Verkauf einer Immobilie nach Schenkung (Copyright: Mind and I/AdobeStock)
Haben Eltern die Veräußerung eines Grundstücks angebahnt, liegt ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten grundsätzlich nicht vor, wenn sie das Grundstück unentgeltlich auf ihre Kinder übertragen und diese das Grundstück an den Erwerber veräußern; der Veräußerungsgewinn ist dann bei den Kindern nach deren steuerlichen Verhältnissen zu erfassen.
Damit lassen sich im Familienverbund Steuern auf private Veräußerungsgewinne (landläufig auch „Spekulationssteuer“ genannt) sparen, wenn Kinder mit einem niedrigeren Steuersatz oder gar nicht besteuert werden.
Deshalb witterte das Finanzamt auch in dem jetzt vom BFH entschiedenen Fall Missbrauch und rechnete den Veräußerungsgewinn nicht den Kindern, sondern der Mutter zu. So sah es auch das Finanzgericht Nürnberg. Die Erfassung des privaten Veräußerungsgeschäfts bei der Mutter entspreche der Besteuerung einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen Gestaltung. Es habe ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten i.S. des § 42 AO vorgelegen. Die Mutter sei bei der Verkaufsanbahnung tätig geworden, habe aber unmittelbar vor dem Verkauf an die von ihr gefundenen Käufer – statt an diese zu verkaufen – das Grundstück auf ihre Kinder übertragen. Dadurch habe sie die Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei sich vermieden.
Erst beim BFH bekam die Mutter Recht (BFH-Urteil vom 23.04.2021, IX R 8/20).
Denn die unentgeltliche Übertragung des Grundstücks an einen Dritten, der das Grundstück sodann innerhalb der Spekulationsfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG (bei Grundstücken 10 Jahre) veräußert, unterfällt dem Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG und stellt daher ungeachtet der zeitlichen Nähe zwischen Übertragung und Weiterveräußerung grundsätzlich keinen Gestaltungsmissbrauch i.S. des § 42 AO dar.
Bei § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG handelt es sich um eine Regelung, die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient und damit um eine spezielle Missbrauchsverhinderungsvorschrift i.S. des § 42 Abs. 1 Satz 2 AO. Daneben kommt die Annahme eines Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts nach der allgemeinen Missbrauchsverhinderungsvorschrift des § 42 AO grundsätzlich nicht in Betracht.
Definiert der Gesetzgeber in einer Missbrauchsvorschrift, welche Sachverhalte steuerlich nicht anzuerkennen sind, ist im Umkehrschluss zu vermuten, dass das Verdikt der steuerlichen Nichtanerkennung abschließend getroffen ist. Andere Gestaltungen, die zwar in den sachlichen Anwendungsbereich der materiellen Steuervorschrift fallen, aber Tatbestandsmerkmale der Missbrauchsvorschrift im Einzelfall gerade nicht erfüllen, müssen für den Regelfall nach dem Willen des Gesetzgebers als angemessene Gestaltungen angesehen werden, sodass der Tatbestand des § 42 AO in diesem Fall nicht erfüllt ist (so insbesondere Mack/Wollweber, DStR 2008, 182; Hey, BB 2009, S. 1044 ff.).
Der Umstand, dass der Veräußerungsgewinn bei den Beigeladenen niedriger besteuert wird als bei der Klägerin, führt nicht zur Annahme eines Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten. Einem Steuerpflichtigen ist es nicht verwehrt, die rechtlichen Verhältnisse so zu gestalten, dass sich eine geringere steuerliche Belastung ergibt. Das Bestreben, Steuern zu sparen, macht für sich allein eine Gestaltung noch nicht unangemessen.
Aber aufgepasst: Nicht von dem Urteil erfasst sind Verkäufe nach unentgeltlicher Übertragung, soweit es um gewerblichen Grundstückshandel geht.
In der Einschaltung naher Angehöriger in Grundstücksgeschäfte, um das Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze zu vermeiden, kann unverändert ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten liegen. Denn dort gibt es keine spezielle Missbrauchsverhinderungsvorschrift, die § 42 AO als allgemeine Missbrauchsverhinderungsvorschrift verdrängen könnte.
Ebenso kann die Weiterveräußerung geschenkter Objekte dem Schenker zugeordnet werden, wenn dieser nach dem Gesamtbild der Verhältnisse das „Geschehen beherrscht hat“ und ihm selbst der Erlös aus den Weiterveräußerungen zugeflossen ist (BFH, Beschluss vom 17. Oktober 2002 – X B 13/02 und BFH, Urteil vom 15. März 2005 – X R 39/03). Auch können die unentgeltlichen Übertragungen nach den Grundsätzen über die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen als unbeachtlich zu qualifizieren sein oder nicht anerkannt werden, wenn sie auf sog. Strohmann-Geschäften bzw. Scheingeschäften i.S. von § 41 Abs. 2 AO beruhen (vgl. BFH, Urteil vom 23. August 2017 – X R 7/15 –, Rn. 31)
Auszeichnungen
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2022/2023)
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„Häufig empfohlen wird Andreas Jahn, Steuerrecht“(JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017-2021)
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