08.04.2019 -

Überstunden und deren Vergütung sind in der betrieblichen Praxis ein Dauerthema. Mit
diesem Beitrag geben wir einen Überblick über die häufigsten arbeitsrechtlichen Fragestellungen rund um den Überstundenbegriff und klären über die gesetzlichen Vorgaben zur Vergütung und Abgeltung geleisteter Überstunden auf.

Wann liegen Überstunden vor und wer muss sie beweisen?

Der Überstundenbegriff knüpft an die geschuldete Arbeitszeit an, die in der Regel vertraglich vereinbart ist oder sich bei fehlender Vereinbarung aus der betriebsüblichen Arbeitszeit ergibt. Wird über die geschuldete Arbeitszeit hinaus gearbeitet, handelt es sich begrifflich um Überstunden, wenn der Arbeitgeber die Tätigkeit angeordnet hat. Fehlt es an einer ausdrücklichen Anweisung, reicht es nach der Rechtsprechung auch aus, wenn Arbeit zugewiesen wird, die nicht in der regelmäßigen Arbeitszeit erledigt werden kann oder wenn die Überstunden zur Erledigung der übertragenen Aufgaben erforderlich sind und vom Arbeitgeber gebilligt oder geduldet werden.

Besteht Uneinigkeit darüber, ob oder wie viele Überstunden geleistet wurden, ist grundsätzlich der Arbeitnehmer vollständig darlegungs- und beweisbelastet. Im Streitfall muss er jede einzelne Überstunde mit Datum und Uhrzeit angeben können und zusätzlich vortragen, ob der Arbeitgeber sie angeordnet hat oder weshalb sie wenigstens betrieblich veranlasst gewesen ist. Diese strengen Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast, an der nicht wenige Arbeitnehmer in der Praxis scheitern, werden nur gelockert, wenn es dem Arbeitnehmer etwa gar nicht möglich war, sich nachhaltig zu notieren, wann er warum wie viele Überstunden gearbeitet hat, beispielsweise wegen sehr starker Überlastung. In solchen Fällen darf das Gericht dann die Zahl der gearbeiteten Überstunden ausnahmsweise schätzen.


Mehrarbeit in Form von Überstunden und deren Vergütung sind in der betrieblichen Praxis regelmäßig streitbehaftete Themen. (Copyright: DragonImages/adobe.stock)

Vergütung von Überstunden?

Anders als früher gibt es im heutigen Arbeitsrecht keine gesetzliche Regelung mehr zur
Vergütung von Überstunden. Im Grundsatz gilt aber, dass jede Stunde Arbeit zu vergüten ist. Dies gilt in aller Regel unterschiedslos auch für Überstunden, wenn nichts anderes vereinbart ist.

Viele Tarifverträge enthalten eigene ausführliche Vergütungsregelungen für Überstunden, in denen teilweise etwa auch Zuschläge vorgesehen sind. Auch in Arbeitsverträgen finden sich neben Anordnungsklauseln auch weitere Überstundenregelungen. Üblich sind insoweit insbesondere Abgeltungsklauseln und Pauschalierungsabreden, die nach der Rechtsprechung aber strengen Wirksamkeitsvoraussetzungen unterliegen, die in der Praxis häufig (noch) nicht eingehalten werden (s.u.).

Bei fehlender Vereinbarung kann sich eine Ausnahme von dem Grundsatz der
Vergütungspflicht ergeben, wenn der Arbeitnehmer objektiv die Vergütung von Überstunden nicht erwarten konnte. Von solchen Ausnahmen geht die Rechtsprechung u.a. bei sogenannten „Besserverdienern“ − also bei einem Bruttogehalt des Arbeitnehmers über der Beitragsbemessungsgrenze − und bei „Diensten höherer Art“ aus. Letzere sind besondere Dienste, die nur mit einem überdurchschnittlichen Maß an Fachkenntnissen, wissenschaftlicher Vorbildung, hoher geistiger Fantasie, Kunstfertigkeit oder Flexibilität zu leisten sind. Hierzu gehören Berufsgruppen wie Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Unternehmensberater oder Wirtschaftsprüfer, wenn sie in einer gehobenen Position sind oder eine besondere Vertrauensstellung genießen. Auch „echte“ leitende Angestellte im Sinne des Betriebsverfassungsrechts sind nach der Rechtsprechung eine besondere Ausnahmegruppe.

Arbeitsvertragliche Abgeltungsklauseln und typische Fehler

Arbeitsvertragliche Abgeltungsklauseln für Überstunden sind in gewissem Umfang möglich, müssen sich aber an den strengen Maßstäben der Rechtsprechung zur AGB-Kontrolle
messen lassen. Bei der Gestaltung müssen folgende Grundregeln beachtet werden:

  • Der Arbeitnehmer muss klar erkennen können, welche Arbeitszeit für die vertragliche Vergütung geschuldet ist
  • Abgeltungsklauseln, die sämtliche Überstunden pauschal mit dem Grundgehalt abgelten, sind deshalb jedenfalls unwirksam
  • Die Anzahl abgegoltener Überstunden muss – wenn möglich in absoluten Zahlen –
    eindeutig festgelegt werden. Beachten Sie dabei, dass nach der Rechtsprechung keinesfalls mehr als 25 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit zusätzlich mit dem Gehalt pauschal als Überstunden abgegolten werden kann
  • Möglich ist auch eine Klausel zum Überstundenausgleich durch Freizeit
  • Die gesetzlichen Arbeitszeitgrenzen (durchschnittlich nicht mehr als 8 Stunden pro Tag) müssen selbstverständlich eingehalten werden

Praxishinweis

Um Streitigkeiten von vornherein zu begrenzen, sind wirksame Abgeltungsklauseln ein probates Mittel. Typische Fehler bei der Vertragsgestaltung sollten dabei vermieden werden. Auch für Arbeitnehmer ist es von Interesse, sich von Beginn des Arbeitsverhältnisses an darauf einstellen zu können, ob − und ggf. wie viele − Überstunden zu leisten sind.

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Christian Hrach
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