04.10.2022

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat am 16. August 2022 in drei zeitgleich ergangenen Urteilen (VG Düsseldorf, Urteile vom 16.08.2022, Az. 20 K 7488/20, 20 K 217/21 und 20 K 393/22) entschieden, dass die Bescheide, mit denen die Bezirksregierung Düsseldorf geleistete Corona-Soforthilfen von den Empfängern teilweise zurückgefordert hatte, rechtswidrig sind.

Geklagt hatten drei Unternehmer aus dem Großraum Düsseldorf, welche im Frühjahr 2020 im Rahmen des von Bund und Ländern geschaffenen „NRW-Soforthilfe 2020“ Programmes von der zuständigen Bezirksregierung Corona-Soforthilfen in Höhe von jeweils 9.000 Euro erhalten hatten. Aufgrund infektionsschutzrechtlicher Lockdown-Anordnungen mussten der Betreiber eines Schnellrestaurants, die Betreiberin eines Schönheitssalons in Remscheid und ein Steuerberater aus Düsseldorf ihre Betriebe zeitweise schließen und erlitten hierdurch, etwa aufgrund fehlender Kundschaft und nicht gehaltener Vorträge, nachweisbare Umsatzeinbußen. Im Rahmen des sogenannten „Rückmeldeverfahrens“ setzte die Behörde die Höhe der Soforthilfe später allerdings auf nur noch 2.000 Euro fest und forderte die Differenz von etwa 7.000 Euro von den Empfängern zurück.


Schlussbescheide zur Rückforderung von Corona-Beihilfen rechtswidrig / Copyright: AdobeStock

Die zuständige 20. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf hat nun entschieden, dass diese Schlussbescheide rechtswidrig sind.

Grund hierfür sei vor allem die Förderpraxis des Landes NRW während des Antragsverfahrens bis zum Erlass der Bewilligungsbescheide: Die Hilfeempfänger durften aufgrund von online bereit gestellten Hinweisen („FAQ’s“), Antragsvordrucken und den Zuwendungsbescheiden der Behörde von einer Verwaltungspraxis ausgehen, wonach für den Erhalt und das Behaltendürfen der Geldleistungen „pandemiebedingte Umsatzausfälle“ ausschlaggebend sein sollten. Bei Erlass der streitgegenständlichen Schlussbescheide stellte das Land dagegen auf das Vorliegen eines „Liquiditätsengpasses“ ab, welcher eine Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben des Geschäftsbetriebs, mithin einen Verlust, voraussetzen sollte.

Da die Behörde hierdurch von ihrer eigenen Förderpraxis abwich, erachtete das Verwaltungsgericht die ergangenen Schlussbescheide für rechtsfehlerhaft. Nach Ansicht der Richter durfte auch die Richtlinie vom 31. Mai 2020 des für die Beihilfen federführenden Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW, welche erstmals eine Definition des Begriffs „Liquiditätsengpasses“ enthielt, trotz ihres rückwirkenden Inkrafttretens bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Schlussbescheide nicht berücksichtigt werden. Ferner waren die ursprünglichen Bewilligungsbescheide hinsichtlich einer etwaigen Erstattungsverpflichtung missverständlich formuliert, die Zuwendungsempfänger konnten dem Inhalt der Bescheide insbesondere nicht verlässlich entnehmen, nach welchen Parametern eine Rückzahlung konkret zu berechnen sei.

Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Sache sowie angesichts zahlreicher weiterer anhängiger Klageverfahren hat das VG die Berufung zum Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster zugelassen.

Hinweis:

Betroffene Unternehmer, Freiberufler und Soloselbstständige, die nach einem Rückmeldeverfahren von der Behörde einen Schlussbescheid mit einer Rückzahlungsaufforderung erhalten haben, sollten daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt zunächst Widerspruch gegen ihren Bescheid einlegen und gegebenenfalls den Verwaltungsrechtsweg beschreiten. Sollte das OVG Münster die Rechtsauffassung des VG Düsseldorf bestätigen, hätten sie dann sehr gute Aussichten, bei Nachweis lockdown-bedingter Umsatzeinbußen ihre erhaltenen Corona-Soforthilfen in voller Höhe behalten zu dürfen.

Verfasser: Ulf Schwartz

Autor

Bild von  Andreas Jahn
Partner
Andreas Jahn
  • Rechtsanwalt und Steuerberater
  • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Ihr Ansprechpartner für
  • Steuerrechtliche und gesellschaftsrechtliche Begleitung von Unternehmenstransaktionen, Umwandlungen, Umstrukturierungen
  • Erbschaftsteuer und Erbschaftsteuerplanung
  • Steuerrecht der Non-profit-Organisationen, Vereine, Verbände, Stiftungen
  • Familienunternehmen und Familienstiftungen
  • Steuerstrafrecht, Selbstanzeigeberatung

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sprechblasen

UNVERBINDLICHE KONTAKTAUFNAHME

Sind Sie unsicher, ob Sie mit Ihrer Angelegenheit bei uns richtig sind?
Nehmen Sie gerne unverbindlich Kontakt mit uns auf und schildern uns Ihr Anliegen.
Wir freuen uns auf Ihren Anruf.

Kontakt aufnehmen