16.03.2005 -

Werden Dienstwagen zur privaten Nutzung von dem Arbeitgeber überlassen, ist der Arbeitnehmer verpflichtet, den damit verbundenen geldwerten Vorteil zu versteuern. Üblicherweise geschieht dies mit der 1 % Listenpreismethode. Die Arbeitnehmer haben allerdings auch die Möglichkeit, gegenüber dem Finanzamt mit Hilfe eines Fahrtenbuches einen geringeren Privatnutzungsanteil nachzuweisen, um die Steuerlast zu vermindern. In einem interessanten Urteil hatte sich nun das Landesarbeitsgericht Hamm mit der Frage zu befassen, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, dem Arbeitnehmer eine Kostenaufstellung zur Verfügung zu stellen, damit dieser seine Ansprüche gegenüber der Finanzverwaltung durchsetzen kann (Landesarbeitsgericht Hamm, Urt. v. 25. 2. 2004 – 14 Sa 1849/03 -).

 

Der Sachverhalt der Entscheidung (verkürzt):

 

Der klagende Arbeitnehmer war bei dem beklagten Arbeitgeber als Außendienstmitarbeiter beschäftigt. Der Arbeitgeber unterhält einen Fahrzeugpark von ca. 100 Pkws.

 

Dem Arbeitnehmer wurde ein Dienstfahrzeug mit dem Recht zur privaten Nutzung überlassen. Der geldwerte Vorteil der Privatnutzung wurde von Anfang an nach der so genannten 1% Listepreismethode von dem Arbeitgeber zur Berechnung der Lohnsteuer zugrunde gelegt. Dies wurde mehr als 10 Jahre zwischen den Parteien so praktiziert.

 

Der Arbeitnehmer machte nun gegenüber dem Finanzamt geltend, dass der nach der 1%-Regelung zugrunde gelegte Privatnutzungsanteil in seinem Fall viel zu hoch sei, weil er die Möglichkeit der Privatnutzung des Dienstfahrzeuges nur im geringen Umfange in Anspruch nehme. Das Finanzamt stellte daraufhin dem Arbeitnehmer anheim, ein Fahrtenbuch einzureichen sowie eine von dem Arbeitgeber das Firmenfahrzeug betreffenden Kostenaufstellung.

 

Der Arbeitnehmer wandte sich über seinen Steuerberater daraufhin an seinen Arbeitgeber und bat um Erstellung einer derartigen Kostenaufstellung. Der Arbeitgeber lehnte dies ab. Bei der Einstellung habe man darauf hingewiesen, dass der geldwerte Vorteil der Dienstwagennutzung nach der 1%-Methode erfolge. So sei dies auch 10 Jahre gehandhabt worden. Die nunmehr verlangte konkrete Kostenberechnung führe zu einer erheblichen Mehrbelastung der betreffenden Sachbearbeiter. Der Bearbeitungsaufwand werde dann bei der hohen Zahl der eingesetzten 100 Kraftfahrzeuge unverhältnismäßig. Es liege deshalb im berechtigten Interesse, nach wie vor die 1%ige-Pauschalregelung gegenüber den Außendienstmitarbeitern anzuwenden.

 

Das Arbeitsgericht hat die Auskunftsklage abgewiesen.

 

Die Entscheidung:

 

Die Berufung des Arbeitnehmers wurde von dem LAG Hamm ebenfalls zurückgewiesen.

 

I. Ausgangslage

 

Etwaige Zahlungsansprüche des Arbeitnehmers bestünden allein gegenüber der Finanzverwaltung, nicht jedoch gegenüber dem Arbeitgeber. Die von dem Arbeitgeber beanspruchte Auskunft betrifft damit lediglich eine Drittbeziehung. In einer solchen Konstellation besteht nur ausnahmsweise ein einklagbarer Auskunftsanspruch. Dies gilt namentlich dann, wenn aus verfahrensrechtlichen Gründen Auskunftspflichten des Arbeitgebers im Interesse des Arbeitnehmers gegenüber Behörden bestehen.

 

II. Keine allgemeine Pflicht zum Schutz vor Vermögensnachteilen

 

Auch außerhalb behördlicher Verpflichtungen kann es Auskunftspflichten des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer für die Abwicklung einer Drittbeziehung geben, sei es aus dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht bei vorausgegangenem rechtswidrigen Verhalten des Arbeitgebers, sei es aus dem Gesichtspunkt der Fürsorgepflicht.

 

Aber: Die Fürsorgepflicht beinhaltet keine allgemeine Pflicht zur Interessenwahrung in dem Sinne, dass der Arbeitnehmer umfassend vor Vermögensnachteilen zu bewahren ist.

 

Dem Interesse des Arbeitnehmers an einer individuellen Besteuerung des geldwerten Vorteils seiner Pkw-Nutzung steht das Interesse des Arbeitgebers an der Beibehaltung des pauschalen Lohnsteuerabzuges entgegen. Gerade bei einem Außendienst mit entsprechendem Fuhrpark kann es einen erheblichen Mehraufwand bedeuten, wenn einzelne Mitarbeiter für die Erfassung ihrer Einkommensteuer eine Kostenaufstellung verlangen. Zudem können sich die Mitarbeiter auch auf andere Weise die Gesamtkosten des Fahrzeugs für das Finanzamt beschaffen. Ein Weg hierfür wäre die Anwendung der vom ADAC für jeden Fahrzeugtyp erstellten Kostentabellen.

 

Das LAG lehnte deshalb jegliche Auskunftspflichten des Arbeitgebers ab.

 

Fazit:

 

Einem Arbeitgeber ist es nicht zuzumuten, separate Kostenaufstellungen für eine individuelle Steuerlastminimierung zu erstellen. Dies gilt umso mehr, als es dem Arbeitnehmer unbenommen bleibt, auf die Annehmlichkeiten der privaten Nutzung eines Firmenwagens ganz zu verzichten, so dass sich die Frage der korrekten steuerlichen Erfassung der Privatnutzung nicht ergeben kann. Vorliegend kam erschwerend hinzu, dass der Arbeitnehmer die 1%-Regelung über 10 Jahre lang widerspruchslos hingenommen hat.

 

Verfasser: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Nicolai Besgen

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