19.03.2020 -

Angesichts der Corona-Pandemie und der damit einhergehenden behördlichen Infektionsschutzmaßnahmen erhalten die Arbeitsagenturen massenhafte Anfragen zum Kurzarbeitergeld. (Siehe hierzu auch unsere Meldung zur Einführung der neuen Regelungen). Um den Fortbestand des Betriebes zu sichern dürften in den meisten Fällen sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer ein Interesse daran haben, Kurzarbeit einzuführen.

Trotzdem ist die Einführung von Kurzarbeit grundsätzlich an eine taugliche Rechtsgrundlage gebunden. Einer einseitigen Anordnung gegen den Willen des Arbeitnehmers muss dieser nicht Folge leisten, wenn im Arbeitsverhältnis keine wirksame Regelung zur Einführung von Kurzarbeit vorgesehen ist.


Die Einführung von Kurzarbeit ist grundsätzlich an eine taugliche Rechtsgrundlage gebunden. (Copyright: Nina Sanders/adobe.stock)

Ein Überblick über die einzelnen Konstellationen:

Tarifliche Rechtsgrundlagen

Die Einführung von Kurzarbeit kann in einem Tarifvertrag geregelt sein. Tarifverträge gelten klassischerweise, wenn der Arbeitgeber Mitglied eines Arbeitgeberverbandes ist und der Arbeitnehmer in der Gewerkschaft ist, die mit ebendiesem Arbeitgeberverband den Tarifvertrag ausgehandelt hat. Tarifverträge können aber auch durch Erklärung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales für allgemeinverbindlich erklärt werden. Dann ergibt sich die Tarifbindung allein aus dem im Tarifvertrag bestimmten Geltungsbereich. Arbeitgeber und Arbeit-nehmer können zudem Tarifverträge in den einzelnen Arbeitsvertrag teilweise oder ganz einbeziehen.

Arbeitgeber sollten also im ersten Schritt prüfen, ob und ggf. inwieweit für sie ein Tarifvertrag Anwendung findet und ob dieser Tarifvertrag eine Bestimmung enthält, auf deren Grundlage die Kurzarbeit eingeführt werden kann.

Rechtsgrundlage Arbeitsvertrag?

Fehlt es an einer tarifvertraglichen Rechtsgrundlage, können auch in Arbeitsverträgen wirksam Bestimmungen zur Einführung von Kurzarbeit geregelt werden. Diese können allerdings auch unwirksam sein, etwa, weil der Arbeitnehmer aus der Klausel heraus nicht nachvollziehen kann, in welchem Verhältnis er bei der Einführung von Kurzarbeit noch Anspruch auf Vergütung hat. Ein klassisches Negativbeispiel für eine Kurzarbeit-Klausel wäre die folgende Klausel: „Der Arbeitnehmer erklärt sich zur Kurzarbeit bereit.“

Wenn der schriftliche Arbeitsvertrag keine Klausel für die Einführung von Kurzarbeit enthält, kann Kurzarbeit nach überwiegender Auffassung auch stillschweigend vereinbart werden, indem der Arbeitgeber sie anordnet und der Arbeitnehmer, der von der Kurzarbeit betroffen ist, die Anordnung widerspruchslos umsetzt. Fügt sich der Arbeitnehmer der Anordnung nicht und ist er auch nicht bereit, den Arbeitsvertrag anzupassen, bleibt dem Arbeitgeber nur noch die Änderungskündigung, gegen die der Arbeitnehmer vor Gericht klagen kann. Außerdem müssen grundsätzlich die jeweils geltenden Kündigungsfristen vom Arbeitgeber beachtet werden.

Was gilt in mitbestimmten Betrieben?

Da der Betriebsrat über eine vorübergehende Verkürzung der betriebsüblichen Arbeitszeit mitzubestimmen hat, ist er zwingend zu beteiligen, wenn Kurzarbeit eingeführt werden soll. Dies gilt auch, wenn der Tarifvertrag oder der Arbeitsvertrag Kurzarbeit ermöglicht. Ordnet der Arbeitgeber ohne Beteiligung des Betriebsrats Kurzarbeit an, ist dies unwirksam. Allerdings kann mit dem Betriebsrat auch eine Betriebsvereinbarung über die Einführung von Kurzarbeit abgeschlossen werden, wenn es an einer Tarif- oder arbeitsvertraglichen Rechtsgrundlage fehlt. In einem solchen Fall können die vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer einer vom Arbeitgeber angeordneten Kurzarbeit auch nicht widersprechen. Derartige Betriebsvereinbarungen müssen aber auch hinreichend konkret regeln, welche Betriebsabteilungen oder einzelne Arbeitnehmer von der Kurzarbeit betroffen sind und in welchem Zeitraum die Kurzarbeit wie umzusetzen ist.

Vor der Einführung von Kurzarbeit sollte der Arbeitgeber also in jedem Falle auf den Betriebsrat zugehen und eine gemeinsame Lösung suchen.

Was passiert, wenn der Arbeitnehmer sich weigert, nur die Kurzarbeit zu leisten und darauf besteht, weiter für die volle Arbeitszeit zu arbeiten?

Ist die Kurzarbeit mit einer wirksamen Rechtsgrundlage eingeführt worden und hat der Arbeitgeber zuvor einen etwa vorhandenen Betriebsrat beteiligt, muss er keine weitere Arbeit zuweisen und der Arbeitnehmer muss nicht über die Kurzarbeit hinaus beschäftigt werden.

Bei unwirksamer Kurzarbeit ist der Arbeitgeber allerdings dem vollen Lohnanspruch des Arbeitnehmers ausgesetzt, weil er sich auf keine taugliche Rechtsgrundlage berufen kann und es bei den Regelungen des Arbeitsvertrages bleibt. Da der Arbeitnehmer seine Bereitschaft, zu arbeiten, signalisiert, kommt der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug.

Praxishinweis

Bei der Einführung von Kurzarbeit ist Vorsicht geboten. Arbeitgeber müssen wissen, ob für sie tarifliche Regelungen gelten. Fehlt es an derartigen Regelungen, hilft eine Betriebsvereinbarung oder eine Vereinbarung mit dem betroffenen Arbeitnehmer weiter. Bei der Gestaltung der Vereinbarungen sind aber gewisse Vorgaben aus Gesetz und Rechtsprechung einzuhalten. Bei unwirksamen Regelungen geht der Arbeitgeber hohe Risiken ein, wenn Arbeitnehmer die Kurzarbeit nicht vorbehaltlos akzeptieren.

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  • TOP-Wirtschafts­kanzlei für Arbeits­recht
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  • TOP-Anwältin für Arbeitsrecht: Ebba Herfs-Röttgen
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