10.08.2000

Ein ständiges Thema: Eheleute, die in einer ihnen gehörenden Eigentumswohnung oder im eigenen Haus gelebt haben, trennen sich, wobei ein Ehegatte in der eigenen Immobilie wohnen bleibt. Wie ist der Unterhalt zu berechnen?

Mit dieser Frage hat sich der Bundesgerichtshof jetzt wieder einmal befasst (FamRZ 2000, 950). Hiernach hat man – unabhängig davon, welcher Ehegatte aus der Immobilie ausgezogen ist – folgendermaßen zu differenzieren:

  1. Trennungszeit bis zur Scheidung

    Im ersten Trennungsjahr wird nicht der Mietwert der Immobilie berücksichtigt, auch nicht pauschal ein Drittel der zur Verfügung stehenden Einnahmen, sondern die ersparte Miete (die also ansonsten an einen Vermieter zu zahlen wäre). Davon werden allerdings diejenigen Kosten abgezogen, die für die Immobilie zu zahlen sind, zu diesem Zeitpunkt regelmäßig auch die in den Kreditraten enthaltenen Tilgungsanteile. Verbrauchskosten und Kosten, die ein Mieter als Nebenkosten üblicherweise zu zahlen hat, spielen keine Rolle; man kann sich an der Anlage 3 zu § 27 Absatz 1 der II. Berechnungsverordnung orientieren.

    Eine – auch nur teilweise – Fremdvermietung kann normalerweise nicht verlangt werden. Im ersten Trennungsjahr soll es möglichst nicht dazu kommen, dass die Ehewohnung als eine wesentliche Grundlage für eine denkbare Versöhnung aufgegeben werden muss. 

    Ab dem zweiten Trennungsjahr gelten die vorstehenden Grundsätze nur noch eingeschränkt, und zwar um so weniger, je beengter die wirtschaftlichen Verhältnisse sind. Immer mehr wird dem in der gemeinsamen Immobilie verbliebenen Ehegatten nicht nur die ersparte Miete entgegengehalten, sondern der volle bei einer Fremdvermietung zu erzielende Mietzins (jeweils abzüglich der Kosten wie im ersten Trennungsjahr).

    Voraussetzung ist allerdings, dass eine Vermietung möglich und nicht – etwa wegen einer schweren Erkrankung oder wegen der Interessen gemeinsamer Kinder – unzumutbar ist. Kann eine Vermietung ausnahmsweise nicht verlangt werden, bleibt es dabei, dass die ersparte Miete als Einkommen des die Immobilie nutzenden Ehegatten angesetzt wird.

  2. Zeitraum ab Ehescheidung

    Jetzt gibt es im Regelfall keinen Anlass mehr, den in der Immobilie verbliebenen Ex-Ehegatten zu bevorzugen. Wenn er in der Immobilie wohnen bleibt und damit eine wirtschaftlich angemessene Nutzung des gemeinsamen Vermögens der geschiedenen Eheleute – durch einen Verkauf oder eine Fremdvermietung – blockiert oder verzögert, trägt er die Konsequenz: Ihm wird bei der Unterhaltsberechnung grds. der volle Mietwert als fiktives Einkommen angerechnet.

    Etwas anderes gilt nur ausnahmsweise aus Billigkeitsgründen, wenn dem in der Immobilie verbliebenen Ex-Ehegatten ein Auszug und die Anmietung einer kleineren Wohnung nicht zumutbar sind. Auch wenn eine Vermietung auf der Basis des vollen rechnerischen Mietwertes nicht möglich wäre (weil z.B. kein Mietinteressent bereit ist, so viel zu zahlen), kann natürlich nicht diese Miete angesetzt werden, sondern nur die erreichbare Miete (sogen. Marktmiete).

    In jedem Fall können die für die Immobilie zu zahlenden festen Kosten abgezogen werden, jedoch nicht die Verbrauchskosten und auch nicht die in einem Mietverhältnis üblicherweise als Nebenkosten vom Mieter zu übernehmenden Kosten. Viele Gerichte wollen die in den Kreditraten enthaltenen Tilgungsanteile nicht abziehen, weil sonst die Vermögensbildung bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt würde. Das verursacht Probleme, weil der andere Ex-Ehegatte noch Miteigentümer ist und deshalb durch die Tilgung auch sein Vermögen gesteigert wird. Der zahlende Ex-Ehegatte hätte deshalb, würde der Tilgungsanteil nicht bei der Unterhaltsberechnung berücksichtigt, einen vom Unterhalt unabhängigen Ausgleichsanspruch wegen der halben Tilgungsleistung, wobei dieser Anspruch noch nicht einmal vor dem – insoweit unzuständigen – Familiengericht geltend gemacht werden könnte. Es dürfte aus Vereinfachungsgründen sinnvoller sein, im Regelfall auch die Tilgung abzuziehen und damit auch den isolierten Ausgleichsanspruch entfallen zu lassen.

Verfasser: Rechtsanwalt Rainer Bosch

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen