06.01.2019 -

Arbeitgeber dürfen nach dem EU-Recht und einschlägigen Verordnungen Mitarbeitern auf sogenannten Terrorlisten keine wirtschaftlichen Ressourcen zur Verfügung stellen. Dies betrifft insbesondere die Zahlung von Entgelt (sogenanntes Bereitstellungsverbot). Es wird daher empfohlen, die bestehende Belegschaft mit diesen Listen abzugleichen, um Verstöße gegen dieses Verbot zu vermeiden. Das Bundesarbeitsgericht hat für einen solchen Abgleich nunmehr ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG abgelehnt (BAG v. 19.12.2017, 1 ABR 32/16).


Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden: Dem Betriebsrat steht kein Mitbestimmungsrecht beim Abgleich von Arbeitnehmernamen mit Personen auf den sog. Terrorlisten der Europäischen Union zu.

Der Fall:

Arbeitgeber und Betriebsrat streiten über ein Mitbestimmungsrecht beim Abgleich der Namen von Arbeitnehmern mit denjenigen Personen, die in den sogenannten Anti-Terror-Listen der Europäischen Union aufgeführt sind.

Seit 2012 führt die Arbeitgeberin ein „automatisiertes Screening-Verfahren“ durch. Anlässlich der monatlichen Entgeltzahlungen wird durch den Einsatz einer Software automatisiert abgeglichen, ob die Vor- und Nachnamen der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer mit denjenigen vollständig oder teilweise übereinstimmen, die auf entsprechenden Listen nach den Anti-Terror-Verordnungen aufgeführt sind und fortlaufend aktualisiert werden.

Sollte die Arbeitgeberin bei dem Datenabgleich eine vollständige oder teilweise Übereinstimmung feststellen, erfolgt eine Information der zuständigen Personalleitung. Diese führt, abhängig vom Grad der Übereinstimmung, einen weitergehenden manuellen Abgleich durch, um bei einer vollständigen Übereinstimmung von Vor- und Nachnamen die Entgeltzahlung einzustellen sowie die zuständigen Behörden zu informieren.

Der Betriebsrat hat dazu die Auffassung vertreten, die Durchführung des automatisierten Datenabgleichs sei nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Bereits der Abgleich von Statusdaten (Name und Vorname) treffe eine Aussage über ein Verhalten eines Arbeitnehmers. Auch soweit ein Listeneintrag auf außerbetriebliches Verhalten zurückgehe, könne sich diese Kenntnis nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Anträge des Betriebsrats abgewiesen.

Die Entscheidung:

Im Rechtsbeschwerdeverfahren hat das Bundesarbeitsgericht die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt. Die Voraussetzungen eines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG liegen nicht vor.

I. Anwendungsbereich

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat u.a. mitzubestimmen bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Das Mitbestimmungsrecht soll Arbeitnehmer vor Beeinträchtigungen ihres Persönlichkeitsrechts durch den Einsatz technischer Überwachungseinrichtungen bewahren. Die auf technischem Wege erfolgende Ermittlung und Aufzeichnung von Informationen über Arbeitnehmer bei der Erbringung ihrer Arbeitsleistung bergen die Gefahr in sich, dass sie zum Objekt einer Überwachungstechnik gemacht werden, die anonym personen- oder leistungsbezogene Informationen erhebt, speichert, verknüpft und sichtbar macht.

„Überwachung“ im Sinne des Mitbestimmungsrechts ist ein Vorgang, durch den Informationen über das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern erhoben und – jedenfalls in der Regel – aufgezeichnet werden, um sie auch späterer Wahrnehmung zugänglich zu machen. Die Informationen müssen dabei auf technische Weise ermittelt und dokumentiert werden, so dass sie zumindest für eine gewisse Dauer verfügbar bleiben und vom Arbeitgeber herangezogen werden können.

II. Automatisierter Datenabgleich nicht mitbestimmungspflichtig!

Die Arbeitgeberin nutzt eine Software zum „automatisierten“ Datenabgleich. Dieses mittels einer technischen Einrichtung durchgeführte „Screening“ erzeugt eigenständig eine neue Information über einen Arbeitnehmer, nämlich die teilweise, gänzliche oder fehlende Übereinstimmung seines Vor- und Zunamens mit denjenigen Statusdaten, die auf den erstellen Terrorlisten aufgeführt sind.

Dieser automatisierte bloße Namensabgleich ist nicht dazu bestimmt, Leistung oder Verhalten nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu überwachen. Die aufgrund des Datenabgleichs generierten Ergebnisse bilden weder ein konkretes Verhalten oder eine konkrete Leistung eines Arbeitnehmers ab noch lassen sie auf solche schließen. Eine Identität der Statusdaten eines Arbeitnehmers und der auf einer Terrorliste geführten Person gibt lediglich Auskunft darüber, dass sich gegen diese eine Verbotsmaßnahme im Sinne des Bereitstellungsverbotes richtet. Eine Aussage über ein tatsächliches betriebliches oder außerbetriebliches Verhalten des Arbeitnehmers, das einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat, ist damit nicht verbunden.

Hinweis für die Praxis:

Anderes folgt auch nicht daraus, dass eine angezeigte (Teil-)Übereinstimmung für die weitere Durchführung des Arbeitsverhältnisses relevant werden könnte, weil Entgeltzahlungen eingestellt werden. Dies macht den Datenabgleich nicht zu einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.


Arbeitgeber dürfen nach EU-Recht Mitarbeitern auf sogenannten Terrorlisten keine wirtschaftlichen Ressourcen zur Verfügung stellen, insbesondere gilt dies für Lohnzahlungen. (Copyright artjazz/stock.adobe)

Fazit:

Der nach EU-Recht gebotene Abgleich von Arbeitnehmerdaten mit Terrorlisten (Screening) ist nicht mitbestimmungspflichtig. Es handelt sich nicht um eine Überwachung im Sinne der Vorschrift. Das Verhalten von Arbeitnehmern ist dadurch nicht betroffen. Der Schutzzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bezieht sich auf technische Überwachungseinrichtungen. Das Bundesarbeitsgericht hat dies zutreffend entschieden.

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