Seit gestern ist das neue Infektionsschutzgesetz in Kraft. Der Gesetzgeber hat nicht nur erstmals eine explizite Rechtsgrundlage für die Corona-Schutzmaßnahmen des Bundes und der Länder geschaffen, sondern sich auch mit der für Arbeitgeber und Arbeitnehmer wichtigen Entschädigungsfrage bei Reisen des Arbeitnehmers in Risikogebiete befasst. Hierbei ist auch die Anspruchsgrundlage in § 56 Abs. 1 IFSG angepasst worden. Was bedeutet die Änderung für Arbeitgeber?
Arbeitgeber stecken weiterhin sozusagen in einer „Zwickmühle“ (Copyright: Jürgen Fälchle/adobe.stock).
Sicher ist nun, dass Reisen in Risikogebiete eine Entschädigung nur ausschließen, wenn das Reiseziel schon bei der Abreise als Risikogebiet eingestuft war. Über diese Frage ist zuletzt oft spekuliert worden. Daher ist die Klarstellung des Gesetzgebers zu begrüßen.
Leider bleibt aber weiterhin ungeklärt, ob reisenden Arbeitnehmern auch umgekehrt immer eine Entschädigung zusteht, wenn ihr Urlaubsziel während des Aufenthaltes zum Risikogebiet wird. Auch dann erleiden die Arbeitnehmer in aller Regel Verdienstausfälle, weil sie während der Einreisequarantäne gehindert sind, ihre Arbeitsleistung zu erbringen.
Offen bleibt folglich auch nach der Gesetzesnovelle, ob der Arbeitgeber bei solchen Verdienstausfällen vorleistungspflichtig ist. Denn der Arbeitgeber ist nur zur Vorleistung verpflichtet, wenn der Arbeitnehmer ein Recht auf die Entschädigung hatte. Die Entschädigung steht dem Arbeitnehmer aber nur zu, wenn er aufgrund der Urlaubsreise ins Risikogebiet wenigstens unter Ansteckungsverdacht steht. Dies lässt sich dem neuen Gesetzeswortlaut nicht rechtssicher entnehmen.
Nach herkömmlichem Verständnis kann sich ein Ansteckungsverdacht vor allem aus dem Kontakt mit infizierten Personen ergeben (BVerwG, Urteil vom 22.03.2012 – 3 C 16/11). Für die Annahme, dass der Gesetzgeber alle Rückkehrer aus Risikogebieten zu Ansteckungsverdächtigen erklären will, scheint zwar zu sprechen, dass die Quarantäne an sich wenigstens einen Ansteckungsverdacht voraussetzt. Im Übrigen liefern weder der neue Gesetzestext noch die amtliche Begründung der Regierungsfraktionen Anhaltspunkte. Vor allem werden die Anforderungen an den Ansteckungsverdacht nicht hinreichend konkret definiert.
Folgen in der Praxis
Arbeitgeber stecken also weiterhin sozusagen in einer „Zwickmühle“. Gehen sie mit den Entschädigungen an die aus dem Risikogebiet zurückgekehrten Beschäftigten in Vorleistung, müssen sie, bis die Entschädigungsfrage von den Gerichten geklärt ist, auf eine wohlwollende Gesetzesauslegung der prüfenden Behörde hoffen, um Erstattungsleistungen zu erhalten. Lehnt die Behörde den Ansteckungsverdacht und somit eine Entschädigung aber ab, haben die Beschäftigten das Geld in aller Regel längst ausgegeben.
Lehnt der Arbeitgeber wiederrum von vornherein eine Zahlung an die Beschäftigten ab, steht ihm schon keine Erstattung von der Behörde zu und er muss befürchten, von den betroffenen Arbeitnehmern in Anspruch genommen zu werden.
In beiden Alternativen müssen Arbeitgeber also das Risiko auf sich nehmen. Da die zuständigen Behörden jedenfalls auf ihren Internetauftritten sehr vorsichtig auf Einzelfallprüfungen verweisen, wäre eine klarere Positionierung des Gesetzgebers wünschenswert gewesen.
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