10.08.2005 -

Das Kündigungsschutzgesetz ist zum 1. Januar 2004 in wesentlichen Punkten geändert worden. Von herausragender Bedeutung war dabei für die Praxis die Einführung einer generellen dreiwöchigen Klagefrist. Bis zum 31. Dezember 2003 galt die Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG a.F. nur für Unwirksamkeitsgründe nach dem Kündigungsschutzgesetz. Bei einer Unwirksamkeit der Kündigung aus anderen Gründen konnte auch nach drei Wochen noch Klage erhoben werden. Dies gilt jetzt nicht mehr! Nach dem zum 1. Januar 2004 in Kraft getretenen neuen Kündigungsschutzrecht ist nun in § 4 KSchG eine generelle Frist von drei Wochen für Klagen eingeführt worden. Dies betrifft insbesondere folgende Fälle: Nichtordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG, Kündigung wegen eines Betriebsübergangs nach § 613 a Abs. 4 BGB, Verstöße gegen gesetzliche Verbote wie z.B. den Sonderkündigungsschutz für Schwangere nach § 9 Mutterschutzgesetz, für Elternzeitler nach § 18 BErzGG oder für schwer behinderte Menschen nach § 85 SGB IX.

Für Schwangere kann allerdings diese neue dreiwöchige Klagefrist zu unbilligen Ergebnissen führen. Gerade in Fällen, in denen eine Frau von ihrer Schwangerschaft noch nichts weiß, würde die strikte Anwendung der Vorschrift zu Härten führen. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber nun in § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG n.F. klargestellt, dass es einen Grund zur nachträglichen Klagezulassung darstellt, „wenn eine Frau von ihrer Schwangerschaft aus einem von ihr nicht zu vertretenden Grund erst nach Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 KSchG Kenntnis erlangt hat.“ Aber: Auch dieser Ausnahmetatbestand ändert nichts daran, dass der Schwangeren nach Kenntnis ihrer Schwangerschaft nur die kurze Frist von zwei Wochen gem. § 5 Abs. 3 KSchG zur Verfügung steht, um die nachträgliche Klagezulassung zu beantragen. Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat nun in einem aktuellen Beschluss bekräftigt, dass die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen ist, wenn die Schwangere erst nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist Kenntnis von ihrer Schwangerschaft erlangt (Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschl. v. 10.02.2005 – 15 Ta 26/05 -, NZA-RR 2005, 382).

Insbesondere greift nicht die Ausnahmevorschrift des § 4 Satz 4 KSchG, wonach in den Fällen, in denen die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer läuft. Weiß die Schwangere selbst noch nichts von ihrer Schwangerschaft, und damit erst recht nicht der Arbeitgeber, muss die vorherige Zustimmung nach § 9 Abs. 3 Mutterschutzgesetz in diesen Fällen stets fehlen. Dies ist gerade in der neuen Fassung des § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG geregelt. Würde man dies anders beurteilen, würde der in § 5 Abs. 1 Satz 2 KSchG geregelte Anwendungsfall tatsächlich nie relevant werden können. Denn eine Klagefrist mangels vorheriger Zustimmung würde in diesen Fällen niemals zu laufen beginnen.

Fazit:

Die Kündigungsschutzklage ist stets nachträglich zuzulassen, wenn eine Schwangere erst nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG von ihrer Schwangerschaft erfährt. In dem eigentlichen Kündigungsschutzverfahren ist dann zu klären, ob die Schwangere bereits im Zeitpunkt des Kündigungszugangs schwanger war oder nicht. Nur wenn der Sonderkündigungsschutz nach § 9 MuSchG bereits bei Zugang der Kündigung vorhanden war, ist die Kündigung wegen fehlender behördlicher Zustimmung unwirksam.

Verfasser: Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Nicolai Besgen

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