29.11.2004

 

Nicht nur das Jahr neigt sich dem Ende zu. Auch für so manche Forderungen droht ein unrühmliches Ende, nämlich die Verjährung. Akuten Handlungsbedarf könnte vor allem die Schuldrechtsrefom 2002 auslösen. Diese hat nämlich eine Reihe von Änderungen beim Verjährungsrecht mit sich gebracht, die sich zum Jahresende 2004 auswirken. Betroffen sind vor allem die Ansprüche, die nach altem Recht innerhalb von 30 Jahren verjährten und nunmehr nur noch einer dreijährigen Verjährungsfrist unterfallen. Für viele „Altforderungen“ tritt daher zum 31. Dezember 2004 die Verjährung ein. Die folgende Übersicht gibt einen Überblick über die wichtigsten aktuellen Verjährungsregeln:

 

Die aktuellen Verjährungsfristen

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre. Diese Frist gilt grundsätzlich für alle gesetzlichen und vertraglichen Ansprüche, soweit keine spezielleren Verjährungsfristen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) oder in anderen gesetzlichen Vorschriften vorgesehen sind.

 

Verjährungsbeginn setzt Kenntnis voraus

Die Verjährung beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt haben müsste.

 

Ausnahmen von der dreijährigen Verjährungsfrist

Folgende als Ausnahmen im Gesetz genannten Ansprüche verjähren jedoch

  • taggenau (also nicht zum Jahresende) und
  • in objektiven Fristen von

·         10 Jahren:
Ansprüche ab Entstehung (ohne Rücksicht auf die Kenntnis) auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück, auf Begründung, Übertragung, Inhaltsänderung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstück bzw. auf Änderung eines solchen Rechts.

·         30 Jahren:
Titulierte Ansprüche ohne Rücksicht auf Entstehung und Kenntnis, d.h. durch gerichtliche Entscheidung rechtskräftig festgestellte Ansprüche, die Herausgabeansprüche aus Eigentum und anderen dinglichen Rechten, familien- und erbrechtliche Ansprüche, vollstreckbare Ansprüche nach Feststellung im Insolvenzverfahren sowie die Schadenersatzansprüche wegen Verletzung eines höchstpersönlichen Rechtsguts.

·         Der Lauf der Verjährungsfrist dieser Ansprüche, die nicht der dreijährigen, regelmäßigen Verjährung unterliegen, beginnt mit der Entstehung des Anspruchs, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn gesetzlich bestimmt ist (z.B. Ablieferung oder Abnahme).

 

Tipp: Bei allen Verjährungsfristen ist zu berücksichtigen:

  • Das Gericht prüft die Verjährung im Zivilprozess nicht von Amts wegen.
  • Die Forderung bleibt trotz Verjährung bestehen. Das bedeutet:
    • Ansprüche auf Nebenleistungen (Zinsen, Kosten) verjähren mit der Hauptforderung.
    • Die Aufrechnung mit verjährten Ansprüchen ist zulässig, wenn die Aufrechnungslage in noch unverjährter Zeit bestanden hat.

 

Neubeginn der Verjährung

Die gesetzliche Regelung spricht generell vom „Neubeginn der Verjährung“, wenn

  • der Schuldner dem Gläubiger gegenüber den Anspruch durch Abschlagszahlung, Zinszahlung oder Sicherheitsleistung oder in anderer Weise anerkennt oder
  • eine gerichtliche oder behördliche Vollstreckungshandlung vorgenommen oder beantragt wird.

 

Dieser Neubeginn bewirkt, dass eine bereits angelaufene Verjährungsfrist unbeachtlich ist und die maßgebliche Verjährungsfrist in voller Länge neu zu laufen beginnt.

 

Tipp: Für bereits titulierte Ansprüche, die erst in 30 Jahren verjähren, lässt sich somit durch entsprechende Vollstreckungshandlungen praktisch eine unbegrenzte Verlängerung der Verjährung erreichen.

 

Hemmung der Verjährung

Die Hemmung der Verjährung bewirkt demgegenüber, dass der Zeitraum der Hemmung nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird.

 

Die gesetzlichen Vorschriften sehen spezielle Rechtsverfolgungsmaßnahmen vor, bei denen die Verjährung gehemmt ist, insbesondere

  • die Verhandlung über den Anspruch bzw. die Anspruchsgründe,
  • die Erhebung der Klage auf Leistung oder Feststellung,
  • die Zustellung des Mahnbescheids,
  • die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
  • die Zustellung der Streitverkündung,
  • die Zustellung eines Antrags auf Durchführung des selbstständigen Beweisverfahrens,
  • die Zustellung eines Antrags auf Erlass eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung,
  • die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren,
  • die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe.

 

Welche Vorschriften gelten für alte Forderungen?

Das derzeit geltende Recht ist erst 2002 in Kraft getreten. Damit stellt sich die Frage: Was gilt für Verträge, die vor dem 1.1.2002 geschlossen wurden und für Rechnungen, die vor dem 1.1.2002 gestellt wurden? Oder noch komplizierter: Was gilt für Rechnungen, die nach dem 1.1.2002 gestellt wurden, aber auf Verträgen basieren, die vor dem 1.1.2002 geschlossen wurden?

Die Antworten finden sich in den Überleitungsbestimmungen zum Verjährungsrecht: Das neue Verjährungsrecht ist grundsätzlich auch auf die alten Verträge anzuwenden. Von dieser Regel gibt es lediglich zwei Ausnahmen:

 

  1. Neue Verjährungsfrist ist länger als die alte
    Ist die Verjährungsfrist nach dem neuen Verjährungsrecht länger als nach den bisherigen Vorschriften, bleibt es bei der kürzeren Frist.

    Beispiel: Für ein privates Bauvorhaben wurde im April 2001 der Rohbau errichtet und abgenommen. Dann würde nach der neuen Verjährungsvorschrift die Werklohnforderung des Bauunternehmers erst in drei Jahren verjähren, also am 31.12.2004. Nach der alten Rechtslage verjährt die Forderung allerdings in zwei Jahren, also am 31.12.2003. Es bleibt damit bei der kürzeren Verjährungsfrist. Die Rechnung des Bauunternehmers aus April 2001 verjährt am 31.12.2003.

 

  1. Neue Verjährungsfrist ist kürzer als die alte
    Ist die Verjährungsfrist nach dem neuen Verjährungsrecht kürzer als nach den bisherigen Vorschriften, so beginnt die kürzere Frist erst am 1.1.2002 zu laufen. Endet allerdings die nach den alten Vorschriften längere Frist noch vor der Frist des neuen Verjährungsrechts, tritt die Verjährung trotzdem schon mit dem Ablauf der längeren bisherigen Frist ein.

    Beispiel: 2001 wurde der Rohbau für den Gewerbebetrieb des Auftraggebers errichtet. In demselben Jahr wurde auch die Schlussrechnung gestellt. Nach der alten Rechtslage verjährt die Forderung innerhalb von vier Jahren, also am 31.12.2005. Nach der neuen Rechtslage verjährt die Forderung dagegen innerhalb von drei Jahren. Das wäre am 31.12.2004. Im konkreten Fall orientiert sich also die Verjährungsfrist bereits am neuen Recht. Der Werklohnanspruch verjährt am 31.12.2004.

 

Fazit: Es gilt grundsätzlich die jeweils kürzere Verjährungsfrist. Es muss daher immer die Frist nach der alten und nach der neuen Rechtslage verglichen werden. Um ganz sicherzugehen, sollten Sie Ihre Forderungen noch rechtzeitig vor Jahresende zum „Verjährungs-Check“ geben.

(RA & StB Andreas Jahn)

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