprüfung in einem bestimmten Prüfungsbereich erfolgreich ablegt, tritt das vorzeitige Ende des Berufsausbildungsverhältnisses mit der verbindlichen Mitteilung des Gesamtergebnisses in diesem Fach ein.

III. Kenntnis des Ausbilders erforderlich

Hier hatte der Arbeitgeber den Auszubildenden noch nach dem 22. August 2014 weiter für die Zeit vom 25. bis zum 29. August 2014 beschäftigt. Dabei handelte es sich um eine Weiterarbeit nach § 24 BBiG. Der Arbeitgeber hatte die notwendige Kenntnis von der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses. Er wusste, dass die vom Auszubildenden erzielten Prüfungsergebnisse zum Bestehen der Abschlussprüfung ausreichten.

Der Arbeitgeber hatte dies sogar ausdrücklich mit dem Schreiben vom 25. August 2014, das wir oben im Wortlaut wiedergegeben haben, dem Auszubildenden mitgeteilt. Dies reichte für die Kenntnis des Ausbilders und damit Arbeitgebers nach zutreffender Auffassung des Bundesarbeitsgerichts aus.

Hinweis für die Praxis:

Darlegungs- und beweisbelastet für die Kenntnis des Ausbilders ist der Auszubildende. Dieser Pflicht ist der Auszubildende hier nachgekommen. Der Ausbilder und Arbeitgeber konnte dann seine Kenntnis nicht wirksam widerlegen.

Fazit:

Die Vorschrift des § 24 BBiG ist für Arbeitgeber mit Risiken behaftet. Auszubildende dürfen im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis nur dann weiterbeschäftigt werden, wenn ein unbefristeter Arbeitsvertrag auch tatsächlich gewollt ist. Soll hingegen das Ausbildungsverhältnis entweder beendet oder aber im Anschluss wirksam befristet werden, muss streng auf die Beendigungsregelungen in § 21 BBiG geachtet werden. Das Ausbildungsverhältnis endet nicht nur mit dem Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit, sondern regelmäßig schon früher mit der Bekanntgabe der Ergebnisse durch den Prüfungsausschuss. In Zweifelsfällen ist der Auszubildende genau nach diesen Daten zu befragen. Eine sachgrundlose Befristung mit dem Auszubildenden ist nur dann möglich, wenn diese nahtlos erfolgt und schriftlich vor Beginn des Arbeitsverhältnisses vereinbart wird.

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