12.08.2004

 

Immer wieder kommt es bei vermieteten Immobilien zwischen Grundstückseigentümern und Versorgungsunternehmen zum Streit über die Frage, ob der Grundstückseigentümer für die von seinem Mieter bezogenen Versorgungsleistungen haftet. Die hierzu bestehenden Regelungen wie auch die zugehörige Rechtsprechung sind weithin unbekannt und sollen im Folgenden näher erläutert werden.

 

Bei vermieteten Immobilien überlassen es Grundstückseigentümer häufig ihren Mietern, mit dem Versorgungsunternehmen einen Versorgungsvertrag zu schließen und vertrauen darauf, dass der Mieter die entsprechenden Zahlungen leistet. Dem folgt oft das böse Erwachen, wenn der Mieter die Versorgungsleistungen über einen längeren Zeitraum nicht gezahlt hat und das Versorgungsunternehmen sich dann schließlich mit seiner Forderung an den Grundstückseigentümer wendet. Aus Unkenntnis folgt daraufhin oft ein für den Grundstückseigentümer aussichtsloser und teurer Rechtsstreit, denn in der Regel haftet der Grundstückseigentümer tatsächlich aus dem Versorgungsvertrag.

 

Anknüpfungspunkt für die Haftung des Grundstückseigentümers sind – je nach Versorgungsart – die hierzu ergangenen Verordnungen, namentlich die „Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden (AVBEltV)“ vom 21.06.1979, die „Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV)“ vom 21.06.1979, die „Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV)“ vom 20.06.1980 sowie die „Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20.06.1980. Diese – im wesentlichen gleichlautenden – Regelungen gelten als Verordnung Kraft ihrer Qualität als allgemeinverbindliche Rechtsnorm in jedem Versorgungsverhältnis unmittelbar.

 

Gem. § 2 Abs. 1 AVB soll der Vertrag schriftlich abgeschlossen werden. Liegt ein solcher schriftlicher Vertrag vor, ist Vertragspartner und damit Zahlungsverpflichteter aus dem Versorgungsverhältnis derjenige, der den Vertrag mit dem Versorgungsunternehmen abgeschlossen hat.

 

Wird ein Vertrag nicht ausdrücklich und schriftlich geschlossen, sondern lediglich die Versorgungsleistung aus dem Verteilungsnetz des Versorgungsunternehmens entnommen, so kommt gem. § 2 Abs. 2 AVB trotzdem ein Vertrag zustande. In diesem Fall stellt sich die Frage, wer eigentlich Vertragspartner des Versorgungsunternehmens ist und demgemäß die Rechnungen des Versorgungsunternehmens zu zahlen hat. Dabei gilt generell, dass der Vertrag in diesem Fall regelmäßig mit dem Grundstückseigentümer zustande kommt. Dies entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) und allgemeiner Meinung im Schrifttum. Auch das Amtsgericht Bonn folgt dieser Rechtsprechung (vgl. zuletzt AG Bonn, Urteil v. 22.07.2004 – 14 C 488/03). Denn das Angebot des Versorgungsunternehmens auf Erbringung der Versorgungsleistungen richtet sich typischerweise an den Grundstückseigentümer, weil nur diesem ein Anspruch auf Anschluss an die Versorgung zusteht und Wasserversorgungsunternehmen ihre Versorgungsaufgabe durch Abschluss des Wasserversorgungsvertrages mit diesem Personenkreis erfüllen (vgl. BGH, Urteil vom 30.04.2003 – VIII ZR 279/02). Da die Entnahme aus dem Verteilungsnetz des Versorgungsunternehmens durch im Eigentum des Grundstückseigentümers stehende Anschlüsse erfolgt, ist dieser auch derjenige, dem die Entnahme zuzurechnen ist und der damit das Angebot zum Abschluss des Versorgungsvertrages durch Entnahme konkludent annimmt.

