23.11.2020

Das am 19. November 2020 veröffentlichte Urteil des BFH vom 17. Juni 2020 (II R 43/17) zeigt einmal mehr, wie sinnvoll es sein kann, den Wert eines Anteils an einer ererbten oder zu verschenkenden Beteiligung an einer Personengesellschaft durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen überprüfen zu lassen. Denn in verschiedenen Konstellationen weicht der von Finanzamt anzusetzende Anteilswert nach dem Bewertungsgesetz erheblich von tatsächlichen Verkehrswert ab.


BFH vom 17. Juni 2020 (II R 43/17) (Copright: Vittaya_25/adobe.stock).

Der Fall

Eine in Liquidation befindliche Personengesellschaft (KG) verfügte noch über positives und negatives Vermögen, also auch Schulden. Der Saldo des Vermögens war insgesamt negativ, es überwogen die Schulden der KG. Sowohl Ertragswert als auch Substanzwert der KG waren negativ. Die Kapitalkonten der Gesellschafter unterschieden sich stark und waren bei Gesellschafter A hoch positiv, bei allen anderen Gesellschaftern deutlich negativ, saldiert jedoch insgesamt leicht positiv. Gesellschafter A mit dem hohen positiven Kapitalkonto starb.

Seine Erbin ermittelte einen negativen Wert der ererbten Beteiligung wie folgt: Negativer Substanzwert der KG abzüglich Saldo der Kapitalkonten x prozentuale Beteiligung des A. Dem folgte das Finanzamt nicht, sondern setzte den Wert der Beteiligung wie in § 97 Abs. 1a BewG vorgeschrieben mit dem hohen Kapitalkontostand des A abzüglich der auf ihn quotal entfallenden Schulden fest, so dass immer noch ein steuerpflichtiger positiver Wert verblieb. Einspruch, Klage und Revision der Erbin waren erfolglos.

Hinweis

Dieses missliche Ergebnis hätte vermieden werden können. Zwar stellt der BFH klar, dass die Vorgaben des in § 97 Abs. 1a BewG enthaltenen Bewertungs- und Aufteilungsschemas auch dann zu beachten sind, wenn im Einzelfall der danach ermittelte Wert des Anteils von dem gemeinen Wert – so heißt der nach dem Bewertungsgesetz festzustellende Wert – abweicht. Die Vorschrift beinhaltet eine typisierende und generalisierende Methode zur Ermittlung des (gemeinen) Werts eines Anteils an einer Personengesellschaft. Die Regelung soll dem Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung auf vereinfachte, schematische Weise die Wertbestimmung ermöglichen.

Ist der Steuerpflichtige der Auffassung, der Wert des Anteils an der KG falle zu seinen Gunsten niedriger aus, als sich aus der schematischen Aufteilung ergibt, kann er einen niedrigeren Wert entweder aus einem zeitnahen Verkauf ableiten oder – mangels eines solchen Verkaufs – durch ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nachweisen, der den Wert unter Berücksichtigung der Ertragsaussichten der Gesellschaft oder einer anderen anerkannten, auch im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für nichtsteuerliche Zwecke üblichen Methode ermittelt. In einem solchen Fall ist eine Bewertung und Aufteilung nach § 97 Abs. 1a BewG nicht vorzunehmen. Dies entspricht auch der Auffassung der Finanzverwaltung.
Von der Möglichkeit, einen niedrigeren Wert des Anteils durch ein Gutachten nachzuweisen, hatte die insoweit darlegungs- und nachweispflichtige Erbin keinen Gebrauch gemacht.

Autor

Bild von  Andreas Jahn
Partner
Andreas Jahn
  • Rechtsanwalt und Steuerberater
  • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Ihr Ansprechpartner für
  • Steuerrechtliche und gesellschaftsrechtliche Begleitung von Unternehmenstransaktionen, Umwandlungen, Umstrukturierungen
  • Erbschaftsteuer und Erbschaftsteuerplanung
  • Steuerrecht der Non-profit-Organisationen, Vereine, Verbände, Stiftungen
  • Familienunternehmen und Familienstiftungen
  • Steuerstrafrecht, Selbstanzeigeberatung

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen