Neuer § zur Ausgestaltung von mobiler Arbeit (credit:adobestock)
Im Rahmen des Betriebsrätemodernisierungsgesetzes wurde auch ein neuer § 87 Nr. 14 BetrVG, also die Ausgestaltung von mobiler Arbeit, eingeführt. Die ursprünglich geplante Regelung des BMAS, ein Initiativrecht zur Einführung von mobiler Arbeit einzuführen, wurde nicht realisiert. Wir möchten hier eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln besprechen, die sich mit der Frage der Einsetzung einer Einigungsstelle zu Fragen von mobiler Arbeit noch unter Geltung der alten Rechtslage befasst (LAG Köln v. 23.4.2021, 9 TaBV 9/21). Die Entscheidung ist auch auf die neue Rechtslage übertragbar.
Der Fall:
Die Betriebspartner streiten über die Einsetzung einer Einigungsstelle im Zusammenhang mit mobilem Arbeiten.
Die Arbeitgeberin, ein Postunternehmen, beschäftigt ca. 650 Arbeitnehmer als Dienstleister für die Rentenzahlung, die Rentenanpassung, die Bestandspflege, die Betriebsrentenverwaltung und für die Erstellung von Statistiken. Jedenfalls seit Beginn der aktuellen Corona-Pandemie arbeiten verschiedene Beschäftigte ganz oder teilweise außerhalb der Betriebsstätte.
Hierüber haben dann die Betriebspartner Verhandlungen über den Abschluss einer Betriebsvereinbarung zum mobilen Arbeiten aufgenommen. Der Betriebsrat hat hierzu den Entwurf einer entsprechenden Betriebsvereinbarung vorgelegt.
Die Verhandlungen kamen jedoch nicht zum Abschluss. Der Betriebsrat hat daher das Scheitern der Verhandlungen festgestellt. Er hat beim Arbeitsgericht Köln beantragt, gerichtlich eine Einigungsstelle zur Aufstellung einer Betriebsvereinbarung „mobiles Arbeiten“ einzusetzen und hierzu konkrete Anträge gestellt.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge als unzulässig zurückgewiesen.
Die Entscheidung:
Im Beschwerdeverfahren verfolgt der Betriebsrat seine Ansprüche weiter. Das Landesarbeitsgericht hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts aufgehoben und eine Einigungsstelle eingesetzt.
I. Kein Initiativrecht
Dem Betriebsrat steht ein Initiativrecht zur Einführung von mobiler Arbeit nicht zu. Unabhängig von der Frage, was begrifflich unter mobiler Arbeit zu verstehen ist, obliegt auch nach neuer Gesetzeslage die Grundentscheidung, mobiles Arbeiten oder Homeoffice einzuführen, allein dem Arbeitgeber.
Hinweis für die Praxis:
Kommt es hingegen zur Entscheidung des Arbeitgebers, einzelne Arbeitnehmer im Homeoffice zu beschäftigen, löst dies unmittelbar einen Mitbestimmungstatbestand nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG aus. Hierüber müssen die Betriebspartner verhandeln und können eine Betriebsvereinbarung abschließen.
II. Zuständigkeit der Einigungsstelle
Einigen sich die Betriebspartner in diesem Sinne nicht über die Ausgestaltung einzelner Regelungen, führt dies zur Zuständigkeit der Einigungsstelle. Dies allein begründet einen Anspruch auf Einsetzung nach § 100 ArbGG. Ob und inwieweit dann bestehende betriebliche und tarifliche Regelungen dem Regelungswunsch des Betriebsrats entgegenstehen, hat die Einigungsstelle sodann in eigener Zuständigkeit als Vorfrage selbst zu prüfen. Im Einsetzungsverfahren prüft das Arbeitsgericht lediglich die „offensichtliche“ Unzuständigkeit. Auch kann sich der Arbeitgeber nicht darauf berufen, die Einsetzung einer Einigungsstelle scheitere schon daran, dass dem Betriebsrat in Bezug auf mobile Arbeit kein Initiativrecht zustehe. Regelungsgegenstand ist hier nicht die Einführung mobilen Arbeitens, sondern dessen Bedingungen unter den Aspekten des Arbeitsschutzes, der Arbeitszeitfestlegung, des Einsatzes von Überwachungstechnik, der betrieblichen Berufsbildung und Aufstellung von Beurteilungsbedingungen etc.. Von Bedeutung ist insofern nur, dass die Arbeitgeberin bereits von sich aus bestimmten Arbeitnehmern eine Tätigkeit außerhalb der Betriebsstätte gestattet hat. Selbst wenn ihre Entscheidung darüber, wer außerhalb der Betriebsstätte arbeiten darf, individuellen Besonderheiten Rechnung getragen haben mag, begründet die Gestaltung dieser Arbeitsplätze und Einbindung dieser Arbeitnehmer in die Betriebsabläufe den notwendigen kollektiven Bezug für das Entstehen der Mitbestimmungsrechte einschließlich des Mitbestimmungsrechts bei ihrer technischen Überwachung.
Fazit:
Die Einführung von mobilem Arbeiten und/oder Homeoffice ist nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Arbeitgeber sind gut beraten, über die Einzelheiten eine Betriebsvereinbarung zu vereinbaren und damit alle relevanten Fragen für die betroffenen Arbeitnehmer zu regeln. Ein Initiativrecht des Betriebsrats besteht aber nicht. Die Grundentscheidung, eine Tätigkeit außerhalb der Betriebsstätte zuzulassen, obliegt allein dem Arbeitgeber. Daran hat auch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz nichts geändert.
Auszeichnungen
-
TOP-Wirtschaftskanzlei für Arbeitsrecht(FOCUS SPEZIAL 2024, 2023, 2022, 2021, 2020)
-
TOP-Kanzlei für Arbeitsrecht(WirtschaftsWoche 2023, 2022, 2021, 2020)
-
TOP-Anwältin für Arbeitsrecht: Ebba Herfs-Röttgen(WirtschaftsWoche, 2023, 2022, 2021, 2020)
-
TOP-Anwalt für Arbeitsrecht: Prof. Dr. Nicolai Besgen(WirtschaftsWoche 2023, 2020)
Autor
UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME
UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME
Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.