 

In dem vom BGH (s.o.) entschiedenen Fall hatte der Grundstückseigentümer gegenüber dem Versorgungsunternehmen stets abgelehnt, einen Versorgungsvertrag schriftlich zu schließen und das Versorgungsunternehmen an seine Mieter verwiesen. Mit den Mietern war es allerdings nicht zum Abschluss eines ausdrücklichen und schriftlichen Versorgungsvertrages gekommen, weil das Versorgungsunternehmen es ablehnte, mit diesen unmittelbar Verträge zu schließen. Nach Auffassung des BGH (a.a.O.) ist das Versorgungsunternehmen grundsätzlich nicht verpflichtet, Versorgungsverträge mit den Mietern unter gleichzeitiger Entlassung des Grundstückseigentümers als Vermieter aus seinem Vertragsverhältnis abzuschließen. Vertragspartner bleibt damit der Grundstückseigentümer. Seine mehrmalige Äußerung gegenüber dem Versorgungsunternehmen, er wolle keinen Vertrag mit ihm abschließen, ist nach Auffassung des BGH unbeachtlich, da er sich hiermit in Widerspruch zu seinem eigenen tatsächlichen Verhalten, nämlich dem Bezug von Wasser über den Hausanschluss, setzte.

 

Auch wenn das Versorgungsunternehmen die Rechnungen direkt an den Mieter adressiert, ändert dies an der Haftung des Eigentümers nichts, sofern dies nicht auf Basis eines mit dem Mieter schriftlich geschlossenen Vertrages geschieht. Nach herrschender Auffassung führt die unmittelbare Abrechnung mit dem Mieter nicht dazu, dass der mit dem Vermieter bestehende Wasserversorgungsvertrag beendet und ein neues Vertragsverhältnis mit dem einzelnen Mieter begründet wird. Der Vermieter bleibt unverändert Vertragspartner des Versorgungsunternehmens und haftet wie bisher für die Bezahlung des Entgelts. Der Mieter hingegen werden nicht Vertragspartner, sondern lediglich Rechnungsempfänger (vgl. AG Bonn, a.a.O.).

 

Umgekehrt hat der BGH allerdings mit Urteil vom 17.03.2004 (- VIII ZR 95/03 -) entschieden, dass ein Vertragsschluss mit dem Grundstückseigentümer durch bloße Entnahme der Versorgungsleistung dann nicht in Betracht kommt, wenn bereits ein Vertragsverhältnis zwischen dem Versorgungsunternehmen und einem Dritten besteht, aufgrund dessen die Energielieferungen erbracht werden. Denn in diesem Fall will das Versorgungsunternehmen durch Erbringung der Versorgungsleistung nicht dem Grundstückseigentümer ein Angebot zum Abschluss eines Vertrages machen, sondern seine Pflichten aus dem bereits bestehenden Versorgungsvertrag erfüllen.

 

Für die Praxis bedeutet dies: Grundstückseigentümer, die ihre Immobilie nicht selbst bewohnen, sollten sich zur Vermeidung der Inanspruchnahme durch das Versorgungsunternehmen von dem Versorgungsunternehmen ausdrücklich bestätigen lassen, dass zwischen dem Mieter und dem Versorgungsunternehmen unmittelbar ein Versorgungsvertrag zustande gekommen ist. Nur dann, wenn dies der Fall ist, scheidet eine Inanspruchnahme des Grundstückseigentümers aus. Lehnt das Versorgungsunternehmen es ab, einen Vertrag mit dem Mieter unmittelbar zu schließen, wozu es berechtigt ist, sollte der Vermieter sich vom Mieter entweder regelmäßig die Zahlungen nachweisen lassen oder besser den Vertrag selbst mit dem Versorgungsunternehmen schließen und die entstehenden Kosten dem Mieter weiter berechnen. Nur so behält der Grundstückseigentümer einen Überblick über den Stand des Versorgungsverhältnisses und kann bei Nichtzahlung durch den Mieter rechtzeitig eingreifen.

 

Der Verfasser, RA Alexander Knauss ist u.a. auf Energie- und Wasserversorgungsrecht spezialisiert.

 

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