Können Sich Chefärzte gegen Freistellungen wehren?  (credit: adobestock)

Kommt es im Arbeitsverhältnis zwischen Chefarzt und Klinikträger zu Spannungen, sieht sich der Chefarzt unter Umständen einer Freistellung ausgesetzt. In einer solchen Situation hat ein Chefarzt durchaus ein Interesse daran, schnell Maßnahmen zu ergreifen und seine tatsächliche Beschäftigung in der Klinik durchzusetzen. Schließlich ist es für die Reputation und das „Standing“ des Chefarztes in der Klinik und für den Erhalt der medizinischen Fähigkeiten und Kenntnisse wichtig, zu praktizieren und nicht nur die Vergütung zu erhalten. Während ein Gerichtsverfahren in der Hauptsache länger dauert, ermöglicht eine einstweilige Verfügung eine schnelle Intervention, um die Beschäftigung in der Klinik sofort durchzusetzen. Welche Anforderungen insoweit bestehen, zeigt ein aktuelles Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven.

Die wichtigsten Fakten aus dem Urteil des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven, Beschluss vom 11.03.2021 – 3 Ga 301/21:

• Im ungekündigten Arbeitsverhältnis stehe einem Arbeitnehmer neben dem Vergütungsanspruch auch ein Anspruch auf tatsächliche Beschäftigung zu, dieser bestehe nur dann nicht, wenn schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers überwögen. Ein solches Interesse des Arbeitgebers kann sich grundsätzlich auch aus einem begründeten Verdacht auf ein Fehlverhalten ergeben.

• Im Rahmen der einstweiligen Verfügung könne der Beschäftigungsanspruch nur durchgesetzt werden, wenn der Chefärztin durch die fehlende Beschäftigung Nachteile entstehen (beispielsweise drohender Verlust der medizinischen Fähigkeiten und Kenntnisse).

• Der Beschäftigungsanspruch könne im Rahmen der einstweiligen Verfügung aber auch dann ohne weiteres durchgesetzt werden, wenn der Beschäftigungsanspruch offensichtlich bestehe, da die Freistellung ohne jede sachliche Rechtfertigung erfolgte. Dann erfordere es das Gebot effektiven Rechtsschutzes, den Beschäftigungsanspruch in jedem Falle zur Geltung zu verhelfen.

Anmerkung

• Im ungekündigten Arbeitsverhältnis kann die Chefärztin grundsätzlich verlangen, auch tatsächlich beschäftigt zu werden. Der Arbeitgeber muss daher ein besonderes schutzwürdiges Interesse daran nachweisen, die Chefärztin nicht zu beschäftigen, also nicht tatsächlich einzusetzen.

• Im Rahmen der einstweiligen Verfügung lässt sich der allgemeine Beschäftigungsanspruch nur unter bestimmten Voraussetzungen im Wege einer einstweiligen Verfügung durchsetzen. Grundsätzlich müssen durch den Arbeitnehmer konkrete Nachteile dargelegt werden, die bei fehlender Beschäftigung entstehen. Solche Nachteile (etwa Kompetenzverlust ohne Praxiseinsätze) sind möglich, aber nicht selbstverständlich.

• Fehlt aber wie hier jede sachliche Rechtfertigung für die Freistellung, sind solche besonderen Darlegungen der freigestellten Chefärztin entbehrlich.

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