03.07.2019 -

Die Befristung einzelner Vertragsbedingungen im Rahmen eines unbefristeten Arbeitsvertrages richtet sich nicht nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz. Maßgeblich ist die Vertragsinhaltskontrolle (AGB-Kontrolle). Wird bei einem Teilzeitarbeitsverhältnis die Arbeitszeit vorübergehend aufgestockt, hängt der Maßstab der Kontrolle im Wesentlichen von dem Umfang der Arbeitszeitaufstockung ab. Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil seine Rechtsprechung zu dieser Thematik weiter präzisiert und klargestellt, dass auch geringfügige Unterschreitungen des Mindestwertes von 25 % eine erweiterte Kontrolle auslösen (BAG v. 25.4.2018, 7 AZR 520/16). Die Entscheidung ist von praktischer Bedeutung.


Arbeitgeber müssen bei der Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen, insbesondere der vorübergehenden Erhöhung der Arbeitszeit, auf die notwendige Rechtfertigung achten. (Copyright: AdrianHancun/istockphoto.com)

Der Fall:

Die klagende Arbeitnehmerin ist bereits seit 1994 als Verwaltungsangestellte bei dem beklagten WDR beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem MTV des WDR. Vereinbart ist danach eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden. Der Tarifvertrag verweist für die Befristung von Arbeitsverhältnissen auf die Vorschriften des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG).

Die Klägerin war zunächst in Vollzeit tätig. Nach Rückkehr aus ihrer Elternzeit vereinbarten die Parteien, dass die Klägerin von 50 % der tarifvertraglichen regelmäßigen Arbeitszeit unbefristet weiterbeschäftigt wird.

Zunächst für den Zeitraum vom 1. März 2012 bis zum 28. Februar 2013 vereinbarten die Parteien eine befristete Erhöhung der Arbeitszeit von 50 % auf 74,67 % der tarifvertraglichen regelmäßigen Arbeitszeit. Die Arbeitszeit für eine ¾-Stelle ist dabei auf 74,67 % und nicht auf 75 % festgelegt, um die Berechnung der täglichen Arbeitszeit (5 Stunden und 45 Minuten) zu vereinfachen und Bruchteile von Minuten zu vermeiden.

Mit E-Mail vom 26. November 2012 wandte sich die Klägerin mit folgender Bitte an ihren Arbeitgeber:

„… da meine Arbeitszeit von 75 %, täglich 5:45 Std. für mich und der Betreuung meiner Kinder optional ist, bitte ich um Verlängerung der Laufzeit, da der jetzige Vertrag am 28. Februar 2013 ausläuft.“

Daraufhin vereinbarten die Parteien eine weitere befristete Arbeitszeiterhöhung auf 74,67 % bis zum 31. Dezember 2014.

Im November 2014 teilte der Arbeitgeber mit, dass die befristete Arbeitszeiterhöhung zum 31. Dezember 2014 ende.

Mit ihrer Klage hat die Arbeitnehmerin die Auffassung vertreten, ihre Arbeitszeit betrage auf Dauer 74,67 %. Sie werde durch die Befristung der zuletzt vereinbarten Arbeitszeiterhöhung unangemessen benachteiligt, § 307 Abs. 1 BGB. Die Befristung sei daher unwirksam.

Der Arbeitgeber hat hingegen die Ansicht vertreten, die Befristungsabrede habe dem Wunsch der Arbeitnehmerin entsprochen. Zudem sei sie tarifvertraglich zulässig gewesen. Die Arbeitszeitaufstockung habe auch keinen erheblichen Umfang, dieser greife nach der bisher ergangenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erst bei einer Arbeitszeiterhöhung von 25 % und nicht wie hier in Höhe von 24,67 %.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr hingegen im Berufungsverfahren stattgegeben.

Die Entscheidung:

Im Revisionsverfahren hat das Bundesarbeitsgericht die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bestätigt und festgestellt, dass die Klägerin einen dauerhaften Anspruch auf Beschäftigung in einem Umfang von 74,67 % beanspruchen kann.

I. Keine Anwendung des TzBfG

Zunächst bestätigt das Bundesarbeitsgericht seine dauerhafte Rechtsprechung, wonach die Vorschriften des TzBfG auf die Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen nicht – auch nicht entsprechend – anwendbar sind. Maßgeblich ist vielmehr die Vertragsinhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB. Bei Vertragsänderungen, auch wenn sie nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind, handelt es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne dieser Vorschriften. Die Tatsache, dass die Arbeitnehmerin um eine Fortsetzung der befristeten Arbeitszeiterhöhung mit ihrer E-Mail gebeten hatte, ändert daran nichts. Aus der E-Mail folgt noch nicht, dass auch gerade die Befristung dieser Arbeitszeiterhöhung ihrem Wunsch entsprach. Das wäre nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts nur der Fall gewesen, wenn Umstände vorlägen, aus denen geschlossen werden könnte, dass die Arbeitnehmerin die Aufstockung der Arbeitszeit auch dann nur befristet vereinbart hätte, wenn ihr die unbefristete Aufstockung angeboten worden wäre. Dies war hier aber nicht der Fall.

