Übernimmt ein Chefarzt die Verantwortung, das Arbeitszeitgesetz in seiner Abteilung einzuhalten, geht er damit das Risiko eines Bußgeldes ein. Mit den Anforderungen an eine Verurteilung nach § 22 ArbZG hatte sich das OLG Jena auseinanderzusetzen.


Ein Chefarzt ist vertraglich dazu verpflichtet unter Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes den Klinikbetrieb in seiner Abteilung aufrechtzuerhalten (Copyright: Gorodenkoff/adobe.stock).

Der Fall

In einem Krankenhaus kam es zu Überschreitungen der täglichen Höchstarbeitszeit. Das Amtsgericht Suhl verurteilte den für die zuständige Abteilung zuständigen Chefarzt wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 22 ArbZG zu einem Bußgeld von 2.000 €. Zur Begründung wurde angeführt, dass dem Chefarzt die Verantwortung für die Erstellung der Dienstpläne und den Einsatz der ihm unterstellten Ärzte unterlag. Der Chefarzt habe nach dem Dienstvertrag die Pflicht, für eine rechts-und vertragskonforme Arbeitseinteilung zu sorgen. Der Chefarzt erhob hiergegen Rechtsbeschwerde und verwies insbesondere darauf, dass die Ärzte in die längeren Arbeitszeiten eingewilligt hätten.

Die Entscheidung

Das OLG wies die Sache an das Amtsgericht zurück. Das Urteil des Amtsgerichts hatte nicht ausdrücklich benannt, aus welchen vertraglichen Bestimmungen sich die Verpflichtung des Chefarztes zur Überwachung der Arbeitszeit ergeben hatte. Weiterhin setze ein Bußgeld auch die Möglichkeit des Chefarztes voraus, trotz fehlenden Personals unter Einhaltung des Arbeitszeitgesetztes den Klinikbetrieb aufrechtzuerhalten. Insoweit hätte das Amtsgericht vertragliche Rechte des Chefarztes aufzeigen müssen, Abteilungen umzustrukturieren, zu verkleinern oder zusammenzulegen.

Die Arbeitszeit sei nach dem OLG nicht disponibel, so dass eine Einwilligung der betroffenen Ärzte unbeachtlich gewesen sei. Eine Einwilligung sei nur in den Grenzen des § 7 ArbZG möglich. Vorliegend sei die Ruhezeit nach § 5 Abs. 1 ArbZG einzuhalten gewesen; auf diese könne nicht wirksam verzichtet werden. Die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes dienten auch dem öffentlichen Interesse, worüber der Arbeitnehmer nicht disponieren könne, so dass OLG.

Fazit

Ist ein Chefarzt vertraglich dazu verpflichtet, was häufig der Fall ist, unter Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes den Klinikbetrieb in seiner Abteilung aufrechtzuerhalten, droht ihm bei einem arbeitszeitrechtlichen Verstoß ein Bußgeld nach § 22 ArbZG. Entscheidend ist aber im Einzelfall, wie die vertraglichen Pflichten des Chefarztes konkret ausgestaltet sind und ob ihm Möglichkeiten zur Verfügung stehen, einen mit dem ArbZG vereinbaren Personaleinsatz auch tatsächlich anzuordnen und durchzusetzen. Auf jeden Fall kann sich der Chefarzt nicht darauf berufen, dass das ihm unterstelltes Personal freiwillig länger gearbeitet habe.

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