17.08.2005

Das OLG Köln hat sich kürzlich mit der Beteiligung an sog. „Schenkkreisen“ befasst und entschieden, dass der Vertrag über die Teilnahme an einem solchen Schenkkreis sittenwidrig und damit nichtig ist.

Der Teilnehmer kann jedoch keine Rückzahlung des für seinen „Beitritt“ gezahlten Betrages verlangen, wenn er sich der Einsicht in den Schneeballcharakter des Systems leichtfertig verschließt.

(OLG Köln, Urt. v. 6.5.2005 – 20 U 129/04, rechtskräftig)

Zum Sachverhalt:

In dem entschiedenen Fall hatte die Ehefrau des Klägers, eine Frau aus dem Bonner Raum, im September 2003 eine Werbeveranstaltung für die „Schenkbörse 2003“ besucht. Deren System ist wie eine auf dem Kopf stehende, in mehrere Ränge untergliederte Pyramide aufgebaut. Einige Tage später übernahm die Ehefrau des Klägers vom Beklagten, der selbst Teilnehmer der Schenkbörse war, gegen Zahlung von 10.000 Euro dessen dritte Rangstelle im System. Der Beklagte hatte diesen Platz seinerseits zu einem früheren Zeitpunkt gegen Zahlung desselben Betrages erhalten.

Die Entscheidung des OLG Köln:

Die auf Rückzahlung der 10.000Euro gerichtete Klage blieb in zwei Instanzen erfolglos. Das OLG Köln als Berufungsgericht führte zur Begründung folgendes aus:

Bei den dem Schenkkreis zugrunde liegenden Regeln handele es sich um ein Schneeballsystem. Die Gewinnerwartung beruhe allein darauf, dass eine immer stärker ansteigende Zahl von Teilnehmern den geforderten Beitrag leiste. Im Wesentlichen hätten jedoch nur die Initiatoren als erste Mitspieler eine sichere Gewinnchance, während die späteren Teilnehmer zumeist ihren Einsatz verlieren müssten, weil angesichts des Vervielfältigungsfaktors in überschaubarer Zeit keine Mitspieler mehr gewonnen werden könnten. Darüber hinaus sei der Schenkkreis darauf angelegt, dass die Teilnehmer in ihrem privaten und beruflichen Umfeld nach neuen Mitspielern suchten, was zu einer Kommerzialisierung des Privatlebens und zu nachhaltigen Einflüssen auf das Privatleben führe. Ein solches System, das die Gefahr erheblicher Belastungen im sozialen Umfeld mit sich bringe, verstoße schon an sich gegen die guten Sitten. Daher sei die Abrede zwischen der Ehefrau des Klägers und dem Beklagten betreffend die Übernahme der dritten Rangstelle gegen Zahlung von 10.000 Euro wegen Sittenwidrigkeit nichtig.

Gleichwohl stehe der Ehefrau des Klägers der danach an sich gegebene Rückzahlungsanspruch gegen den Beklagten aus Rechtsgründen nicht zu. Denn die Ehefrau habe mit dem Abschluss der Übernahmevereinbarung und der Hingabe des Geldes – objektiv – ebenfalls gegen die guten Sitten verstoßen und sich – subjektiv – dieser Einsicht leichtfertig verschlossen. Zwar seien die sozialen Rahmenbedingungen, unter denen das beanstandete Geschäft zustande gekommen sei, namentlich die in Schenkkreisen erlebten Gemeinsamkeiten zu berücksichtigen. Auch werde dem Schenkkreis durch Anwesenheit von Honoratioren ein seriöser Anstrich verliehen. Die Verbreitung einer „Goldgräberstimmung“ sowie Mitläufereffekte trügen ebenfalls zur Herabsetzung von Hemmschwellen bei. Gleichwohl habe der Ehefrau des Klägers der Schneeballcharakter des Systems, wonach jeder Gewinnerwartung die Schädigung später eintretender Mitspieler zugrunde liege, schlechthin nicht entgehen können. Darüber hinaus habe sie versucht, sich durch Erwerb einer Position im dritten Rang einen Sondervorteil gegenüber neu eintretenden Teilnehmern zu verschaffen. Hierdurch werde deutlich, dass sie die grundlegenden Elemente des Schneeballsystems durchschaut habe und gewillt gewesen sei, die hohen Risiken des Eintritts zugunsten eines schnelleren Vorankommens zum ersten Rang in Kauf zu nehmen.

Konsequenz für die Praxis:

Immer dann, wenn der „Gewinn“ des Teilnehmers an einem System auf den Eintrittsgeldern neuer Teilnehmer beruht, ist größte Vorsicht geboten, weil solche Schneeballsysteme nicht lange funktionieren können und letztlich nur die Teilnehmer der ersten Stunde sicher profitieren. Die Teilnahme an solchen Systemen ist sittenwidrig. Allerdings brauchen sich die Teilnehmer nach der oben skizzierten Rechtsprechung keine Hoffnung zu machen, ihre eingezahlten Beträge zurück zu erhalten. Diese sind regelmäßig verloren. Vor der Teilnahme an solchen Systemen kann nur gewarnt werden.

mitgeteilt von: RA Alexander Knauss, Bonn

Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln

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