Häufig enthalten Chefarztverträge Entwicklungsklauseln. Werden unter Verweis hierauf Änderungsmaßnahmen durch den Krankenhausträger ergriffen, können die Auswirkungen auf den Chefarzt erheblich sein. Die Frage nach der Wirksamkeit solcher Klauseln besitzt daher hohe Praxisrelevanz.


Auch für Entwicklungsklauseln gelten die Vorschriften über AGB des BGB (Copyright: Gelpi
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Der Fall

Ein Chefarzt war als verantwortlicher Leiter der Abteilung für Innere Medizin angestellt. In seinem Arbeitsvertrag befand sich eine sogenannte „Entwicklungsklausel“, wonach sich der Krankenhausträger das Recht vorbehalte, selbstständige Fachabteilungen neu einzurichten oder abzutrennen und dafür weitere Abteilungsärzte einzustellen. Zehn Jahre nach Einstellung des Chefarztes beschloss der Träger, eine neue Abteilung für Neurologie einzurichten und dieser bisher der Inneren Medizin zugeordnete Leistungen wie beispielsweise die Behandlung der Schlaganfallpatienten zuzuweisen. Zudem wurde die Abteilung für Innere Medizin aufgeteilt und ein weiterer Chefarzt eingestellt. Der bisherige alleinige Chefarzt der Inneren Medizin fürchtete, nur noch eine „Rumpfabteilung“ zu leiten und einen großen Teil seiner Liquidationseinnahmen zu verlieren. Er wollte vom Gericht festgestellt haben, dass er seine Tätigkeit wie bisher fortführen kann.

Die Entscheidung

Dem Kläger wurde Recht gegeben. Vom Weisungsrecht des Arbeitgebers sei die geplante Maßnahme nicht umfasst gewesen. Die Entwicklungsklausel sei unwirksam, da sie gegen die besonderen Vorschriften über AGB verstoße (AGB-Kontrolle). Demnach könne insbesondere ein Änderungsrecht des Arbeitgebers hinsichtlich des Vertragsinhalts nur vereinbart werden, wenn dies für den Arbeitnehmer zumutbar sei. Der Sache nach handelte es sich bei der organisatorischen Neuordnung um eine Gehaltskürzung, da dem Chefarzt Liquidationserlöse verloren gehen würden. Die Liquidationserlöse hätten auch keinen unbedeutenden Anteil am Verdienst des Chefarztes. Es fehle eine begrenzende Regel in der Klausel dahingehend, welchen Anteil am Gesamtverdienst der Chefarzt auf jeden Fall – also trotz struktureller Änderung – behalten sollte. Die Klausel konkretisierte zudem nicht näher, aus welchen Gründen das Krankenhaus die genannten Rechte ausüben konnte. Vielmehr konnte sie die Maßnahmen „jederzeit“ ergreifen, sodass für den Chefarzt keinerlei Rechtssicherheit bestanden habe, so das Gericht.

Fazit

Auch für Entwicklungsklauseln gelten die Vorschriften über AGB des BGB (AGB-Kontrolle). Die rechtssichere Formulierung solcher Klauseln ist anspruchsvoll und muss sowohl mögliche Gründe für Änderungsmaßnahmen wie auch deren Auswirkung berücksichtigen. Chefärzte sollten Änderungsmaßnahmen unter Verweis auf Entwicklungsklauseln kritisch hinterfragen und gegebenenfalls prüfen lassen. Das Vertragsmuster der DKG sieht inzwischen eine derartige Entwicklungsklausel vor, bei der sowohl die möglichen organisatorischen Änderungen als auch die sachlichen Gründe für deren Gebotenheit im Einzelnen benannt werden. Ferner enthält diese Klausel etwaige Entschädigungsansprüche des Chefarztes.

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