08.05.2005

Ein inzwischen acht Jahre altes Kind, dessen Eltern nicht miteinander verheiratet waren, hatte beim Vormundschaftsgericht beantragt, die Zustimmung seines Vaters zu einer Adoption durch den jetzigen Ehemann seiner Mutter zu ersetzen. Diesem Antrag war im Lauf des Verfahrens stattgegeben worden mit der Begründung, es reiche, wenn das Unterbleiben der Adoption für das Kind nachteilig sei und bei Abwägung der Interessen des Kindes mit denen des Vaters die Interessen des Kindes überwögen.

Der Bundesgerichtshof hat den Antrag zurückgewiesen mit der Begründung, die Zustimmung des Vaters könne nur durch das Gericht ersetzt werden, wenn die Adoption einen so großen Vorteil für das Kind bieten würde, dass ein Elternteil, der sich verständig um sein Kind sorgt, auf der Erhaltung der Verwandtschaft nicht bestehen würde. Das sei hier nicht der Fall.

Wörtlich heißt es in dem heute, am 09. Mai 2005, veröffentlichten Beschluss:

“ Nach § 1741 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Annahme als Kind nur zulässig, wenn sie dem Wohl des Kindes dient. Sie setzt nach § 1747 Abs. 1 BGB die Einwilligung beider Elternteile voraus. Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet und steht die Sorge für das Kind nach § 1626a Abs. 2 BGB allein der Mutter zu, so kann das Vormundschaftsgericht gemäß § 1748 Abs. 4 BGB die Einwilligung des Vaters in die Adoption seines Kindes ersetzen, wenn das Unterbleiben der Annahme dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil gereichen würde.

Bei der somit gebotenen Abwägung der Interessen von Vater und Kind geht es nach Auffassung des Senats einerseits nicht an, das Erfordernis eines unverhältnismäßigen Nachteils auf ein bloßes Überwiegen des Kindesinteresses zu reduzieren. Das Unterbleiben der Adoption gereicht vielmehr nur dann dem Kind zu unverhältnismäßigem Nachteil, wenn die Adoption einen so erheblichen Vorteil für das Kind bieten würde, dass ein sich verständig um sein Kind sorgender Elternteil auf der Erhaltung des Verwandtschaftsbandes nicht bestehen würde (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Oktober 2001 – XII ZB 88/99FamRZ 2002, 94, 95 betr. § 1618 BGB).

Bei der solchermaßen am Einzelfall ausgerichteten Interessenabwägung wird zu berücksichtigen sein, dass es in der Regel nicht dem Wohl des Kindes dient, wenn die Adoption – womöglich gar vorrangig – darauf zielt, Umgangsmöglichkeiten des Vaters für die Zukunft völlig auszuschließen (BVerfG aaO 793). Ebenso wird zu bedenken sein, dass sich bei einer Adoption durch den Ehemann der Mutter im Regelfall an der tatsächlichen Situation des Kindes wenig ändert, insbesondere dem Kind nicht erst durch die Adoption die Möglichkeit gegeben wird, in einer Familie aufzuwachsen, die ihm gute Chancen für seine Entwicklung bietet. Die Adoption soll in solchen Fällen einer rechtlichen Absicherung der schon bestehenden tatsächlichen Situation dienen; eine solche Absicherung kann im Interesse des Kindes liegen, wird aber – worauf auch das Bundesverfassungsgericht hingewiesen hat (aaO) – als häufig nicht unproblematisch angesehen. Auf Seiten des Vaters wird u.a. zu erwägen sein, ob und inwieweit ein gelebtes Vater-Kind-Verhältnis besteht oder bestanden hat oder welche Gründe den Vater am Aufbau oder an der Aufrechterhaltung eines solchen Verhältnisses gehindert haben.“

 

Diese Grundsätze hat der Bundesgerichtshof hier angewendet und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die Einwilligung des Vaters in die Adoption nicht zu ersetzen ist.

Verfasser: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Rainer Bosch

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