31.03.2022 -


Viele Rückzahlungsklauseln in Arbeitsverträgens sind unwirksam (credit:adobestock)

Rückzahlungsklauseln in Arbeitsverträgen werden häufig vereinbart. Allerdings sind viele Rückzahlungsklauseln wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot oder andere Regelungen der AGB-Kontrolle unwirksam. Einen solchen Fall hat jetzt in einem aktuellen Urteil das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg bejaht (LAG Berlin-Brandenburg v. 23.4.2021, 12 Sa 1122/20). Wir möchten die Entscheidung zum Anlass nehmen, auf die Risiken solcher Klauseln erneut hinzuweisen.

Der Fall (verkürzt):

Die klagende Arbeitnehmerin war bei dem beklagten Arbeitgeber seit dem 1. Februar 2018 beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Eigenkündigung zum 15. August 2019.

In dem Arbeitsvertrag findet sich eine Regelung zu Sonderzahlungen in § 5. Dort heißt es im Einzelnen:

„Etwaige Sonderzahlungen zu Weihnachten, zum Urlaub oder aus anderen Anlässen sind jeweils einmalige, jederzeit widerrufliche freiwillige Leistungen des Arbeitgebers; ein Anspruch des Arbeitnehmers auf solche Leistungen oder auf eine bestimmte Höhe dieser Leistungen besteht auch im Falle wiederholter Gewährung nicht.

Etwaige Sonderzahlungen von mehr als EUR 150,00 sind in voller Höhe als Vorschuss sofort zurückzuzahlen, wenn das Arbeitsverhältnis durch Kündigung seitens des Arbeitnehmers oder durch eine von dem Arbeitnehmer veranlasste Kündigung des Arbeitgebers vor dem Ablauf des 3. auf die Zahlung der Sondervergütung folgenden Kalendermonats endet, sofern nicht anderslautende betriebliche Regelungen bestehen.“

Mit dem Entgelt für Juni 2019 rechnete die Beklagte gegenüber der Klägerin ein Urlaubsgeld in Höhe von 789,75 EUR brutto ab und zahlte es an die Klägerin aus.

Nach der Kündigung zum 15. August 2019 erteilte die Beklagte der Klägerin eine Abrechnung für den August 2019. Zugleich nahm sie aber einen Einbehalt wegen „Urlaubsgeld“ in Höhe der für Juni als Urlaubsgeld gewährten Bruttozahlung vor.

Mit der Klage hat die Klägerin die Auszahlung dieses Einbehalts geltend gemacht. Sie hat vorgetragen, die Klausel in § 5 sei insgesamt unzulässig und unklar.

Das Arbeitsgericht hat die Zahlungsklage über 789,75 EUR brutto abgewiesen.

Die Entscheidung:

Im Berufungsverfahren hat hingegen das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben.

I. Verstoß gegen das Transparenzgebot

Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in AGB unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Dem hieraus folgenden Transparenzgebot unterliegen auch Vereinbarungen in AGB, die Sondervergütungen mit Bindungsfristen verknüpfen und unter Rückzahlungsvorbehalte stellen. Solche Klauseln müssen eindeutige und damit für den Arbeitnehmer überschaubare und klare Regelungen enthalten.

Im vorliegenden Fall war die Rückzahlungsklausel schon deshalb unwirksam. In Anwendung von § 307 Abs. 1 BGB ist die Rückzahlungsklausel deshalb unwirksam, weil sie nicht klar und verständlich ist und deshalb die Klägerin als Vertragspartnerin unangemessen benachteiligt hat.

So ist ausgehend von den Verständnismöglichkeiten einer durchschnittlichen Arbeitnehmerin oder eines durchschnittlichen Arbeitnehmers nicht hinreichend klar, durch welche Festlegungen aus welchen Quellen in welchen Grenzen eine ggf. verschlechternde Änderung der Rückzahlungspflicht erfolgen kann. Die Klausel enthält mehrere Fallalternativen, die aus sich heraus verständlich sind. Zudem lassen sie einige Fallkonstellationen offen. Der Klauselempfänger kann sich daher nicht darauf einstellen, in welchen Fällen eine Rückzahlungspflicht entsteht.

II. Gesamt- oder Teilunwirksamkeit?

Das Gericht hat weiter die Frage geprüft, ob durch den Verstoß gegen das Transparenzgebot die gesamte Klausel als unwirksam anzusehen ist. Die AGB-Kontrolle kennt generell keine geltungserhaltende Reduktion. So kann ein einmal unwirksamer Inhalt nicht teilweise aufrechterhalten werden. Das mit unangemessenen AGB-Bestimmungen verbundene Risiko der Gesamtunwirksamkeit verbleibt daher beim Arbeitgeber. Dies gilt insbesondere dann, wenn verschiedene Absätze einer Klausel eine Sinneinheit bilden. Der Arbeitgeber konnte sich daher vorliegend auch nicht auf eine geltungserhaltende Reduktion oder eine Teilwirksamkeit der von ihm selbst aufgestellten und vereinbarten Klausel berufen.

Hinweis für die Praxis:

Immer wieder versuchen Arbeitgeber, von ihnen gewährte Leistungen über Rückzahlungsklauseln abzusichern. Dabei wird oftmals eine zu starke Bindung und Rückzahlungspflicht vorgesehen. Diese führt dann aber wiederum dazu, dass die Klausel insgesamt unwirksam ist. Rückzahlungsklauseln sind dann sinnvoll, wenn der Arbeitnehmer über eine Zusatzausbildung qualifiziert und gefördert wird und der Arbeitgeber Kosten übernimmt. Für übliche Sonderzahlungen und sonstige Leistungen sind Rückzahlungsklauseln aber nicht sinnvoll. Arbeitgeber sollten sich genau überlegen, in welchen Fällen sie eine Rückzahlung vereinbaren möchten. Eine Auswertung der hierzu ergangenen Rechtsprechung macht deutlich, dass in vielen Fällen die Gerichte solche Klauseln für unwirksam erwachten.

Lorbeerkranz

Auszeichnungen

  • TOP-Wirtschafts­kanzlei für Arbeits­recht
    (FOCUS SPEZIAL 2023, 2022, 2021, 2020)

  • TOP-Kanzlei für Arbeitsrecht
    (WirtschaftsWoche 2023, 2022, 2021, 2020)

  • TOP-Anwältin für Arbeitsrecht: Ebba Herfs-Röttgen
    (WirtschaftsWoche, 2023, 2022, 2021, 2020)

  • TOP-Anwalt für Arbeitsrecht: Prof. Dr. Nicolai Besgen
    (WirtschaftsWoche 2023, 2020)

Autor

Bild von Prof. Dr. Nicolai Besgen
Partner
Prof. Dr. Nicolai Besgen
  • Rechtsanwalt
  • Fachanwalt für Arbeitsrecht

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen