09.09.2021

Die Verjährung ist für den ausgeschiedenen Gesellschafter gefährlich. Nach der gesetzlichen Regelung verjähren Ansprüche nach drei Jahren. Diese 3 Jahre beginnen zu zählen am Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den „den Anspruch begründenden Umständen“ sowie der Person des Schuldners Kenntnis hatte.

Häufig ist die 3-jährige Verjährung auskömmlich. Gläubiger wissen, wann ihre Ansprüche entstanden sind, im Regelfall auch wie hoch sie sind. Der Schuldner ist ebenfalls häufig bekannt, im Regelfall ein Vertragspartner oder ein Schädiger.

Der Abfindungsanspruch des ausgeschlossenen Gesellschafters ist dagegen nicht so einfach zu fassen. Gesellschafter streiten gerne über Jahre, ob ein Gesellschafter überhaupt zu Recht ausgeschlossen ist. Im Anschluss können Jahre ins Land gehen, die Höhe des Abfindungsanspruches zu ermitteln. Es ist daher nicht verwunderlich, dass eine Gesellschaft gerne zur Verjährungseinrede greift, wenn nach Jahr und Tag ein Gesellschafter seinen Abfindungsanspruch beziffert.

Für einen wichtigen Fall hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 18. Mai 2021 – II ZR 41/20 – Klarheit geschaffen.


Verjährung des Abfindungsanspruches (Copyright: kwarner/adobe.stock).

Sachverhalt

Der Kläger war Gesellschafter einer GbR, die Alleinaktionärin einer AG war. Die übrigen Gesellschafter schlossen den Kläger im Jahre 2009 aus der GbR wegen Pflichtverletzung aus. Der Kläger wandte sich hiergegen mit der Klage. Im Dezember 2015 stand schließlich fest, dass der Ausschluss rechtmäßig war, nachdem der Bundesgerichtshof eine Nichtzulassungsbeschwerde gegenüber der Entscheidung des Kammergerichts in Berlin zurückgewiesen hat.

Einige Zeit vor diesem Beschluss des BGH, Ende 2014, erging ein Mahnbescheid des Klägers gegenüber der GbR auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 1.125.000,00 €. In dem darauffolgenden Rechtsstreit berief sich die beklagte GbR auf Verjährung. Auch dieses Verfahren wurde bis zum Bundesgerichtshof geführt. Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Revision beim BGH hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe

Der BGH hat zunächst die Grundzüge der Verjährung eines Abfindungsanspruches eines Gesellschafters festgezurrt. Verjährungsbeginn ist gemäß § 199 Abs. 1 BGB das Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden und der Gläubiger Kenntnis von den den Anspruch begründeten Umständen sowie der Person des Schuldners hatte.

Der Abfindungsanspruch eines ausgeschiedenen Gesellschafters entsteht mit dem Ausscheiden des Gesellschafters und kann nach seiner Fälligkeit geltend gemacht werden. Fällig ist der Abfindungsanspruch zum Zeitpunkt des Ausscheidens, es sei denn der Gesellschaftsvertrag enthält eine abweichende Regelung. In dem Gesellschaftsvertrag der GbR bestand eine (übliche) Ratenzahlungsvereinbarung, aufgrund dessen der Abfindungsanspruch in vier Jahresraten auszuzahlen sei, wobei die erste Rate sechs Monate nach dem Ausscheiden fällig werde. Der BGH stellte hierzu fest, dass bei ratierlicher Auszahlung des Abfindungsanspruches der Abfindungsanspruch insgesamt mit Fälligkeit der ersten Rate geltend gemacht werden könne. Diese Feststellungen sind noch unproblematisch.

Der Gläubiger (Gesellschafter) müsse aber auch Kenntnis von den „den Anspruch begründeten Umstände“ haben. Diese Kenntnis liege vor, wenn dem Gläubiger alle Tatsachen bekannt seien, die für die Entstehung des Anspruches erheblich seien. Ob der Gläubiger die zutreffenden rechtlichen Schlussfolgerungen gezogen habe, sei grundsätzlich irrelevant. Von diesem Grundsatz sei allerdings dann eine Ausnahme zu machen, wenn dem Gläubiger eine verjährungshemmende Klage nicht zuzumuten sei. Nicht zuzumuten sei eine Klage nach Auffassung des BGH, wenn der Kläger sich dadurch im Widerspruch zu einem anderen Verfahren setze.

Ein solcher Fall lag nach Auffassung des BGH vor.

Der Abfindungsanspruch des Klägers war mit dem Ausschluss aus der Gesellschaft in 2009 entstanden. Mit Fälligkeit der ersten Rate sechs Monate nach dem Ausschluss war der Abfindungsanspruch noch in 2009 insgesamt fällig geworden. Verjährungsbeginn war daher der 31. Dezember 2009. Die Verjährung wäre nach Ablauf des 31. Dezember 2012 eingetreten. Bis zum 31. Dezember 2012 hat der Kläger keine verjährungshemmenden Maßnahmen (beispielsweise Klage oder Mahnbescheid) gegenüber der GbR ergriffen. Der Kläger hat vielmehr im Zeitraum von 2009 bis 2015 seinen Ausschluss aus der GbR bekämpft. In diesem Zeitraum sei es dem Kläger nicht zuzumuten gewesen, trotz seiner Klage gegen den Ausschuss zugleich eine Klage wegen der Höhe des Abfindungsanspruches zu erheben. In der Klage über die Höhe des Abfindungsanspruches hätte er sein Ausscheiden aus der GbR zugestehen müssen. Dies sei im Hinblick auf das vorherige Verfahren über die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses unbillig.

Der Kläger konnte daher frühestens nach dem Nichtzulassungsbeschluss des BGH in 2015 Klage wegen des Abfindungsanspruches erheben. Bis dahin „durfte“ der Kläger darauf vertrauen, dass sein Ausschluss rechtswidrig war.

Konsequenzen für die Praxis

Das Urteil schafft Klarheit für die Fälle, in denen sich der Gesellschafter zunächst gegen den Ausschluss wendet. Ein Gesellschafter ist grundsätzlich nicht verpflichtet, in dem Zeitraum, in welchem die Gerichte über seinen Ausschluss befinden, zugleich „hilfsweise“ die Höhe des Abfindungsanspruches geltend zu machen. Ob sich dies nicht doch in Einzelfällen aus Sicherheitsgründen empfiehlt, ist eine andere Frage.

Eine gewisse Eile ist dagegen für den Gesellschafter geboten, der sich nicht gegen den Ausschluss wendet. Dieser muss die dreijährige Verjährung beachten. Sollte die Höhe des Abfindungsanspruches innerhalb dieser drei Jahre nicht einvernehmlich geklärt sein, muss der Gesellschafter verjährungshemmende Maßnahmen ergreifen, sei es durch Erhebung einer Klage oder die Beantragung eines Mahnbescheides. Ansonsten droht Verjährung.

Autor

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Dr. Andreas Menkel
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