II. Angemessenheitskontrolle

Die Tatsache, dass die Vorschriften des TzBfG keine Anwendung finden, führt aber nicht dazu, dass jede Befristung einer Arbeitsvertragsbedingung ohne weiteres zulässig wäre. Vielmehr findet im Rahmen der AGB-Kontrolle eine Angemessenheitskontrolle statt, die anhand einer Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen beider Vertragsparteien vorzunehmen ist. Dabei betont das Bundesarbeitsgericht, dass in Fällen, in denen der befristeten Arbeitszeiterhöhung ein Sachverhalt zugrunde liegt, der die Befristung eines Arbeitsvertrages insgesamt mit einem Sachgrund im Sinne von § 14 Abs. 1 TzBfG rechtfertigen könnte, in aller Regel das Interesse des Arbeitgebers an der befristeten Arbeitszeiterhöhung überwiegt. Kann schon der Arbeitsvertrag insgesamt befristet werden, kann (natürlich) auch eine einzelne Vertragsbedingung befristet werden.

III. Erheblicher Umfang einer Arbeitszeiterhöhung

Dabei erhöht sich der Prüfungsmaßstab, je höher die Arbeitszeiterhöhung vereinbart wird. Das Bundesarbeitsgericht hat in der Vergangenheit mehrfach entschieden, dass bei einem erheblichen Umfang stets im Rahmen der Angemessenheitskontrolle sachliche Gründe vorliegen müssen, die auch die Befristung rechtfertigen könnten. Den erheblichen Umfang hat das Bundesarbeitsgericht dabei auf 25 % einer Vollzeitstelle festgelegt, zehn Stunden von einer 40-Stunden-Vollzeitstelle.

Hier lag der Fall nun so, dass die Arbeitsvertragsparteien nicht 40 Stunden, sondern 38,5 Stunden vereinbart hatten. Ausgehend von einer Aufstockung um 25 % auf eine ¾-Stelle und zur Vermeidung von Bruchteilen von Minuten wurde die Arbeitszeit dann nicht um 25 %, sondern nur um 24,67 % erhöht. Damit war die bislang vorgegebene Mindestgrenze von 25 % nicht erreicht, sondern um 0,33 % unterschritten. Dies wäre nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts also noch keine erhebliche Arbeitszeiterhöhung gewesen mit der weiteren Folge, dass sich der Prüfungsmaßstab verringert hätte.

Dem ist das Bundesarbeitsgericht nun aber entgegengetreten. Auch hier sei ausnahmsweise von einer Arbeitszeiterhöhung in erheblichem Umfange auszugehen. Dem Arbeitgeber sei es um die Besetzung einer ¾-Stelle gegangen. Die Abweichung um 0,33 % sei nur erfolgt, um die tägliche Arbeitszeit nicht mit einem Bruchteil von Minuten berechnen zu müssen. Dies waren reine Praktikabilitätserwägungen. Dies rechtfertigt es, trotz geringfügiger Unterschreitung des Wertes von 25 % von einer Arbeitszeiterhöhung in erheblichem Umfang auszugehen.

Hinweis für die Praxis:

Damit musste der Arbeitgeber einen Sachgrund für die befristete Arbeitszeiterhöhung vortragen. Dies ist ihm nicht gelungen. Die Klägerin hat Daueraufgaben ausgeübt und für nur einen vorübergehenden Beschäftigungsbedarf in einem erhöhten Umfang gab es keine Sachgründe im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG. Die Klage hatte damit Erfolg.

Fazit:

Arbeitgeber müssen bei der Befristung einzelner Arbeitsvertragsbedingungen, insbesondere der vorübergehenden Erhöhung der Arbeitszeit, auf die notwendige Rechtfertigung achten. Liegt der Umfang der Arbeitszeiterhöhung bei 25 %, bedarf es stets eines Sachgrundes. Dies gilt nach der hier besprochenen Rechtsprechung selbst dann, wenn dieser Wert geringfügig unterschritten wird. Welche Grenzen für diese Geringfügigkeitsschwelle gelten, hat das Bundesarbeitsgericht allerdings nicht festgelegt. Insoweit kann es durchaus zu unterschiedlichen Entscheidungen der Instanzgerichte kommen.

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