02.09.2020 -

In den vergangenen Monaten gab es eine uneinheitliche Rechtsprechung zu der Frage, ob im Rahmen einer vereinbarten Altersteilzeit im Blockmodell Urlaubsansprüche auch für die Zeit der Freistellungsphase entstehen. Überwiegend wurde das Entstehen von Urlaubsansprüchen bejaht. Das Bundesarbeitsgericht hat dies nun für die Praxis anders entschieden und mit zutreffender Begründung jegliche Urlaubsansprüche verneint (BAG v. 24.9.2019, 9 AZR 481/18). Die Entscheidung führt zur Rechtsklarheit und ist zu begrüßen. Darüber hinaus hat sie auch Auswirkungen auf andere Freistellungsmodelle, wie z.B. ein Sabbatical oder unbezahlter Sonderurlaub.


Besteht keine Arbeitsverpflichtung, können keine Urlaubsansprüche entstehen (Copyright: Gina Sanders/adobe.stock).

Der Fall

Der klagende Arbeitnehmer war in Vollzeit und mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden bei dem beklagten Arbeitgeber beschäftigt. Mit einem schriftlichen Altersteilzeitarbeitsvertrag vom 20. November 2014 vereinbarten die Vertragsparteien, das Arbeitsverhältnis beginnend ab dem 1. Dezember 2014 befristet bis zum 31. Juli 2017 auf Grundlage des Altersteilzeitgesetzes als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortzuführen.

„§ 3 Arbeitszeit

Die wöchentliche Arbeitszeit des Beschäftigten beträgt ab Beginn der Altersteilzeit – unter Beachtung der Bestimmungen des § 6 Abs. 2 Altersteilzeitgesetz (AtG) – die Hälfte der bisherigen individuellen wöchentlichen Arbeitszeit, das sind 20 Stunden / Woche.

Die Arbeitszeit wird so verteilt, dass sie im ersten Abschnitt des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses vom 01.12.2014 bis 31.03.2016 voll geleistet wird (Arbeitsphase) und der Beschäftigte anschließend ab dem 01.04.2016 bis zum Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses von der Arbeitsleistung freigestellt wird (Freistellungsphase).

§ 8 Urlaubsanspruch

Der anteilige Urlaubsanspruch des Beschäftigten richtet sich nach der jeweils geltenden Regelung von zurzeit 30 Arbeitstagen. Danach wird für das Jahr des Wechsels zwischen Arbeits- und Freistellungsphase in der Arbeitsphase der Urlaubsanspruch entsprechend der Dauer dieser Arbeitsphase gewährt. Vor Eintritt in die Freistellungsphase sind die bis dahin erworbenen Urlaubsansprüche abzuwickeln. Mit der Freistellung gelten alle Urlaubsansprüche sowie sonstigen Freistellungsansprüche als erfüllt.

Lage und Verteilung des Urlaubs sind während der Arbeitsphase mit dem Vorgesetzten abzusprechen.

§ 11 Ende des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses

Die Altersteilzeit und das Arbeitsverhältnis enden, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit dem Ablauf des 31.07.2017.“

Nach dem vereinbarten Blockmodell erbrachte der Kläger bis zum 31. März 2016 die Arbeitsleistung im bisherigen Umfang. Anschließend war er bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Juli 2017 durchgehend und vereinbarungsgemäß freigestellt. Während der gesamten Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses erhielt der Kläger eine monatliche Vergütung in Höhe von 7.035,60 € brutto, bestehend aus dem auf der Grundlage einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden berechneten Gehalt in Höhe von 5.330,00 € brutto und Aufstockungsbeträgen in Höhe von insgesamt 1.705,60 € brutto.

Im Jahre 2016 gewährte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer bis zum 31. März 2016 an acht Arbeitstagen anteiligen Erholungsurlaub.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger von dem beklagten Arbeitgeber die Abgeltung von weiteren 52 Urlaubstagen. Er hat die Auffassung vertreten, er habe jeweils zu Beginn der Kalenderjahre 2016 und 2017 einen Anspruch auf 30 Arbeitstage Urlaub erworben. Über eine nachträgliche Kürzung des Urlaubsanspruchs fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Die entgegenstehenden Regelungen in § 8 seines Altersteilzeitarbeitsvertrages seien insgesamt unwirksam, weil der gesetzliche Urlaubsanspruch nach § 13 BUrlG unabdingbar sei und auch zwischen dem gesetzlichen und dem übergesetzlichen Urlaubsanspruch nicht differenziert werde.

Er klagt daher insgesamt für die 52 noch offenen Urlaubstage eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 16.820,96 € brutto ein.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen.

Die Entscheidung

Im Berufungsverfahren hat das Bundesarbeitsgericht die Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt. Während der Freistellungsphase sind Urlaubsansprüche nicht entstanden und müssen daher auch nicht abgegolten werden.

