26.02.2019 -

Für die ersten sechs Monaten eines Arbeitsverhältnisses wird regelmäßig eine Probezeit vereinbart. Gleichzeitig findet auch in den ersten sechs Monaten das Kündigungsschutzgesetz noch keine Anwendung (sogenannte Wartezeit), § 1 KSchG. Eine Kündigung muss daher in den ersten Monaten nicht den strengen Anforderungen einer sozialen Rechtfertigung nach dem KSchG genügen. Besteht ein Betriebsrat, muss aber auch in den ersten sechs Monaten der Betriebsrat nach § 102 BetrVG vor Ausspruch einer Kündigung angehört werden. Was aber muss und darf dem Betriebsrat mitgeteilt werden? Mit dieser Frage hat sich das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern befasst (LAG Mecklenburg-Vorpommern v. 14.3.2018, 3 Sa 196/17). Der Entscheidung sind wichtige Hinweise für die Anwendung in der Praxis zu entnehmen.


Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat sich in seiner Entscheidung mit der Frage befasst, welche Informatinen dem Betriebsrat in Bezug auf eine Kündigung während der Probezeit mitgeteilt werden müssen und dürfen.
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Der Fall:

Der beklagte Verein betreibt einen Rettungsdienst. Es besteht ein Betriebsrat. Der eingestellte Leiter des Rettungsdienstes sollte innerhalb der Probezeit fristgerecht gekündigt werden. Der Betriebsrat wurde dazu u.a. wie folgt angehört:

„Herr A. genießt noch keinen Kündigungsschutz. Die sechsmonatige Wartezeit des § 1 KSchG ist noch nicht erfüllt. Die Kündigung ist dementsprechend nicht sozial zu rechtfertigen. Die Kündigung ist erforderlich, weil sich Herr A. aus unserer Sicht in der Probezeit nicht bewährt und die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt hat.“

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung verstoße nicht gegen § 102 Abs. 1 BetrVG.

Die Entscheidung:

Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidung des Arbeitsgerichts in vollem Umfange bestätigt.

I. Inhalt Betriebsratsanhörung

Eine Kündigung ist nach § 102 Abs. 1 BetrVG rechtsunwirksam, wenn der Arbeitgeber den bei ihm bestehenden Betriebsrat nicht oder nicht ordnungsgemäß angehört hat.

Oftmals befindet sich der Arbeitgeber in einem Dilemma, wenn in der Probezeit gekündigt werden soll. Die Kündigung muss nicht sozial gerechtfertigt nach dem KSchG sein. Dennoch müssen dem Betriebsrat Kündigungsgründe mitgeteilt werden. Was aber ist mitzuteilen?

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bei einer Kündigung in der Wartezeit die Substantiierungspflicht des Arbeitgebers allein an den Umständen zu messen, aus denen der Arbeitgeber subjektiv seinen Kündigungsentschluss herleitet. Bei einer Kündigung, die auf personenbezogenen Werturteilen beruht, ist es daher ausreichend, wenn im Rahmen der Betriebsratsanhörung allein das Werturteil mitgeteilt wird, ohne dies näher zu substantiieren oder zu begründen.

II. Werturteile mitteilen

Das Bundesarbeitsgericht unterscheidet zwischen objektiven Tatsachen einerseits und Kündigungen, die auf personenbezogenen Werturteilen beruhen, andererseits. Bei objektiven Tatsachen müssen dem Betriebsrat die zugrunde liegenden Tatsachen bzw. Ausgangsgrundlagen auch tatsächlich mitgeteilt werden. Bei personenbezogenen Werturteilen hingegen reicht die Mitteilung des Werturteils für eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung aus. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall nicht verpflichtet, im Rahmen des Anhörungsverfahrens nach § 102 BetrVG sein Werturteil gegenüber dem Betriebsrat zu begründen.

Fazit:

Der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts ist in vollem Umfange zuzustimmen. Sie liegt auf der Linie der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Arbeitgeber sind gut beraten, bei Kündigungen während der Probezeit deutlich zu machen, dass sie ihre Kündigungsabsicht nur auf ein persönliches Werturteil stützen.

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