Dienstmittel dürfen nicht privat genutzt werden. Das gilt auch für zur Verfügung gestellte Dienstwagen. Nur wenn die private Nutzung ausdrücklich erlaubt ist, darf der Mitarbeiter den Dienstwagen auch für private Zwecke einsetzen. Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat in einem aktuellen Urteil klargestellt, dass die unerlaubte private Nutzung eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung darstellt, die eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses begründen kann (LAG Rheinland-Pfalz v. 24.01.2019, 5 Sa 291/18). Trotz eines erheblichen Umfangs der privaten Nutzung von mehr als 9.000 gefahrenen Kilometern hat das Landesarbeitsgericht aber eine Abmahnung als vorrangig angesehen und die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung nicht anerkannt.
Der unbefugte Gebrauch eines Kraftfahrzeuges kann zusätzlich den Straftatbestand des § 248b StGB darstellen.
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Der Fall (verkürzt):
Die klagende Arbeitnehmerin war bei den beklagten US-Streitkräften als Sachbearbeiterin im Transportwesen beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde fristlos am 28. Dezember 2016 gekündigt.
Die US-Streitkräfte haben die Kündigung darauf gestützt, dass die Klägerin Dienstfahrzeuge unerlaubt privat genutzt und in diesem Zusammenhang auch falsche Eintragungen in das Fahrtenbuch vorgenommen hat.
Zwischen den Parteien ist diese private Nutzung unstreitig. Die Klägerin hat über einen längeren Zeitraum ein ausschließlich zur dienstlichen Nutzung vorgesehenes Dienstfahrzeug (Ford Mondeo) dazu genutzt, um ihren 85 km entfernten Wohnort zu erreichen und den Dienstwagen für die Hin- und Rückfahrt einzusetzen. In das Fahrtenbuch trug die Klägerin diese Fahrten nicht ein, sondern gab statt ihrer Wohnung falsche Zielorte ein. Auch zum Betanken nutzte die Klägerin die Tankkarte der US-Streitkräfte.
In ihrer Anhörung hat sie allerdings dazu vorgetragen, ihre Vorgesetzten hätten Sie dazu angewiesen. Nach Auflösung einer Einheit hätte das Risiko einer Reduzierung des Fahrzeugpools bestanden. Es sei deshalb nach Ansicht der Vorgesetzten wichtig gewesen, die Dienstfahrzeuge in einem gewissen Umfang an Kilometern bzw. Meilen zu nutzen. Wörtlich habe ihr Vorgesetzter ihr einen Dienstwagen übergeben und erklärt, dass „Meilen drauf müssten“.
Sie habe ihren Vorgesetzten ausdrücklich gefragt, ob dies überhaupt genehmigt sei, ob ein prozentualer Anteil von ihrem Gehalt abgezogen und ob die Gestellung des Fahrzeuges in ihrer Lohnabrechnung erscheinen werde, weil sie mit dem Fahrzeug dann nach Hause fahren werde. Dieser habe ihr erklärt, dass dies genehmigt sei, ihr werde vom Gehalt nichts abgezogen und sie müsse auch den Sprit nicht selbst zahlen. Sie solle das Fahrtenbuch falsch ausfüllen, damit ihr Wohnort dort nicht auftauche und lediglich bestimmte Werkstätten eintragen. Schließlich habe ihr der Vorgesetzte sogar erklärt, dass sie nicht vor ihrem Wohnhaus parken solle, sondern um die Ecke. Er selbst würde dies auch so machen.
Das Arbeitsgericht hat in erster Instanz die Kündigung, nach einer Beweisaufnahme und Vernehmung des Vorgesetzten, für unwirksam erklärt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hätte sich die Klägerin für berechtigt halten dürfen, Dienstfahrzeuge privat zu nutzen. Jedenfalls hätte eine Abmahnung ausgereicht.
Die Entscheidung:
Im Berufungsverfahren hat das Landesarbeitsgericht die Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt.
I. Unerlaubte private Nutzung als Kündigungsgrund
Zunächst hat das Landesarbeitsgericht klargestellt, dass ein Arbeitnehmer ein Dienstfahrzeug nicht ohne Erlaubnis des Arbeitgebers privat nutzen darf. Der unbefugte Gebrauch eines Kraftfahrzeuges erfüllt sogar den Straftatbestand des § 248b StGB (unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs). Auch wird das Vermögen des Arbeitgebers durch den Verbrauch von Treibstoff und die Abnutzung des Fahrzeuges verletzt.
Begeht also ein Arbeitnehmer im Zusammenhang mit seiner Arbeit rechtswidrige und vorsätzliche – ggf. sogar strafbare – Handlungen unmittelbar gegen das Vermögen seines Arbeitgebers, verletzt er damit in schwerwiegender Weise seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme (vgl. § 241 Abs. 2 BGB) und missbraucht das in ihn gesetzte Vertrauen. Ein solches Verhalten kann sogar einen wichtigen Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB darstellen. Maßgebend ist stets der mit der Pflichtverletzung verbundene Vertrauensbruch.
II. Vorrangige Abmahnung
Im vorliegenden Fall war es aber den US-Streitkräften zuzumuten, die Klägerin weiter zu beschäftigen. Eine Abmahnung hätte angesichts der sehr speziellen Umstände als Reaktion auf das Fehlverhalten der Klägerin ausgereicht. Das Landesarbeitsgericht hat zwar klargestellt, dass der Klägerin der heimliche und unaufrichtige Charakter der „Anweisungen“ nicht verborgen geblieben sein dürfte. Der gesamte Vorgang spricht gerade nicht für ein redliches Verhalten. Es hätte sich hier aufdrängen müssen, dass es sich bei den Erklärungen des Vorgesetzten um rechtswidrige Dienstanweisungen gehandelt haben muss, die auf vorsätzliche Täuschung der für die Fahrzeugflotte zuständigen Vorgesetzten hinauslief.
Ein Arbeitnehmer, der bei der privaten Nutzung eines Dienstwagens falsche Ziele im Fahrtenbuch einträgt und das geparkte Fahrzeug versteckt, kann sich nicht pflichtgemäß verhalten.
Aber: Nach Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist hier davon auszugehen, dass das künftige Verhalten der Klägerin schon durch die Androhung von Folgen positiv beeinflusst werden kann und damit eine Abmahnung ausreicht.
Hinweis für die Praxis:
Eine Abmahnung bedarf es ausnahmsweise nur dann nicht, wenn bereits abschließend erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung auch nach Ausspruch einer Abmahnung nicht zu erwarten oder die Pflichtverletzung so schwerwiegend ist, dass selbst deren erstmalige Hinnahme durch den Arbeitgeber ausgeschlossen ist. Diese strengen Voraussetzungen lagen hier nicht vor.
Fazit:
Die Entscheidung macht deutlich, dass jeder Arbeitnehmer gehalten ist, offenkundig rechtswidrige Anweisungen von Vorgesetzten zu hinterfragen und nicht ohne Weiteres zu befolgen. In Zweifelsfällen muss der nächst höhere Vorgesetzte kontaktiert und befragt werden. Fehlverhalten kann nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass ein Vorgesetzter in erkennbarer Art und Weise zu rechtswidrigen Handlungen auffordert.
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