Als Kündigungsgrund kommt das Verhalten des Chefarztes in Betracht – insoweit ist aber auch zu berücksichtigen, inwieweit der Arbeitgeber bestimmte Handlungsweisen duldet.
Auch Verstöße, die Konzentration und Hygiene während der Operation beeinträchtigen, führen nicht unbedingt dazu, dass eine Kündigung gerechtfertigt ist. (Copyright: WavebreakMediaMicro/adobe.stock).
Der Fall
Ein Chefarzt nahm sein schnurloses Diensttelefon und sein privates Mobiltelefon bei Operationen mit in den Operationssaal und legte regelmäßig dort beide Geräte auf den Ablagetisch. Dienstliche Telefonate während laufender Operationen wurden von der Klinikleitung geduldet. Die Mitnahme der beiden Telefone wurde nie beanstandet. Die Handy-Nummer war auch in der internen Kontaktliste des Krankenhauses verzeichnet. Der Chefarzt erhielt auf beiden Telefonen Anrufe, insbesondere auch zwei bis drei Anrufe pro Vormittag auf dem Privattelefon. Die Gespräche hatten eine Dauer von wenigen Sekunden bis zu mehreren Minuten. Dies erfolgte teilweise bei offenem Operationsfeld. Zumindest einzelne Anrufe waren eindeutig privater Natur. Dem Chefarzt wurde daraufhin fristlos gekündigt, wogegen er sich mit Kündigungsschutzklage wehrte.
Die Entscheidung
Das BAG erklärte die fristlose Kündigung für unzulässig. Eine Abmahnung hätte als Sanktion genügt, so das Gericht. Der Chefarzt habe zwar seine Vertragspflichten verletzt, indem er während laufender Operationen seine Konzentration auf die Telefongespräche (ab)gelenkt habe. Private Telefonate seien zudem auf jeden Fall unzulässig gewesen. Zu berücksichtigen sei aber auch, dass im Krankenhaus Telefonate während der Operation generell geduldet worden seien. Dies müsse sich der Krankenhausträger entgegenhalten lassen. Das Risiko, das mit einem Telefonat während der Operation für den Patienten verbunden sei, erhöhe sich nicht, wenn am Telefon private statt dienstliche Angelegenheiten besprochen würden. Der Vorwurf könne sich daher nur darauf richten, dass mehr Telefonate geführt worden seien als dienstlich notwendig. Da nur wenige private Telefonate nachgewiesen werden konnten und dienstliche Anlässe bei den Anrufen auf der Mobilfunknummer nicht abwegig waren, sei eine fristlose Kündigung nicht verhältnismäßig, so das BAG. Auch eine ordentliche Kündigung sei nicht gerechtfertigt, da nach Ansicht des BAG eine Abmahnung ausreiche, um den Verhaltensverstoß des Chefarztes durch die privaten Telefonate während der Operationen zu sanktionieren.
Fazit
Auch scheinbar schwerwiegende Verstöße, die Konzentration und Hygiene während der Operation beeinträchtigen, führen nicht zwingend dazu, dass eine fristlose oder ordentliche Kündigung gerechtfertigt ist. Duldet der Arbeitgeber bestimmte Handlungsweisen, muss er sich daran auch festhalten lassen. Grundlage arbeitsrechtlicher Sanktionen kann dann nur das Verhalten sein, welches über diese geduldeten Handlungen hinausgeht – hier also gelegentliche private Telefonate.
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