17.11.2004 -

 

 

Der Fall:

 

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in seinem Urteil vom 24. Juni 2004 (- 6 AZR 383/03 -) mit der Rechtmäßigkeit einer Vertragsklausel zu befassen, die die Rückzahlung von Fortbildungskosten vorsah. Sie lautete:

 

„Sollte das Arbeitverhältnis während der ersten vierundzwanzig Monate enden, hat der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber gezahlten Lehrgangsgebühren und das für die nachgewiesene Teilnahme gezahlte Gehalt an den Arbeitgeber zurückzuzahlen.“

 

Die Arbeitgeberin finanzierte der Mitarbeiterin auf Basis dieser Abreden einen Ausbildungslehrgang. Nur 5 Monate nach dem Beginn des Arbeitsverhältnisses und damit auch der Ausbildung bewarb sich die Arbeitnehmerin aber auf eine neue Arbeitsstelle. Die Arbeitgeberin erfuhr hiervon, da sie selbst diese Arbeitsstelle als Chiffreanzeige ausgeschrieben hatte. Sie kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis während der Probe- und Wartezeit und forderte die Weiterbildungskosten in unstreitiger Höhe von 4.011,57 € von der Klägerin zurück.

 

Die Entscheidung:

 

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die Rückzahlungsklausel einer Inhaltskontrolle nach § 242 BGB nicht standhielt. Der Senat führt aus, dass die für den Arbeitnehmer aufgrund solcher Rückzahlungsvereinbarungen entstehenden Bindungen an das Arbeitsverhältnis im Rahmen einer Güte- und Interessenabwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalles auf ihre Zumutbarkeit hin zu überprüfen sind. Das Bundesarbeitsgericht grenzt hierbei die Verantwortungs- und Risikobereiche ab. Kündigt der Arbeitgeber, ohne hierzu berechtigten Anlass zu haben und liegen die Gründe für die Vertragsbeendigung in seinem Verantwortungs- und Risikobereich, ist die Rückzahlungspflicht unangemessen. Nur dann, wenn der Arbeitnehmer von sich aus das Arbeitsverhältnis kündigt oder aber durch sein Verhalten Anlass zur Vertragsbeendigung gegeben hat, sind die Gründe der Vertragsauflösung in der Sphäre des Arbeitnehmers zu suchen und die Rückzahlungspflicht angemessen.

 

Zu dem konkreten Fall äußerte das Bundesarbeitsgericht die Ansicht, in der Bewerbung eines Arbeitnehmers auf eine Stellenanzeige liege kein Pflichtenverstoß. Die Bewerbung selbst diene der Vorbereitung eines neuen Arbeitsverhältnisses und sei durch Art. 12, 2 GG geschützt. Somit habe die Vertragsbeendigung noch in der Sphäre des Arbeitgebers gelegen, der auf das zulässige Verhalten der Arbeitnehmerin mit der Kündigung reagiert habe. Die Rückzahlungspflicht bestand nicht.

 

Hinweis:

 

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts befasst sich noch mit der alten Rechtslage zur Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen. Die seit dem 1. Januar 2002 für Neuverträge sowie seit dem 1. Januar 2003 für Altverträge geltende AGB-Kontrolle nach Maßgabe der §§ 305 ff. BGB fand in der Entscheidung also noch keine Berücksichtigung. Es ist aber davon auszugehen, dass die Maßstäbe an die Wirksamkeit einer Rückzahlungsklausel im Geltungsbereich der §§ 305 ff. BGB stärker sind. Insoweit hat die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts auch für die Gestaltung neuer Arbeitsverträge Relevanz. Es ist deshalb dringend zu empfehlen, die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu berücksichtigen.

 

 

Verfasser: Rechtsanwalt Sebastian Witt

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