I. Berechnung Anzahl Urlaubstage

Das Bundesurlaubsgesetz sieht in § 3 Abs. 1 BUrlG einen gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch von 24 Werktagen vor. Werktage im Sinne des Urlaubsrechts sind alle Tage von Montag bis einschließlich Samstag. Das Bundesurlaubsgesetz geht also von einer Sechs-Tage-Woche aus. Will man den Urlaubsanspruch entsprechend auf eine Fünf-Tage-Woche umrechnen, teilt man den Urlaubsanspruch durch sechs und multipliziert ihn mit fünf Urlaubstagen. Das ergibt dann die üblichen 20 Tage Urlaub bzw. vier Wochen. Arbeitet ein Mitarbeiter an weniger Tagen die Woche, beispielsweise nur an drei Tagen, rechnet man ebenfalls mit diesem Umrechnungsmodell. Man teilt dann also den gesetzlichen Urlaubsanspruch durch sechs und multipliziert das Ergebnis mit drei, macht dann also z.B. 12 Urlaubstage bei einer Drei-Tage-Woche.

Hinweis für die Praxis:

Dieses Umrechnungsmodell gilt dann entsprechend auch für einen etwaigen freiwilligen Mehrurlaub. Gewährt ein Arbeitgeber also z.B. für eine Vollzeitkraft mit einer Fünf-Tage-Woche 30 Urlaubstage, erhält ein Mitarbeiter, der nur drei Tage die Woche kommt, entsprechend 18 Urlaubstage im Jahr (30 : 5 x 3).

II. Urlaub und Altersteilzeit

Das Bundesarbeitsgericht hat sich jetzt an diesem Modell orientiert und auf diese Weise die Urlaubsansprüche bei einer vereinbarten Altersteilzeit im Blockmodell berechnet.

Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass Urlaubsansprüche nicht entstehen können, wenn keine Arbeitspflicht entsteht. So wie bei einem Teilzeitarbeitnehmer, der nur drei Tage die Woche erscheint, keine Urlaubsansprüche in der Höhe eines Vollzeitarbeitnehmers entstehen können, so steht auch einem Arbeitnehmer in der Freistellungsphase im Blockmodell kein gesetzlicher Anspruch auf Erholungsurlaub zu. Mit anderen Worten: Wer nicht arbeiten muss, hat damit Arbeitszeit Null vereinbart und bei einer Arbeitszeit Null können auch keine Urlaubsansprüche entstehen. Sehr ausführlich hat sich dann das Bundesarbeitsgericht auch mit der Frage befasst, ob dieses Ergebnis in Einklang mit Unionsrecht steht und die Frage nach eingehender Prüfung bejaht.

Hinweis für die Praxis:

Diese Berechnung gilt freilich nur für die vereinbarte Altersteilzeit im Blockmodell. Wird das Teilzeitmodell im Rahmen des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses vereinbart, ist der Arbeitnehmer während der gesamten Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses mit einer auf die Hälfte der bisherigen wöchentlichen Arbeitszeit verringerten Arbeitszeit tätig und beschäftigt. Damit erwirbt er für die gesamte Dauer des Altersteilzeitarbeitsverhältnisses nach Maßgabe von §§ 1, 3, 4 BUrlG einen Anspruch auf gesetzlichen Erholungsurlaub. Eine Kürzung von Urlaubsansprüchen ist also immer nur im Blockmodell möglich.

III. Berechnung des Urlaubs

Im konkreten Fall war der Mitarbeiter also von Januar bis März 2016 noch im Rahmen der Altersteilzeit aktiv beschäftigt. Ab April 2016 bis Ende Juli 2017 befand er sich in der Freistellungsphase. Urlaubsansprüche konnten daher nur für die Monate Januar, Februar und März 2016 entstehen. Urlaub wurde daher für diese drei Monate gequotelt. Ausgehend von dem vereinbarten jährlichen Urlaubsanspruch in Höhe von 30 Tagen entsprechen 3/12 genau 7,5 Urlaubstagen. Da Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, auf volle Urlaubstage aufzurunden sind (vgl. § 5 Abs. 2 BUrlG) hatte der klagende Mitarbeiter damit für diese drei Monate einen Urlaubsanspruch von acht Tagen, die er auch tatsächlich genommen hatte.

Fazit

Besteht keine Arbeitsverpflichtung, können keine Urlaubsansprüche entstehen. Das Bundesarbeitsgericht hat dies nun mit erfreulicher Klarheit für das Blockmodell und die darin vorgesehene Freistellungsphase der Altersteilzeit entschieden. Die Grundsätze gelten aber auch für alle anderen Vereinbarungen, in denen die Arbeitszeit auf Null gesetzt wird. So z.B. bei einem vereinbarten Sabbatical oder auch unbezahltem Sonderurlaub. Etwas anderes gilt aber in der befristeten Erwerbsminderungsrente. In diesem Fall ruht zwar das Arbeitsverhältnis kraft tarifvertraglicher oder arbeitsvertraglicher Vereinbarung, es entfällt also die Arbeitsverpflichtung; dies beruht aber gerade auf der dahinterliegenden Krankheit bzw. Arbeitsunfähigkeit. Für den speziellen Fall der Arbeitsunfähigkeit gelten die für die Krankheit entwickelten Grundsätze bei der Urlaubsberechnung. Während einer befristeten Erwerbsminderungsrente entstehen daher weiterhin (auch für die Zeiten des ruhenden Arbeitsverhältnisses) Urlaubsansprüche . Für die Vertragsgestaltung bedeutet dies, dass ausdrückliche Vereinbarungen, dass der Urlaub für die Zeiten der Freistellungsphase nicht entsteht, ausdrücklich nicht vereinbart werden müssen. Vorsorglich ist dies aber zu empfehlen, damit die Vertragsparteien in ihren Arbeitsverträgen klare Regelungen haben.

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