23.11.2020

Wird ein Anleger unter Verstoß gegen bestehende Aufklärungspflichten zum Beitritt in eine Kommanditgesellschaft (Fondsgesellschaft) verleitet, kann er … 

  • entweder die Rückabwicklung seiner Beteiligung verlangen 
  • oder an seiner Anlageentscheidung festhalten und Ersatz des Betrags verlangen, um den er seine Beteiligung wegen der unrichtigen Prospektangaben zu teuer erworben hat („Kleiner Schadensersatz“). 

In der Regel existiert bei Fondsgesellschaften eine Gründungs- und Treuhandkommanditistin, die vorvertraglich zur Aufklärung des Anlegers verpflichtet und bei Verletzung dieser Pflicht schadensersatzpflichtig ist. 


Der Erwerber eines Kommanditanteils haftet nicht für eine vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung des Veräußerers (Copyright: N. Theiss/adobe.stock).

Das Problem

Was aber gilt, wenn die Treuhandkommanditistin später ihren Anteil an der KG an neueintretende Kommanditisten verkauft? Haften dann die Neukommanditisten dem klagenden Anleger?

Der Grundsatz: Haftung des Neugesellschafters für Altverbindlichkeiten

Wenn nichts Anderes vertraglich geregelt ist, tritt der Erwerber eines Kommanditanteils ohne Weiteres in die Rechtsstellung des Verkäufers des Kommanditanteils ein. Diese Rechtsstellung ist der Inbegriff der Rechtsbeziehungen des Altgesellschafters aus dem Gesellschaftsverhältnis zu der Gesellschaft, zu deren Vermögen und zu den übrigen Gesellschaftern. 

Insbesondere haftet ein neu in eine Kommanditgesellschaft eintretender Kommanditist auch für die vor seinem Eintritt begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft nach § 173 HGB. Mit der Übernahme der Rechtsstellung eines Altgesellschafters können den Neugesellschafter auch Verbindlichkeiten des Altgesellschafters gegenüber der Gesellschaft oder gegenüber Mitgesellschaftern aus dem Gesellschaftsverhältnis treffen.

Die Ausnahme: Keine Haftung für „sonstige Verbindlichkeiten“ des Altgesellschafters

Die Schadensersatzverpflichtung wegen eines Beratungs- und Aufklärungsverschuldens trifft aber nur den Altgesellschafter, nicht auch die Gesellschaft, weil die fehlerhafte Aufklärung der Gesellschaft nicht zugerechnet werden kann. Sie trifft ihn zwar in seiner Eigenschaft als aufklärungspflichtigen Altgesellschafter, aber nicht aus dem Gesellschaftsverhältnis gegenüber der Gesellschaft oder Mitgesellschaftern, so der BGH. Somit ist sie eine nicht auf den Erwerber übergehende „sonstige Verbindlichkeit“ des Altgesellschafters.

Das steht im Einklang mit der vorangegangenen Rechtsprechung des BGH zur Prospekthaftung. Auch dort richtet sich der Anspruch des Anlegers aus Prospekthaftung (im weiteren Sinne) nicht gegen die Fondsgesellschaft, sondern gegen die Initiatoren der Gesellschaft, die Gründungsgesellschafter und gegen diejenigen, die sonst für die Mängel des Beitritts eines Anlegers verantwortlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 06.02.2018 – II ZR 17/17, mit weiteren Nachweisen). Auch solche Verbindlichkeiten treffen den Neugesellschafter somit grundsätzlich nicht. 

Fazit

Der Erwerber eines Kommanditanteils haftet nicht für eine vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung des Veräußerers, die diesem von einem Anleger zur Last gelegt wird.

Autor

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Andreas Jahn
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