26.03.2019

Seit vielen Jahren war die Position des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Berücksichtigung von Hauskrediten bei der Berechnung des Ehegattenunterhaltes eindeutig.

Bisherige Rechtsprechung

Während des ersten Trennungsjahres konnte derjenige, der den während der Ehe aufgenommenen Hauskredit nach der Trennung alleine weiterbezahlte, sowohl die Zinsen als auch die Tilgung des Hauskredits in voller Höhe bei der Berechnung des Unterhalts abziehen.

Nach Zustellung des Antrags auf Ehescheidung änderte sich die Situation, wenn das Haus im Alleineigentum des zahlenden Ehegatten stand. Von diesem Zeitpunkt an konnten zwar weiterhin die Zinsleistungen abgezogen werden, die Tilgungsleistungen allerdings nur noch in Höhe von 4 Prozent des jeweiligen Bruttoeinkommens als zusätzliche Altersvorsorge. Grund für diese Differenzierung war die Tatsache, dass die Zustellung des Scheidungsantrags auch der maßgebliche Stichtag für das Endvermögen im Zugewinnausgleich ist. Ab diesem Zeitpunkt betreibt derjenige Ehegatte, der den Hauskredit alleine bezahlt, eine einseitige Vermögensbildung, an welcher der andere Ehegatte nicht mehr über den Zugewinnausgleich teilhat. Die Tilgungsleistungen wurden daher nicht mehr in der vollen Höhe berücksichtigt.

Auch für die Zeit nach der Ehescheidung (beim sog. nachehelichen Unterhalt) konnten die Tilgungsleistungen nicht in der vollen Höhe abgezogen werden.


Sollte sich eine aktuelle BGH-Entscheidung zur Berücksichtigung von Immobilienkrediten auf den Ehegattenunterhalt übertragen, wird derjenige Ehegatte unter Umständen deutlich bessergestellt, der den Hauskredit nach der Trennung alleine weiterbezahlt. (Copyright aytuncoylum/adobe.stock ) 

Die neuen BGH-Entscheidungen

Diese klare Position scheint der BGH in seinen jüngsten Entscheidungen zum Unterhalt aufgegeben zu haben.

In seiner Entscheidung vom 18. Januar 2017 (XII ZB 118/16) hatte sich der BGH mit der Unterhaltspflicht gegenüber Eltern zu beschäftigen. Das in Anspruch genommenen Kind lebte im Eigenheim und hatte zu dessen Finanzierung einen Kredit aufgenommen.

Lebt der Unterhaltspflichtige oder -berechtigte in einem Eigenheim, ist ihm zusätzlich zu seinem Einkommen noch ein sog. Wohnvorteil anzurechnen, der sich daraus ergibt, dass er aufgrund des mietfreien Wohnens einen finanziellen Vorteil hat.

Erstmals hatte der BGH in einer Entscheidung aus dem Jahr 2017 beschlossen, dass der Kredit bis zur Höhe des Wohnvorteils abzuziehen sei und – sofern der Hauskredit den Wohnvorteil übersteigt – darüber hinaus auch noch als zusätzliche Altersvorsorge berücksichtigt werden könne.

Bislang musste damit gerechnet werden, dass es sich hierbei um eine Entscheidung des BGH handelte, die speziell für den Elternunterhalt galt und nicht auf andere Unterhaltsverhältnisse übertragen werden konnte. In seiner neusten Entscheidung zu diesem Thema vom 4. Juli 2018 (XII ZB 448/17) deutete der BGH in einem Hinweis allerdings an, die geänderte Rechtsprechung zum Elternunterhalt auch auf den Ehegattenunterhalt übertragen zu wollen. In dem zu entscheidenden Fall war es auf diese Frage aber nicht mehr angekommen. Der Hinweis ist so zu deuten, dass auch bei Eheleuten die Tilgungsleistungen in Höhe des Wohnvorteils abgezogen werden dürfen.

Auswirkungen der neuen Rechtsprechung

Beispiel: Der unterhaltspflichtige Ehegatte lebt in einer Immobilie, die in seinem Alleineigentum steht. Zur Finanzierung wurde bereits während der Ehe ein Kredit aufgenommen. Würde der Unterhaltspflichtige die Immobilie vermieten, könnte er eine Miete in Höhe von 800 Euro erzielen. Ab der Trennung ist ihm ein Wohnvorteil zuzurechnen, der sich zunächst nur auf einen angemessenen Wert beläuft. Jedenfalls nach Zustellung des Ehescheidungsantrags ist ihm aber die erzielbare Miete als Wohnvorteil anzurechnen. Gleichzeitig zahlt der Unterhaltspflichtige aber 900 Euro (200 Euro Zinsen und 700 Euro Tilgung) auf den Hauskredit.

Nach der bisher geltenden Rechtsprechung konnte der Unterhaltspflichtige bei der Berechnung des Unterhalts (nach Zustellung des Scheidungsantrags) die Zinsen in Höhe von 200 Euro und von den Tilgungsleistungen lediglich 4 Prozent seines Bruttoeinkommens abziehen. Nunmehr kann der Unterhaltspflichtige die Zins- sowie Tilgungsleistungen in Höhe von 800 Euro abziehen, da dieser Wert dem Wohnvorteil entspricht. Ob die darüber hinaus gezahlten 100 Euro als zusätzliche Altersvorsorge ebenfalls in Höhe von 4 Prozent seines Bruttoeinkommens berücksichtigt werden können, ist derzeit noch offen. Wenn man die Entscheidung des BGH zum Elternunterhalt vollständig überträgt, wird man dies dem Unterhaltspflichtigen ebenfalls zugestehen müssen.

Fazit

Sollte sich die angedeutete Änderung der Rechtsprechung des BGH bestätigen, wird sich der Ehegatten- und Kindesunterhalt erheblich verändern. Derjenige Ehegatte, der den Hauskredit nach der Trennung alleine weiterbezahlt, wird bei der Unterhaltsberechnung – je nach Höhe der Tilgungsleistungen – deutlich bessergestellt. Sollten Zins- und Tilgungsraten unangemessen hoch sein, kann der den Hauskredit bedienende Ehegatte aber weiterhin auf eine Refinanzierung verwiesen werden.

Es bleibt aber abzuwarten, wie eine Entscheidung des BGH ausfallen wird, wenn sich das Gericht tatsächlich mit dieser Frage beschäftigen muss.

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